Diesel-Skandal – Die Never-Ending-Story

Ein „kleines“ Machtwort des BGH!

Seit geraumer Zeit beschäftigt nun der Diesel-Skandal sämtliche Medienkanäle, Unternehmen und Private. Durch die verfälschten Abgaswerte wurde eine Vielzahl von Kfz-Eigentümern massiv geschädigt. Wer kann von seinem Vertragspartner nun Ersatzleistung oder geldwerte Entschädigung verlangen? Und welchen Inhalt haben die genauen Ansprüche?

Am 08.01.2019 erging ein Beschluss des Bundesgerichtshofes. In diesem positionieren sich die obersten deutschen Zivilrichter erstmals und äußern sich zumindest zu manchen Fragen, die in diversen Fällen Streitgegenstand waren, sind und noch lange sein werden (Az.: VIII ZR 225/17).

Diesel-Skandal

Diesel-Fahrverbot

1. Die Rechtlichen Grundsätze zum Diesel-Skandal

Bei der Frage, ob Ansprüche bei einem manipulierten Diesel-Fahrzeug bestehen, kommt es stets auf die rechtliche Würdigung des jeweiligen Einzelfalls an. In sämtlichen Klageverfahren versucht man, anhand der Sachlage einen konkreten Umstand zu beweisen: einen Sachmangel.

Im Kaufvertragsrecht (§§ 433 ff. BGB) steht einem Käufer im Rahmen eines Kaufvertrages das Recht auf eine funktionierende und mangelfreie Sache zu. Besteht zur Zeit der Übergabe der Sache ein Mangel, so kann dies Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer nach sich ziehen.

Vorrangiges Recht ist dabei immer die Nacherfüllung. Ein Käufer kann vom Verkäufer verlangen, entweder den bestehenden Mangel zu beheben (Nachbesserung) oder die vertraglich geschuldete Sache nochmals zu liefern (Nachlieferung).

Wer vom Diesel-Skandal betroffen ist, wendet sich also in der Regel gegen den Verkäufer. Um auf diesem Weg eine Behebung des Problems (z. B. durch ein Software-Update) oder ein vergleichbares neues Fahrzeug zu erhalten.

Daneben bestehen auch Möglichkeiten, sich direkt an den Hersteller zu wenden. Diese sollen hier jedoch nicht im Detail erläutert werden.

2. Der Fall

Im dem BGH vorliegenden Fall hatte der Kläger im Frühjahr 2015 einen Neuwagen VW Tiguan 2.0 TDI mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 erworben.

Das Fahrzeug ist mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert. Diese Äußerungen wurden in den bisherigen Instanzen nicht angegriffen.

Das Landgericht ging von einer unzulässigen Abschaltvorrichtung aus. Aus diesem Grund wurde ein Sachmangel angenommen, da nicht die Beschaffenheit des Wagens vorläge, die der Käufer erwarten könne.

Das Berufungsgericht hingegen sah ein Problem darin, dass das geschuldete Modell in dieser Form nicht mehr hergestellt wird. Das Nachfolgemodell sei wegen höherer Motorisierung und anderer Maße keine gleichwertige Sache. Insofern sei eine eine Nachlieferung unmöglich und deshalb nicht geschuldet.

Nun liegt die Angelegenheit dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.

3. Die Entscheidung

Vom BGH erging nun kein endgültiges Urteil in dieser Sache. Vielmehr äußerten sich die Zivilrichter zu entscheidenden Fragen dieses Verfahrens. Insbesondere da diese auch für vielzählige andere Verfahren wegweisend sein können.

So wurden hier entscheidende Hinweise zu einigen rechtlichen Fragen erteilt.

a) Vorliegen eines Sachmangels

Die Kernaussage des Bundesgerichtshofes hierzu lautet:

Ein Fahrzeug weist Sachmängel auf, wenn es bei Übergabe an den Käufer eine Abschalteinrichtung verwendet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert. Dadurch fehlt dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung, weil die Gefahr besteht, dass die zuständige Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt.

Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben ist eine Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und so beschaffen ist, wie dies bei Sachen der gleichen Art üblich ist. Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn die Gefahr besteht, dass aufgrund der benutzten Software eine Betriebsuntersagung möglich ist.

Die Abschalteinrichtung dürfte einer europäischen Verordnung (Art. 5 Abs. 2 S. 1 der VO EG Nr. 715/2007) widersprechen. Darin sind gemeinsame technische Vorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Schadstoffemissionen festgelegt.

In Fällen, in denen sich ein Fahrzeug nicht als vorschriftsmäßig nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung erweist, kann die zuständige Zulassungsbehörde dem Halter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen. Im Extremfall kann sie sogar den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen untersagen.

Durch diesen Verstoß ist der weitere ungestörte Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet. Bis zu einer ordnungsgemäßen Nachrüstung sieht sich der Eigentümer einer drohenden Betriebsuntersagung ausgesetzt.

Somit dürfte sich das Fahrzeug nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignen (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

b) Unmöglichkeit einer Ersatzlieferung

Für die Nachlieferung innerhalb der Gewährleistung ist nicht die Lieferung einer identischen Sache erforderlich. Es kommt darauf an, ob die Parteien im jeweiligen Einzelfall die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben. Meist ist dabei ein Modellwechsel nicht von Belang. Entscheidend sind die Kosten für die Ersatzbeschaffung. Auch bei unverhältnismäßigen Kosten führt dies nur dazu, dass der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern kann, nicht jedoch die Nacherfüllung im Gesamten.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes können sich Verkäufer nicht aus ihrer Verpflichtung zur Nacherfüllung stehlen mit der Begründung, das verkaufte Modell werde nicht mehr hergestellt.

Gerade diese Thematik wurde bislang differenziert von den Instanzgerichten entschieden (so u. a.: LG Hamburg, Urteil vom 20.04.2018, Az.: 313 O 31/17; LG Ravensburg, Urteil vom 06.03.2018, Az.: 2 O 96/17; dagegen: OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.11.2018, Az.: 22 U 2/18; OLG München, Beschluss vom 02.07.2018, Az. 8 U 1710/17).

Ob eine Ersatzlieferung in solchen Fällen möglich ist, kann nur durch Auslegung des jeweiligen Vertragsinhaltes beurteilt werden (§§ 133, 157 BGB).

Grundsätzlich genießt der Anspruch auf Nacherfüllung innerhalb der Gewährleistungsrechte ausdrücklich Vorrang. Die Ersatzbeschaffung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB erfasst an sich aber auch gleichartige und gleichwertige Sachen. Ein identischer Kaufgegenstand muss nicht beschafft werden.

Es wird also darauf ankommen, ob die Vertragsparteien die konkrete Leistung im Einzelfall als austauschbar angesehen haben.

Gerade beim Kauf eines Neufahrzeugs ist typischerweise mit der Produktion und dem Markteintritt eines Nachfolgemodells zu rechnen. Dem Verkäufer als Fahrzeughändler ist in der Regel bewusst, dass der Hersteller nach einer gewissen Zeit einen Modellwechsel vornehmen kann. Auf dem Markt tritt dann das Nachfolgemodell an die Stelle des Vorgängermodells.

Im Hinblick auf die Kosten der Ersatzbeschaffung eines Nachfolgemodells wird sich aber häufig kein großer Unterschied zur Ersatzbeschaffung des gleichen Modells ergeben. Die vom Verkäufer zu tragenden Kosten sind meist bei einem Modellwechsel kaum höher.

4. Fazit

Mit diesen Ausführungen haben wir versucht, die recht technisch orientierten Hinweise des Bundesgerichtshofs verständlich zu erläutern.

Die Zivilrichter beschäftigten sich mit grundsätzlichen rechtlichen Fragen, die in Diesel-Fällen häufig Streitthema sein dürften.

Diese Feststellungen sind vor allem für Dieselkläger von entscheidender Bedeutung, da sie deren Erfolgsaussichten erhöhen. In der Sache waren die Hinweise gar nicht erforderlich, da das Verfahren durch einen Vergleich zwischen den Parteien beendet werden konnte. Umso überraschender war die Veröffentlichung des Beschlusses.

Leider geht es in vielen derzeit noch laufenden Klagen um Gebrauchtwagen, auf die die Hinweise des BGH wohl kaum Anwendung finden werden. Hier wird mangels verfügbaren Ersatzfahrzeugen bereits deshalb die Ersatzlieferung unmöglich bleiben.

Zudem liefern die Hinweise keine Anhaltspunkte für weitere Streitpunkte, die noch in diversen Verfahren offen sein dürften. So geht es in etlichen Dieselverfahren auch um die gesamte Rückabwicklung des Kaufvertrages, Fristsetzungserfordernisse oder Pflichtverletzungen der Händler. In diesen Aspekten hilft der Beschluss letztlich nicht weiter. Es wird weiterhin viel Uneinigkeit in der Rechtsprechung der Instanzen herrschen.

Haben Sie Fragen zu diesem Beschluss oder zu anderweitigen Fragen im Rahmen des Diesel-Skandals? Oder kämpfen Sie mit einem eigenen Problem der vertraglichen Gewährleistung? Gerne stehen wir für Fragen zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns hierzu einfach telefonisch oder E-Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.


„One Strike too much“

Unwirksamkeit einer Kündigung im Arbeitsrecht wegen vieler einzelner Verstöße

Oftmals auf dem Arbeitsmarkt geraten die Ansichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern auseinander. Hier kann es zu kleineren Verstößen eines Arbeitnehmers kommen, die alleine betrachtet noch keine Kündigung rechtfertigen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte vor einigen Monaten eine Entscheidung zu treffen, ob eine Vielzahl solcher Verstöße eine sofortige Kündigung rechtfertigen kann (LAG Köln, Urteil vom 06.09.2018, Az.: 6 Sa 64/18).

1. Der Fall

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer eines Service-Dienstleistungsunternehmens gegen eine ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung. Dieser konnte laut Arbeitsvertrag seine Arbeitszeit frei bestimmen.

Allerdings sagte er erst kurz vor Beginn eines Meetings dieses krankheitsbedingt ab.

Nach Aussage des Arbeitgebers häuften sich derartige Verstöße. Zusätzlich wären Anweisungen ignoriert und Nebentätigkeiten ohne Genehmigung erfolgt.

Aus diesen Gründen kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos und aus wichtigem Grund. Begründet wurde dies damit, dass durch die vielen kleineren Pflichtverletzungen im Gesamten nicht mehr zumutbar sei, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

 

Kündigung Arbeitsverhältnis

2. Bisheriger Prozessverlauf

Der Kläger wandte sich mit seiner Klage gegen die ausgesprochene Kündigung und wollte deren Unwirksamkeit feststellen lassen. In erster Instanz war der Kläger hiermit erfolgreich. Auf die Beschwerde des Beklagten hin hatte sodann das Landesarbeitsgericht Köln hierüber zu entscheiden.

3. Die Entscheidung

Das LAG Köln sah die Sachlage jedoch nicht anders und hielt die ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Als fristlose Kündigung fehlt es dieser am erforderlichen wichtigen Grund. Als ordentliche Kündigung scheitert die Wirksamkeit an der sozialen Rechtfertigung.

Es ist zwar denkbar, dass die Summierung vieler Einzelverstöße – welche alleine keine Kündigung rechtfertigen würden – ausreicht, um eine Kündigung zu erleichtern. Allerdings ergibt sich daraus ohne Abmahnung kein Gesamtverstoß von so erheblichem Ausmaß, dass man dadurch auf die generell erforderliche Abmahnung verzichten könnte.

Die Notwendigkeit einer Abmahnung entspringt der Schutzfunktion gegenüber Arbeitnehmern. Dadurch soll einem Arbeitnehmer signalisiert werden, dass sich an dessen Verhalten etwas ändern müsse. Fehlt dieses Signal, so kann dem Arbeitnehmer nicht vorgeworfen werden, er hätte bei der Vielzahl an Verstößen wissen müssen, dass es nun zu Konsequenzen kommen könnte.

Hintergrund ist sicherlich, dass für einen Arbeitnehmer sonst möglicherweise gar nicht ersichtlich ist, inwiefern überhaupt Verstöße bestünden bzw. gewisse Verhaltensweisen so nicht geduldet würden. Stets muss kommuniziert werden, was am Arbeitsplatz nicht akzeptiert werden kann.

4. Fazit

Die Entscheidung ist aus unserer Sicht nicht überraschend. Weitläufig bekannt ist der Umstand, dass eine arbeitsrechtliche Kündigung aus wichtigem Grund stets einer vorherigen Abmahnung bedarf. Daran kann sich auch bei einer Vielzahl von Einzelverstößen letztlich nichts ändern. Denn auch in solch einem Fall bleibt das Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers bestehen. Er muss die Chance erhalten, sein Verhalten anzupassen.

Zwar bleibt die Frage im Raum stehen, inwiefern tatsächlich keine Kommunikation zwischen den Parteien erfolgt ist. Immerhin wäre denkbar, dass zumindest Ermahnungen oder auch mündliche Abmahnungen erfolgt sind. Mangels Beweisbarkeit helfen solche Äußerungen aber in der Regel nicht weiter.

Insofern empfiehlt es sich – unabhängig von der obigen Konstellation – stets, solche Gespräche ausreichend zu dokumentieren bzw. in jedem Fall Abmahnungen schriftlich zu erteilen.

Haben Sie Fragen zu dieser Entscheidung oder zu anderweitigen arbeitsrechtlichen Themen? Gerne helfen wir Ihnen im Rahmen eines Beratungsgesprächs weiter. Nehmen Sie hierzu einfach telefonisch oder per E-Mail Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.


Neues zum Reiserecht

Kein Ausgleichsanspruch bei Systemausfall am Flughafen

In einem früheren Betrag hatten wir über die Möglichkeit eines Ausgleichsanspruchs berichtet, wenn ein Flug eine erhebliche Verspätung hat. Je nach Entfernung und Hintergrund der Verspätung steht einem Reisenden eine Entschädigung zu. Dies soll pauschal die Unannehmlichkeiten abgelten, die mit der verspäteten Ankunft am Zielort verbunden sind.

Kürzlich hatte der Bundesgerichtshof hierzu einen interessanten Fall zu entscheiden.

1. Der Fall

In zwei Fällen wurde eine Reise von New York nach London mit Anschlussflug nach Stuttgart gebucht. Die Flüge von New York nach London starteten verspätet und landeten mehr als zwei Stunden zu spät am Zielort. Infolgedessen erreichten die Reisenden Ihren Anschlussflug in London nicht. Sie kamen deshalb erst mit einer Verspätung von mehr als neun Stunden in Stuttgart an. In beiden Fällen verlangten die Klägerinnen einen Ausgleichsanspruch in Höhe von jeweils 600,00 Euro.

Ausgleichsanspruch

Ausgleichsanspruch bei Systemausfall

2. Bisheriger Prozess

In erster Instanz blieben die Klägerinnen erfolglos. Auch im Rahmen der Berufung wurden die Klagen abgewiesen.

Die Verspätung war auf einen Ausfall aller Computersysteme an den Abfertigungsschaltern am Flughafen in New York zurückzuführen. Hintergrund war ein Streik bei dem Unternehmen, das für die Telekommunikationsleitungen gegenüber dem Flughafenbetreiber verantwortlich war. Der Systemausfall konnte erst nach 13 Stunden behoben werden.

Mit der Revision wandten sich die Klägerinnen nun an den Bundesgerichtshof.

3. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab jedoch den Vorinstanzen Recht. In beiden Fällen wurde die Revision der Klägerinnen zurückgewiesen (Urteil vom 15. Januar 2019, Az.: X ZR 15/18 und X ZR 85/18).

Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass ein mehrstündiger Ausfall aller Computersysteme an den Abfertigungsschaltern außergewöhnliche Umstände begründe. In einem solchen Fall sei aber ein Ausgleichsanspruch wegen Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung ausgeschlossen.

Der Betrieb der technischen Einrichtungen eines Flughafens obliegt grundsätzlich dem Flughafenbetreiber. Der Systemausfall beruhte aber auf einem technischen Defekt. Ein solches Ereignis wirkt von außen auf den Flugbetrieb einer Airline ein und beeinflusst deren Tätigkeit. Ein solches Vorkommnis ist letztlich von einem Luftverkehrsunternehmen nicht zu beherrschen. Immerhin fällt die Überwachung, Wartung und Reparatur von Telekommunikationsleitungen nicht in dessen Verantwortungsbereich.

Zudem half bei der Entscheidung die Argumentation in den Vorinstanzen. Demnach habe die Beklagte durch eine manuelle Abfertigung in New York alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um die Beeinträchtigungen gering zu halten.

4. Fazit

Eine, wie wir finden, interessante Entscheidung, die im Reiserecht seitens des BGH erging.

Diejenigen, die die rechtlichen Anforderungen an eine Entschädigungszahlung nach der Fluggastrechteverordnung kennen, gehen meist davon aus, dass dem ohnehin nichts entgegenzuhalten sei.

Lediglich Fälle höherer Gewalt (z. B. wetterbedingte Verspätung, Streik oder Terrorgefahren) sind als Ausnahmen hierzu bekannt. Dass in solchen Fällen außergewöhnliche Umstände angenommen werden und deshalb keine Ausgleichszahlung erfolgen muss, wird weitläufig akzeptiert.

Nun liegt in der aktuellen Entscheidung eine neue Konstellation, welche vergleichbar gehandhabt wird. Auch technische Defekte am Flughafen selbst können also außergewöhnliche Umstände darstellen, die die Entschädigungsleistung entfallen lassen.

Im ersten Moment mag dies überraschen, da für Reisende kaum ein Unterschied besteht, ob nun ein technischer Defekt am Flughafen oder am Flugzeug besteht.

Bei genauerer Betrachtung ist die Argumentation aber durchaus einleuchtend.

Immerhin werden durch die Fluggastrechteverordnung Airlines zur pauschalen Entschädigung verpflichtet, ohne dass es hierfür eines finanziellen Schadens von Reisenden bedarf. Liegt der technische Defekt am Flugzeug selbst, also im Machtbereich der Airline, so scheint eine Ausgleichszahlung vollkommen gerechtfertigt.

Die Gerätschaften am Terminal stehen jedoch in der Regel im Eigentum des Flughafenbetreibers, sodass deren Funktionalität durch die Airline gar nicht beeinflusst werden kann. Würde man in solchen Fällen zu einem Ausgleichsanspruch kommen, würde dies das Luftverkehrsunternehmen unangemessen benachteiligen.

Sollten Sie Fragen zu dieser Entscheidung oder zu anderen reiserechtlichen Fragen haben, können wir Ihnen hierbei gerne behilflich sein. Nehmen Sie dazu am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit uns auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Selbstverständlich kann ein Beratungsgespräch auf Ihren Wunsch hin auch telefonisch stattfinden. Wir helfen Ihnen gerne!


Rauchmelderpflicht in Bayern

Einheitliche Rauchmelder im Wohnungseigentumsrecht?

Wie den meisten möglicherweise bereits bekannt ist, wurde zu Beginn des Jahres 2018 auch in Bayern die Rauchmelderpflicht eingeführt. Dies führte dazu, dass in sämtlichen Wohnungen, die den Anforderungen noch nicht genügten, Rauchmelder nachgerüstet werden mussten. Dass die Zahl der nachgerüsteten Rauchmelder enorm war, lag in der Natur der Sache. Mit einer damit im Zusammenhang stehenden Frage durfte sich nun der Bundesgerichtshof auseinandersetzen.

1. Problemaufriss

Durch die Rauchmelderpflicht stellten sich gerade bei vermieteten Eigentumswohnungen diverse Probleme.

Eines davon betrifft den Fall, dass manche Wohnungen in einer Eigentumsanlage bereits mit Rauchmeldern ausgestattet sind, andere hingehen nicht. Notgedrungen gehen deshalb dann die Interessen in verschiedene  Richtungen. Würden nun die Eigentümer im Rahmen der Eigentümerversammlung über Einbau bzw. Wartung der Rauchmelder beschließen, so könnte dies unter Umständen bereits versorgte Eigentümer benachteiligen. Diese hätten möglicherweise schon investiert und wären nun verpflichtet, sich nochmals an entstehenden Kosten zu beteiligen.

Hier bestand die Frage, wie weit die Entscheidungskompetenz der Eigentümerversammlung reichen kann.

2. Sachverhalt

Parteien des aktuellen Verfahrens waren die Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft. Aufgrund der Einführung einer Nachrüstpflicht von Rauchmeldern (hier ging es um die Einführung in Nordrhein-Westfalen 2015) beschlossen die Eigentümer in der Versammlung die Installation, Wartung und Kontrolle von Rauchwarnmeldern für sämtliche Wohnungen durch eine Fachfirma.

Die Kosten zur Anschaffung sollten aus einer angesparten Rücklage der Eigentümergemeinschaft finanziert werden. Die laufenden Kosten für Wartung und Kontrolle sollten jährlich unter den Eigentümern entsprechend der Miteigentumsanteile umgelegt werden.

Es kam wie es kommen musste: Die Kläger hatten ihre Wohnungen bereits mit Rauchmeldern ausgestattet und wollten deshalb von der Regelung und vor allem von den Kosten ausgenommen werden.

3. Bisheriger Prozessverlauf

Die Kläger klagten gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung.

Das Amtsgericht Mettmann gab der Eigentümerversammlung jedoch Recht. Das Landgericht Düsseldorf entschied in zweiter Instanz nicht anders, ließ jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Dadurch gelangte die Sache nun zum für Wohnungseigentumsrecht zuständigen fünften Zivilsenat des BGH.

4. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof sah die Sache jedoch im Ergebnis ähnlich wie die vorherigen Instanzen (Urteil vom 07.12.2018, Az. V ZR 273/17).

Die Wohnungseigentümer können nach Auffassung des BGH den Einbau von Rauchmeldern in allen Wohnungen beschließen. Die Kompetenz der Eigentümerversammlung umfasst auch die Entscheidung über eine regelmäßige Kontrolle und Wartung der Geräte.

Ein solcher Beschluss widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Indem Einbau und Wartung der Rauchmelder für das gesamte Gebäude einheitlich behandelt werden, wird ein hohes Maß an Sicherheit für alle Bewohner gewährleistet. Dadurch kann die Gemeinschaft sicherstellen, dass die Rauchwarnmelder den gesetzlichen Anforderungen genügen. Außerdem ist gewährleistet, dass sämtliche Geräte durch entsprechendes Fachpersonal ordnungsgemäß installiert und instandgehalten werden.

Außerdem kann dies in einem etwaigen Versicherungsfall das finanzielle Risiko minimieren, wenn hier einheitlich gehandelt und ein maximaler Sicherheitsstandard eingehalten wird.Aus Sicht des BGH reichen diese Interessen der Eigentümergemeinschaft aus, um die etwaigen Wünsche einzelner Eigentümer zu überwinden.

Ein weiterer Nachteil von unterschiedlichen Geräten wäre zudem die Unübersichtlichkeit für einen Verwalter der Eigentümergemeinschaft. Dieser hätte nämlich im Einzelfall zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall die Einbau- und Wartungspflicht erfüllt wurde. Sobald sich dies nicht nachweisen lässt, können sich erhebliche Sicherheitsrisiken ergeben, die im Ernstfall zu dramatischen Folgen führen könnten.

5. Stellungnahme

Die Entscheidung mag im ersten Moment nachteilig für die jeweiligen Eigentümer wirken.

Immerhin kamen diese ihrer Verpflichtung bereits früh nach, um bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten, und werden nun dafür finanziell benachteiligt.

Letztendlich sind die Argumente, die für eine einheitliche Installation sprechen, aber tatsächlich überzeugend. Insbesondere der Sicherheitsaspekt sollte dabei bedacht werden. Gerade innerhalb einer Eigentümergemeinschaft befinden sich eine Vielzahl an Eigentümern oder Mietern auf engem Raum. Dass hier ein einheitlicher Sicherheitsstandard eingehalten werden sollte, damit nicht die Nachlässigkeit einzelner zu schwerwiegenden Folgen führt, ist verständlich.

Zudem gibt es im Wohnungseigentumsrecht nun einmal bestimmte Angelegenheiten, die im Ermessen der Eigentümerversammlung stehen und insofern durch Beschluss auch entgegen dem Willen einzelner vollzogen werden können. Die ist in der Regel einem Käufer einer Eigentumswohnung bekannt (oder sollte dies zumindest sein), bevor er in diese Gemeinschaft eintritt.

Insofern ist aus unserer Sicht diese Entscheidung zu befürworten.

Sollten Sie Fragen zu diesem Urteil haben oder in anderweitiger Angelegenheit Fragen zum Wohnungseigentumsrecht oder zur Rauchmelderpflicht haben, können Sie sich gerne an uns wenden. Nehmen Sie hierzu einfach telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit uns auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Sie!


BGH-Entscheidung zur Regelung eines Wohnrechts im Immobilien-Kaufvertrag

Erstaunlich, was man so alles übernehmen kann!

Unzählige Kaufverträge über Immobilien werden jährlich abgeschlossen. Dabei sind die Beweggründe manchmal, das Objekt danach selbst zu bewohnen, aber oft auch, die Immobilie als Kapitalanlage zu nutzen und deshalb dauerhaft zu vermieten.

Denkbar ist natürlich auch eine Kombination dieser Gründe, da die Immobilie erst vermietet werden soll, aber vielleicht später selbst oder durch Kinder genutzt werden könnte. Genau dann kann sich aber ein Problem ergeben, denn nicht jede Konsequenz wird vielleicht beim Kauf der Immobilie bedacht. Mit einer solchen Thematik durfte sich nun der BGH beschäftigen.

1. Der Fall

Die Kläger schlossen einen Kaufvertrag über ein Haus ab, welches zum Zeitpunkt des Kaufes teilweise vermietet war. Die Beklagten waren die Mieter des Objektes und bewohnten dieses schon seit 1981.Vertrag

Die Kläger kündigten im Jahr 2015 das Mietverhältnis gemäß § 573a Abs. 1 S. 1 BGB. Dies ist eine besondere Kündigungsmöglichkeit für Fälle, in denen Vermieter und Mieter zusammen in einem Haus leben und dort insgesamt nur zwei Wohnungen bestehen. In solchen Spezialfällen sieht das Gesetz eine leichtere Kündigungsoption für Vermieter vor. Immerhin können durch das enge Zusammenleben oft unnötige Spannungen auftreten. Ein Kündigungsgrund ist dabei nicht erforderlich, dafür ist die Frist der Kündigung um drei Monate verlängert.

Die Beklagten verweigerten die Räumung.

Denn im Kaufvertrag war eine Regelung enthalten, die wie folgt lautete:

 „Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen […] Für den Fall, dass der Käufer ohne Zustimmung des Verkäufers oder ohne Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes das Mietverhältnis kündigt, ist der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück lasten- und schuldenfrei wiederzukaufen.“

2. Bisheriger Prozessverlauf

Es kam wie es kommen musste. Die Kläger klagten auf Räumung des Objektes. In erster Instanz vor dem Amtsgericht Bochum und in zweiter Instanz vorm Landgericht Bochum hatte die Klage keinen Erfolg.

Sie ließen deshalb in der Revision die Sache vom Bundesgerichtshof entscheiden.

3. Die Entscheidung

Doch auch der BGH sah keine Erfolgsaussichten in der Klage.

Die Regelung im Kaufvertrag sei ein sogenannter echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB). Dadurch erhielten die Mieter eigene Rechte gegenüber den Käufern als neuen Vermietern. Das sei am Wortlaut erkennbar. Immerhin ist dabei von einem lebenslangen Wohnrecht und von der Übernahme des Mietverhältnisses durch die Käufer die Rede.

Dies soll nicht nur die Rechtslage zwischen Verkäufer und Käufer klarstellen, sondern darüber hinaus auch die Mieter als Dritte schützen.

Aufgrund dieser Regelung war die Kündigung in dieser Form ausgeschlossen. Eine Kündigung wäre nur möglich gewesen bei erheblicher Verletzung ihrer Mieterpflichten (z. B. bei unterbliebener Mietzahlung).

Dies leuchtet auch ein, da die Mieter bereits seit sehr langer Zeit die Wohnung bewohnten und deshalb auch im Bezug auf Ihr Zuhause besonders zu schützen sind. Außerdem ist genau für den Fall der unberechtigten Kündigung ein Rückkaufsrecht des Verkäufers geregelt. Dies spricht umso mehr dafür, dass die Mieter besonders geschützt werden sollten.

Die Kläger gingen davon aus, die Regelung im Kaufvertrag sei unwirksam, da diese sie unangemessen benachteilige. Doch auch dieser Auffassung folgte der BGH nicht. Denn hier sei zu berücksichtigen, dass das Objekt von der Stadt Bochum verkauft wurde und deshalb im kommunalen Eigentum stand. Auch hier ist nämlich ein wesentlicher Aspekt, dass die Wohnung bereits seit über 30 Jahren von diesen Mietern bewohnt war.

4. Fazit

Zwar ist dieses Ergebnis für die Käufer denkbar schlecht. Denn nicht nur scheidet eine Kündigung im besagten Fall aus. Noch dazu kommt nämlich die Kostenfolge, da diese im gesamten Verfahren über drei Instanzen unterlagen und deshalb die Prozesskosten zu tragen haben.

Wirklich überraschend ist dagegen die Entscheidung nicht. Immerhin ist die Regelung im Vertrag recht eindeutig formuliert und stellt daher die Rechtspositionen klar.

Jedoch wird daraus umso mehr deutlich: Verträge müssen geprüft werden, bevor sie unterzeichnet werden.

Durch diesen Fall zeigt sich nur wieder einmal, wie gravierend rechtliche Folgen eines Vertrages sein können. Wer weiß, ob die Kläger den Kaufvertrag in dieser Form unterzeichnet hätten, wenn ihnen klar gewesen wäre, welche Folgen dies für sie haben würde.

Gerade beim Kauf von vermieteten Immobilien kommt es ganz entscheidend auf die Verträge an. Die Regelungen des Kaufvertrages und – mindestens genauso wichtig – der bestehende Mietvertrag können viel Aufschluss geben. Immerhin tritt ein Käufer in sämtliche Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses ein (§ 566 BGB).

Der Kauf von Immobilien stellt für die meisten eine erhebliche und langfristige Investition dar. Deshalb ist es umso wichtiger, jeden Blickwinkel zu durchdenken und ganz genau zu wissen, worauf man sich einlässt. Ansonsten kann es später zu unangenehmen und vor allem sehr teuren Überraschungen kommen. Erlauben Sie mir den Kommentar: Im Verhältnis dazu ist die juristische Vertragsprüfung vorab ein Schnäppchen!

Haben Sie weitere Fragen zu dieser Entscheidung? Oder benötigen Sie Hilfe bei der Überprüfung eines Vertrages? Gerne stehen wir Ihnen hierzu Rede und Antwort. Nehmen Sie einfach Kontakt zu unserer Kanzlei auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen gerne!


Facebook, Twitter & Co. – Leben nach dem Tod!?

Sind digitale Zugänge eigentlich vererblich?

Mehr als jeder zweite besitzt heutzutage mindestens einen Zugang zu sozialen Netzwerken. Ob als Plattform für Kommunikation, zum Upload von Meldungen und Bildern oder zum Teilen interessanter oder amüsanter Videos und Sprüchen: Facebook, Instagram, Twitter und sämtliche weiteren Anbieter stellen schon seit geraumer Zeit einen wesentlichen Bestandteil des sozialen Lebens dar.

Ein damit im Zusammenhang stehender, äußerst tragischer Vorfall warf eine rechtliche Frage auf, der sich der Bundesgerichtshof im Sommer 2018 stellen musste: Was passiert mit dem Account im Falle des Versterbens des Inhabers? Oder anders gefragt: Ist ein solcher Account eigentlich vererblich?

1. Der Fall

Geklagt hatte im Fall die Mutter eines jugendlichen Kindes, welches äußerst plötzlich und unerwartet durch einen tragischen Unfall verstorben ist. Die Tochter war bei einem sozialen Netzwerk – im Fall war dieses die Beklagte – registriert und unterhielt dort ein Benutzerkonto.

Nach dem Tod des Kindes versuchte die Klägerin, sich in das Benutzerkonto Ihrer Tochter einzuloggen. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil die Beklagte es inzwischen in den sog. „Gedenkzustand“ versetzt hatte, womit ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich ist. Die Inhalte des Kontos bleiben jedoch weiter bestehen und für Freunde und Bekannte sichtbar.

Aufgrund dessen klagte die Klägerin auf vollständigen Zugang zum Benutzerkonto.

2. Bisheriger Prozessverlauf

In erster Instanz obsiegte die Klägerin vor dem Landgericht Berlin. Das Kammergericht änderte jedoch das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin Revision ein und ließ die Sache vom Bundesgerichtshof entscheiden.

3. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof verkündete nun dessen Auffassung, dass die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Benutzerkonto uneingeschränkt vererblich sind und folglich auf die Erben übergehen. Insofern steht den Erben auch ein Anspruch auf Zugang zum Benutzerkonto mit sämtlichen darin enthaltenen Inhalten zu.

Die Entscheidung lautet genau:

„Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.“

Konkret bedeutet dies, dass im Falle des Todes den (gesetzlichen oder testamentarischen) Erben der volle Zugang zu den Benutzerkonten der sozialen Medien zusteht.

4. Zugang trotz Nutzungsbedingungen

Im Fall war eine Thematik, dass eine etwaige Regelung in den Nutzungsbedingungen des Netzwerkbetreibers dem entgegenstehen könnte.

Tatsächlich war dies aber nicht der Fall, da dort keine Regelung enthalten war, die die Frage betraf, ob das Konto als solches vererblich ist. Wie der Betreiber mit dem Konto nach dem Tod des Inhabers verfährt, war nur im Hilfebereich des Netzwerkes enthalten. Zwischen den Parteien war es nicht wirksam vereinbart. Außerdem hält der Bundesgerichtshof diese Beschreibungen für unwirksam und nicht mit dem Gesetz vereinbar.

Dadurch ist aber selbstverständlich nicht gesagt, dass nicht andere Nutzungsbedingungen von anderen Betreibern eine Regelung dazu enthalten. Insbesondere kann man damit rechnen, dass nun der ein oder andere Betreiber eine Vereinbarung für solche Fälle dort aufnehmen wird.

Wie eine solche Regelung aussehen müsste, damit sie als wirksam vereinbart gilt, ließ der Bundesgerichtshof aber bisher noch offen.

5. Zugang trotz Persönlichkeitsrecht

Bevor diese Angelegenheit vom Bundesgerichtshof entschieden wurde, diskutierten viele Seiten darüber, ob die Vererbung des Zugangs nicht gegen das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verstoßen würde. Denn dieses gilt allgemein auch über den Tod des Verstorbenen hinaus.

Hierzu äußerte sich der BGH nun aber, dass dies letztlich am Thema vorbei ginge. Denn für die Vererblichkeit kommt es alleine auf den Nutzungsvertrag zwischen Betreiber und Nutzer an. Dieser betrifft aber an sich keine personenbezogenen Daten. Solche Daten werden erst durch den Nutzer und seine Tätigkeit (z. B. Uploads, Kommentare) ins Spiel gebracht.

Die Leistungen, die der Betreiber einer solchen Plattform erbringt, sind rein technischer Natur.

Um dem Persönlichkeitsrecht Beachtung zu schenken, ist deshalb lediglich nachvollziehbar, die aktive Weiternutzung durch die Erben auszuschließen. Ein Zugang zu den bisherigen Online-Tätigkeiten steht dem aber nicht entgegen.

Vergleichbar ist ein solcher Zugang mit privaten Tagebüchern zu Hause. Dass das Eigentum hieran auf die Erben übergeht, ist in der Rechtsprechung längst anerkannt.

6. Zugang trotz Datenschutz

Auch die Datenschutzgrundverordnung steht aus Sicht des BGH dem Zugang der Erben zum Benutzerkonto nicht entgegen.

Das Problem liegt hier insbesondere darin, dass über das Portal auch mit Dritten kommuniziert wird. In Konversationen bzw. Postings können persönliche Daten der Kommunikationspartner enthalten sein. Der Kommunikationspartner kann bei Veröffentlichung zwar bestimmen, wer seine Mitteilungen sehen soll und darf. Auf die Weitergabe innerhalb eines Benutzerkontos hat dieser aber selbstverständlich keinen Einfluss.

Entscheidend ist zunächst, dass der jeweilige Kommunikationspartner vor seinem Tod sämtliche Daten freiwillig und bewusst an das Portal übermittelt, damit diese dort veröffentlicht werden.

Dies ist aber letztlich vergleichbar mit dem postalischen Versand von Dokumenten, da deren Weitergabe nach Versand auch letztlich nicht mehr kontrolliert werden kann.

Die Klägerin wünscht den Zugriff zur Klärung der Todesursachen des eigenen Kindes, insbesondere um Aufschluss auf etwaige Suizidgedanken erhalten zu können. Dieses Interesse ist von höherem Gewicht als etwaige Interessen von Kommunikationspartnern.

Immerhin ist es aufgrund der erbrechtlichen Regelungen auch nachvollziehbar, wie im Falle des Todes mit Dokumenten und Inhalten (egal ob analog oder digital) damit verfahren wird. Die Vererblichkeit des Benutzerkontos ist daher auch für Dritte erkennbar.

7. Beurteilung

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist tatsächlich im Kern nicht überraschend.

Wie mit dem zu greifenden Nachlass vor Ort verfahren werden muss, ist bereits seit geraumer Zeit eindeutig geklärt. Eine Differenzierung zwischen digitalem und analogem Nachlass wäre hier nicht nur unpraktikabel, sondern auch an sich nicht mit dem gesetzlichen Wortlaut vereinbar. Die voranschreitende Digitalisierung kann man nur dadurch entsprechend würdigen, dass auch allgemein geltende rechtliche Grundsätze in vergleichbarer Form hierauf Anwendung finden.

Auch ist überzeugend, dass es bei der Frage nach der Vererblichkeit eines Benutzerkontos letztlich um einen Nutzungsvertrag geht, der ebenso wie jedes andere Vertragsverhältnis der jeweiligen Erbfolge unterliegt.

Ob hier Datenschutz verletzt ist, mag sicherlich in jedem Einzelfall anders zu beurteilen sein. Hier könnte die Zukunft also noch weitere Entscheidungen ähnlich gelagerter Fälle bringen.

Insbesondere darf man gespannt sein, wie die Anbieter digitaler Dienste auf diese Entscheidung reagieren werden. Denn die Prüfung, wann und ob ein Account für Erben freigegeben werden darf bzw. muss, ist sicherlich mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Außerdem ist nicht jede Änderung der Nutzungsbedingungen so ohne weiteres möglich bzw. zulässig.

Den Volltext der Entscheidung können Sie unter folgendem Link nachlesen.

Falls Sie Fragen zu dieser Entscheidung haben oder zur Vererblichkeit anderweitigen digitalen oder analogen Nachlassen, stehen wir gerne für Rückfragen zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns hierfür ganz einfach telefonisch oder per Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen gerne.


Musik in der Wohnung

Was darf ich und was darf ich nicht?

Jeder kennt vermutlich das Problem: Ein Nachbar ist bei der Gartenarbeit zu laut; oder man hört lautstark Diskussionen anderer Hausbewohner mit. Oder man ist sich nie ganz sicher, was man jetzt eigentlich darf und wann man seine Nachbarn möglicherweise stört.

Insbesondere Hobbies wie das Musizieren stoßen immer wieder auf die verschiedensten Auffassungen. Genau mit einer solchen Frage durfte sich der Bundesgerichtshof nun in einer aktuellen Entscheidung auseinandersetzen.

Musiker

1. Der Fall

Im Fall bewohnten die Parteien zwei Reihenhaushälften in einem Wohngebiet. Der Beklagte ist Trompeter als Berufsmusiker und nutzte sein privates Umfeld mehrmals wöchentlich für Proben an seinem Instrument sowie als Lehrer für privaten Trompetenunterricht. Dabei berücksichtigte er stets Mittags-und Nachtruhe.

Nichtsdestotrotz fühlten sich die Nachbarn belästigt. Sie verlangten sowohl vom trompetenden Nachbarn als auch von dessen Ehefrau, dass geeignete Maßnahmen ergriffen würden, damit die Lärmbelästigung reduziert würde.

2. Bisheriger Prozessverlauf

In erster Instanz vor dem Amtsgericht Augsburg behielt der Kläger Recht. Die Beklagten legten hiergegen Berufung ein. Dadurch wurde erreicht, dass ihnen verboten wurde, Musikunterricht zu erteilen sowie in anderen Räumen als im Dachgeschoss und länger als zehn Stunden pro Woche Trompete zu spielen.

Beide Parteien waren mit diesem Ausgang des Verfahrens nicht einverstanden.

3. Die Entscheidung des BGH

Der BGH entschied hier aber nun am 26.10.2018 (Az.: V ZR 143/17) wesentlich differenzierter als die Vorinstanzen dies für nötig empfunden.

a) Ehefrau

Die Klage gegen die Ehefrau des Trompeters wurde durch den BGH von vornherein abgewiesen. Ihre Verurteilung käme nur in Betracht, wenn sie eine sogenannte mittelbare Handlungsstörerin wäre und deshalb das Musizieren Ihres Mannes unterbinden müsste. Dem ist aber nicht so, da der Trompeter selbst Hauseigentümer ist und deshalb dort aus eigenem Recht heraus musiziert. Eine Verpflichtung der ebenfalls dort wohnenden Ehefrau besteht nach den gesetzlichen Vorgaben nicht.

b) Ehemann

Hinsichtlich des trompetenden Nachbarn kommt es auf eine etwaige Beeinträchtigung im Einzelfall an. Grundsätzlich kann in derartigen Fällen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB bestehen. Dieser ist jedoch ausgeschlossen, wenn die dadurch für den Nachbarn entstehenden Beeinträchtigungen nur unwesentlich sind. Dabei kommt es auf das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ an.

Bei einem richterlichen Ortstermin vor dem Landgericht Augsburg in zweiter Instanz wurde festgestellt, dass das Trompetenspiel des Beklagten im Dachgeschoss im Wohnzimmer der Kläger nicht und in deren Schlafzimmer nur leise zu hören ist. Beim Spielen im Wohnzimmer des Beklagten war es im angrenzenden Wohnzimmer der Kläger als schwache Zimmerlautstärke zu vernehmen.

aa) Unterschiedliche Interessen

Der BGH ging deshalb davon aus, dass das Landgericht in zweiter Instanz zu streng geurteilt hatte. Das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung. Deshalb ist es aus der maßgeblichen Sicht eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ in gewissen Grenzen hinzunehmen. Immerhin kann es einen wesentlichen Teil des Lebensinhalts bilden und von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein. Es gehört – wie viele andere übliche Freizeitbeschäftigungen – zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit.

Andererseits soll auch dem Nachbarn die eigene Wohnung die Möglichkeit zur Entspannung und Erholung und die dazu jeweils notwendige, von Umweltgeräuschen möglichst ungestörte Ruhe bieten. Ein Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen Interessen kann im Ergebnis nur durch eine ausgewogene zeitliche Begrenzung des Musizierens herbeigeführt werden. Dabei hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument im häuslichen Bereich spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker und umgekehrt.

bb) Einzelfallregelung

Wie eine solche Regelung aussehen könnte, muss im jeweiligen Einzelfall bestimmt werden, da es hierbei auf die jeweilige Lautstärke, die konkrete Beeinträchtigung und die örtlichen Gegebenheiten ankommt. Ein grober Richtwert könnte die Beschränkung auf ca. zwei Stunden täglich unter Einhaltung der Mittags- und Nachtruhe sein. Ein nahezu vollständiger Ausschluss für die Abendstunden und das Wochenende, wie ihn das Landgericht Augsburg vorgesehen hat, kommt jedoch nicht in Betracht. Dies ließe nämlich außer Acht, dass Berufstätige, aber auch Schüler häufig gerade abends und am Wochenende Zeit für das Musizieren finden.

Außerdem ist entscheidend, ob durch andere Maßnahmen (beispielsweise das Musizieren in anderen Räumen) bereits möglich ist, Rücksicht auf die nachbarlichen Interessen zu nehmen. Das Musizieren in den Hauptwohnräumen des Hauses kann aber nicht gänzlich untersagt werden.

Aufgrund dessen hielt der Bundesgerichtshof das Trompetenspiel im Dachgeschoss außerhalb der Mittags- und Nachtruhe für etwa drei Stunden täglich für eine unwesentliche Beeinträchtigung. Dadurch bestünde aber die Möglichkeit, das Musizieren in den Wohnräumen, wo es für die Nachbarn lauter zu vernehmen ist, zeitlich stärker einzugrenzen. Insgesamt erschien  eine Beschränkung auf drei Stunden täglich angemessen.

Sofern es durch das Unterrichten zu stärkeren Beeinträchtigungen kommt, wäre dies auf weniger Stunden wöchentlich oder auf eine reine Ausübung im Dachgeschoss zu beschränken.

Eine endgültige Entscheidung wurde durch den BGH nicht getroffen. Da es hier noch weiterer Feststellungen bedarf, welche Einzelfallregelung passend ist, wurde der Sachverhalt an das Landgericht zurückverwiesen.

4. Fazit

Eine tatsächliche Entscheidung seitens des Bundesgerichtshofes ist in dieser Sache also nicht ergangen. Dies wurde dem Landgericht Augsburg überlassen, da hierfür noch weitere Feststellungen zu treffen waren.

Nichtdestotrotz ist eine klare Haltung des BGH erkennbar, wonach auch besondere und lautstärkenintensivere Freizeitbeschäftigungen bis zu einem gewissen Grad zu schützen sind. Jedoch ist immer darauf zu achten, dass auch der Nachbar ein Recht auf Ruhe in seinem eigenen Zuhause hat. In manchen Konstellationen mag ein Gespräch zur gütlichen Beilegung sinnvoll und auch zielführend sein. Oftmals ist jedoch aufgrund einer verfahrenen Situation bereits von vornherein klar, dass ein Konsens nicht gefunden werden kann.

Gerne helfen wir Ihnen bei der Beurteilung Ihres Falles weiter, versuchen ggfs. unter Nachbarn zu schlichten oder machen die Ihnen zustehenden Rechte für Sie geltend. Kontaktieren Sie uns einfach hierfür telefonisch und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen weiter!


Kein Widerrufsrecht bei Mieterhöhungen

Der BGH hat (Recht) gesprochen!

Ein beinahe alltägliches Szenario: Ein lange bestehendes Mietverhältnis ist nicht an die aktuell üblichen Mietpreise angepasst. Deshalb übermittelt der Vermieter dem Mieter ein Mieterhöhungsverlangen, welchem der Mieter fristgemäß zustimmt. Anschließend möchte der Mieter seine Zustimmung zurücknehmen. Oder er erkennt erst nach Zustimmung, dass die Erhöhung vom Vermieter falsch berechnet wurde. Steht ihm dabei ein Widerrufsrecht zu?

1. Problemaufriss

Lange Zeit gab es viele Diskussionen und keine klare Antwort zu dieser ganz bestimmten Rechtsfrage: Liegt die vereinbarte Miete unter dem üblichen Durchschnitt der Umgebung, kann ein Vermieter die Erhöhung der Miete verlangen. Dazu kann bzw. muss der Mieter zustimmen. Gleichzeitig ist vielseits bekannt, dass zumindest bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern je nach Einzelfall dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehen kann. Doch gilt dies auch bei der erteilten Zustimmung eines Mieters zu einer Mieterhöhung?

Genau diese Frage wird seit langem von Juristen unterschiedlich beurteilt. Erfreulicherweise lag nun ein entsprechender Fall dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.

2. Der Fall

Im betroffenen Verfahren war der Kläger Mieter einer Wohnung der Beklagten. Die Beklagte als Vermieterin machte eine Mieterhöhung geltend und forderte die Zustimmung des Klägers hierzu. Der Kläger stimmte der Erhöhung zunächst fristgemäß zu, erklärte jedoch kurz darauf den Widerruf seiner Zustimmung. Anschließend bezahlte er die erhöhte Miete nur unter Vorbehalt.

Mit der von ihm eingereichten Klage begehrte er die Rückzahlung der aus seiner Sicht zu viel bezahlten Miete.

Mietvertrag

3. Bisheriger Prozess

Im bisherigen Prozessverlauf war das Landgericht Berlin zunächst davon ausgegangen, dass generell auch bei Zustimmungserklärungen zu Mieterhöhungsverlangen ein Widerrufsrecht des Verbrauchers bestehen kann. Entscheidend sei, ob die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben seien. Dies sei insbesondere bei Verbraucherverträgen der Fall, die im Fernabsatz, also rein mit elektronischen Kommunikationsmitteln, zustande gekommen seien. Die gesetzlichen Vorgaben eines solchen Widerrufsrechts seien nur in diesem konkreten Einzelfall nicht erfüllt gewesen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Kläger Revision ein.

4. Entscheidung des BGH

Hierzu entschied der BGH nun mit Urteil vom 17.10.2018 (Az.: VIII ZR 94/17), dass eine gemäß § 558b Abs. 1 BGB erklärte Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters vom Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen nicht erfasst ist und dem Mieter ein dahingehendes Widerrufsrecht nicht zusteht.

Der Wortlaut des § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB erstreckt das Widerrufsrecht zwar auf „Verträge über die Vermietung von Wohnraum“. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift umfasst jedoch nicht den Bereich der Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete nach den §§ 558 ff. BGB

Denn mit dem in § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB vorgesehenen Widerrufsrecht des Mieters einer Wohnung soll Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks sowie dem typischerweise bestehenden Informationsdefizit des Mieters begegnet werden. Nach dem dahinter stehenden Regelungszweck betrifft dies nur Situationen beim ursprünglichen Abschluss von Mietverträgen.

Dieser vom Gesetzgeber bezweckte Schutz wird bei Mieterhöhungsverlangen durch andere Mechanismen ausreichend berücksichtigt:

  • Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das (in Textform zu erklärende) Mieterhöhungsverlangen vom Vermieter zu begründen. Damit soll der Mieter die Möglichkeit haben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Schon dadurch kann der Mieter seinen rechtsgeschäftlichen Willen informiert und außerhalb einer etwaigen Drucksituation bilden.
  • Außerdem räumt das Gesetz dadurch, dass der Mieter mindestens zwei Monate Zeit zur Zustimmung hat, diesem eine angemessene Überlegungsfrist ein, innerhalb der er sich entscheiden kann, ob und gegebenenfalls inwieweit er der Mieterhöhung zustimmt.

Somit ist bereits durch die Bestimmungen der §§ 558 ff. BGB sichergestellt, dass der Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse im Fernabsatz erfüllt ist.

5. Beurteilung

Die Auffassung des BGH überzeugt aus unserer Sicht in vollem Umfang und war tatsächlich überfällig. Völlig abwegig erscheint die Meinung, dass eine einmal erteilte Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen vom Mieter noch einmal revidiert werden könnte. Daher kann der im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung, ein solches Recht stünde dem Mieter zu, nur mit Unverständnis entgegen getreten werden.

Auf den ersten Blick mag eine solche Argumentation zwar mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar sein. Mit der tatsächlichen Intention hat dies aber letztlich nichts zu tun. Immerhin sieht der Ablauf bei Mieterhöhungsverlangen einige Besonderheiten vor, die eine andere Beurteilung als bei üblichen Vertragsabschlüssen rechtfertigt. Die Argumente des Bundesgerichtshofs, wonach keine benachteiligte Position des Mieters angenommen werden kann, überzeugen.

Für Mieter gilt es jedoch, nun besonders darauf zu achten, ob ein Mieterhöhungsverlangen  rechtmäßig ist. Hat man einmal die Zustimmung hierzu erteilt, gilt die darin festgesetzte erhöhte Miete als zwischen den Parteien vereinbart.

Sollten Sie Fragen zu den gesetzlichen Anforderungen eines Mieterhöhungsverlangens haben oder Informationen dazu benötigen, ob und ggfs. wie sich die Rechtsprechung des Urteils für Sie als Mieter oder Vermieter auswirkt, stehen wir jederzeit für Ihre Rückfragen zur Verfügung. Auch können wir Ihnen bei der Verfassung oder Prüfung eines anstehenden oder Ihnen zugestellten Mieterhöhungsverlangen helfen. Kontaktieren Sie uns dazu einfach telefonisch oder per E-Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Sie!


Der Erbschein – Wann und Warum?

Vielen ist er ein Begriff und doch weiß keiner, in welchen Situationen und wieso man ihn braucht: den Erbschein. Bei nahezu jedem Todesfall taucht im Rahmen einer etwaigen Erbauseinandersetzung dieses Wort auf. Wir wollen das Konstrukt näher beleuchten und vor allem klarstellen, wann sich die Investition tatsächlich lohnt und wann man getrost darauf verzichten kann.

1. Begriff

Der Erbschein ist ein Zeugnis des Nachlassgerichts, das besagt, wer Erbe ist und ob dieser irgendwelchen Beschränkungen hinsichtlich seiner Verfügungsmacht über die Erbmasse unterliegt (§ 2353 BGB). Darin enthalten sind die folgenden Angaben:

  • Person des Erblassers (inklusive Todestag und letztem Wohnsitz)
  • Person des Erben
  • Umfang des Erbrechts (sog. Erbquote)
  • Etwaige Nacherbschaft
  • Etwaige Testamentsvollstreckung

Darüber, welche Erbmasse besteht oder gar über den Wert derselben trifft der Erbschein aber grundsätzlich keine Aussage.

2. Arten

Es gibt verschiedene Arten des Erbscheins.

Da wäre zunächst der Alleinerbschein, welcher bereits dem Namen nach nur ausgestellt wird, wenn es einen einzigen testamentarischen oder gesetzlichen Alleinerben gibt.

Ein gemeinschaftlicher Erbschein kommt in Betracht, wenn es mehrere Personen gibt, die einen Erblasser beerbt haben und ihnen deshalb das Erbe gemeinschaftlich zusteht. Darin werden alle Miterben entsprechend ihrer Erbquote als Erben benannt. Dabei ist nicht relevant, ob einer der Miterben oder alle gemeinsam den Antrag auf Erlass eines Erbscheins stellen.

Einen Teilerbschein erhalten einzelnen Miterben, wenn diese einen Nachweis über ihr anteiliges Erbrecht haben möchten. Dies kann vor allem bedeutsam sein, wenn nicht alle Miterben feststellbar sind, die restlichen Miterben aber eine Bescheinigung über ihr Erbrecht möchten bzw. brauchen.

Selbstverständlich gibt es als Kombination auch den gemeinschaftlichen Teilerbschein, welcher dann erforderlich wird, wenn beispielsweise zwei von drei Miterben einen gemeinschaftlichen Erbschein erhalten möchten, der dritte Miterbe aber nicht feststellbar ist.

3. Verfahren

Ein Erbschein wird generell nur auf Antrag hin erteilt.

Ein solcher Antrag ist beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht erforderlich. Sachlich zuständig ist jeweils das Amtsgericht als Nachlassgericht, örtlich zuständig ist meist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

An eine bestimmte Form ist der Antrag auf Erlass eines Erbscheins nicht gebunden. Dies ist insbesondere auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts möglich (§ 23 FamFG). Inhaltlich muss der Antrag enthalten:

  • Namen und Todestag des Erblassers
  • Person des/der Erben
  • Erbteile
  • Etwaige Beschränkungen (Vor-/Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung)
  • Angabe, ob die Erbenstellung aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge besteht.

Sämtliche Angaben des Erben muss dieser auch mit entsprechenden Erklärungen bzw. Nachweisen belegen. Soweit es Urkunden gibt, die ihn zum Erben ernennen, so hat er diese vorzulegen sowie die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern (§ 352 Abs. 3 S. 2 FamFG).

Berechtigt zur Antragstellung sind stets nur der/die Erben.

Nach Antragstellung und Vorlage sämtlicher entscheidungserheblicher Dokumente ermittelt das Nachlassgericht von Amts wegen den Sachverhalt (§ 26 FamFG) und entscheidet sodann über den Antrag. Bei fehlenden Unterlagen ergeht eine Zwischenverfügung des Nachlassgerichts. Anderenfalls ergeht ein Beschluss, der entweder regelmäßig bereits die Entscheidung wie im Erbschein enthält (Feststellungsbeschluss gemäß § 352e Abs. 1 FamFG) oder der möglicherweise auch den Antrag auf Erlass des Erbscheins zurückweist.

Im Falle des Feststellungsbeschlusses erteilt sodann das Nachlassgericht den beantragten Erbschein.

Die Kosten eines Erbscheinsverfahrens bestimmen sich nach dem Wert des Nachlasses. Je höher der Wert des Nachlasses, desto höher sind die Gerichtskosten für die Erteilung.

4. Wirkung

Wird ein Erbschein ausgestellt, so kommt diesem gemäß § 2365 BGB eine sogenannte Vermutungswirkung zu. Dies bedeutet, dass vermutet wird, dass demjenigen, der im Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das im Erbschein angegebene Recht auch tatsächlich zusteht und dass er nicht durch andere als im Erbschein angegebene Anordnungen in seiner Verfügungsmacht beschränkt ist.

Außerdem entfaltet der Erbschein eine Richtigkeitsfiktion (§ 2366 BGB). Das heißt, dass man grundsätzlich vermutet, dass die Angaben in einem erteilten Erbschein Ihre Richtigkeit haben. Erwirbt also jemand einen Erbgegenstand von einem Erben, der laut Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, so gilt zu Gunsten des Erwerbers der Inhalt des Erbscheins als richtig. Auch wenn also der Erbe laut Erbschein gar nicht Erbe wäre (und der Erbschein somit falsch wäre), wäre das Geschäft zwischen Erbe und Erwerber trotzdem wirksam. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Erwerber den Erbschein kennt. Diese Wirkung tritt ab Erteilung des Erbscheins quasi allgegenwärtig ein.

Die Richtigkeitsfiktion entfällt nur, wenn zeitlich mehrere sich widersprechende Erbscheine im Umlauf sind.

5. Fehlerhafter Erbschein

Zeigt sich nach Erteilung eines Erbscheins, dass die darin enthaltenen Feststellungen falsch sind, so bestehen verschiedene Möglichkeiten.

Zum einen kann ein falscher Erbschein eingezogen werden (§ 2361 BGB). Dies geht nur, wenn ein Erbschein erteilt und ausgehändigt wurde und sich nach Aushändigung dessen Fehlerhaftigkeit herausstellt. Die Einziehung erfolgt von Amts wegen, das heißt ohne entsprechenden Antrag durch das Gericht selbst; ein Antrag kann aber als Anregung an das Gericht sinnvoll sein, um dies überhaupt hierüber in Kenntnis zu setzen und so das Verfahren zu beschleunigen.

Zum anderen kann das Nachlassgericht einen fehlerhaften Erbschein für kraftlos erklären. Dies erscheint immer dann sinnvoll, wenn man den Erbschein nicht sofort zur Einziehung erlangen kann.

6. Erforderlichkeit des Erbscheins

Weit verbreitet ist die Ansicht, dass stets nach Eintritt eines Erbfalls ein Erbschein benötigt wird, um die Erbenstellung auszuweisen. Dem ist jedoch nicht so.

Unterschieden werden muss dabei, bei welcher Stelle ein Erbrecht nachgewiesen und somit möglicherweise ein Erbschein vorgelegt werden soll.

a) Vorlage beim Grundbuchamt

Geht es um einen Erbnachweis gegenüber dem Grundbuchamt, so hilft § 35 GBO weiter. Danach wird grundsätzlich ein Erbschein gefordert. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag), die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt anstelle des Erbscheins auch die Vorlage der Verfügung sowie die Niederschrift des Amtsgerichts über die Eröffnung der Verfügung.

Testament

b) Vorlage bei Banken

Zur Vorlage bei Banken ist die tatsächliche Rechtslage sogar noch deutlicher. Bis vor einigen Jahren (und teils noch heute) forderten Banken bei Eintritt eines Erbfalls ausnahmslos die Vorlage eines entsprechenden Erbscheins. Dabei stützten sie sich zumeist auf Regelungen in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach es in deren Ermessen gestellt sei, die Verfügung von Erben über Nachlasskonten von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.

Dem nahm jedoch der Bundesgerichtshof bereits vor einigen Jahren den Wind aus den Segeln und stellte klar, dass derartige Klauseln unwirksam seien. Dies wurde zu Recht damit begründet, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung eines Erbscheins besteht und dies zudem einige Zeit in Anspruch nehmen kann, in welcher den Erben der Zugriff auf die Nachlasskonten verwehrt bleibt (BGH, Urteil vom 08.10.2013, Az.: XI ZR 401/12). Im Nachgang wurden sogar Banken zur Erstattung der unnötig entstandenen Kosten für die Erteilung eines Erbscheins verpflichtet (BGH, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15).

Voraussetzung dafür ist, dass das Erbrecht unproblematisch nachgewiesen werden kann. Im vorbenannten Fall des BGH ging es um ein handschriftliches Ehegattentestament, ein sog. Berliner Testament. Solange sich also keine konkreten und begründeten Zweifel an der Richtigkeit eines Testaments ergeben, muss mittlerweile auch zur Vorlage bei Banken ein handschriftliches Testament zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügen.

7. Fazit

Ein Erbschein ist ein Dokument, das die Erbenstellung sowie die konkrete Berechtigung des Erben ausweist. Bei Eintritt eines Erbfalls wird die Vorlage eines Erbscheins an vielen Stellen verlangt. Der Aufwand zur Erlangung eines Erbscheins ist meist überschaubar; die Beantragung und Erteilung ist jedoch mit Kosten verbunden, die gerade bei größerer Erbmasse nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen können. Dabei ist es sinnvoll zu prüfen, ob ein Erbschein im jeweiligen Fall überhaupt nötig ist.

Sollten Sie Hilfe bei der Prüfung der Erforderlichkeit eines Erbscheins benötigen oder möchten Sie einen entsprechenden Antrag beim Nachlassgericht stellen und wünschen sich dabei rechtliche Unterstützung, so stehen wir hierfür jederzeit gerne kompetent zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns hierfür am besten telefonisch oder per E-Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Sie.


Neuerungen im Reiserecht

Gesetzesänderungen zum 01.07.2018

Es ist wieder soweit. Das zweite Halbjahr 2018 ist angebrochen und der Juli bringt auch rechtliche Veränderungen im Reiserecht mit sich. So können sich Reisende zukünftig zumindest in manchen Bereichen auf einen besseren Schutz freuen. Durch die Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie (EU) 2015/2302 passt sich die rechtliche Beurteilung dem Umstand an, dass Verbraucher immer häufiger einzelne Reiseleistungen kombinieren. Wir haben im Folgenden die Neuregelungen, welche für Reisende, Veranstalter und Reisebüros positive und negative Veränderungen mit sich bringen, zusammengefasst.

1. Mehr Schutz

a) Informationspflichten

Zunächst werden Reisende zukünftig besser geschützt, indem im Reiserecht ausführlicher und anhand europaweit einheitlicher Formulare informiert werden muss (§ 651 d Abs. 1 BGB). Die Informationspflichten treffen darüber hinaus nun nicht mehr nur den Reiseveranstalter, sondern daneben auch die Reisevermittler (insbesondere Reisebüros).

Zu informieren ist vor Buchung der Reise beispielsweise über die wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen, Firma und Anschrift von Reiseveranstalter und Reisevermittler, Gesamtpreis, Zahlungsmodalitäten sowie Pass- und Visumserfordernisse.

b) Mängelrechte

Reiserecht

Die Mängelrechte, welche Reisenden bei ungenügenden Urlaubsreisen zustehen, werden übersichtlicher und nachvollziehbarer. So enthält das Gesetz durch das neue Reiserecht beispielsweise nun eine abschließende Aufzählung, in welchen Fällen sich ein Reiseveranstalter bei Schadensersatzansprüchen entlasten kann. Dies gilt gemäß § 651 n BGB nämlich, wenn der Reisemangel

– vom Reisenden verschuldet wurde

– von einem Dritten verschuldet wurde, der in keiner Weise am Reisevertrag beteiligt ist

– durch außergewöhnliche bzw. unvermeidbare Umstände verursacht wurde.

Haftungsbeschränkungen in den Allgemeinen Reisebedingungen, durch die sich bisher Reiseveranstalter einer etwaigen Haftung entziehen wollten, sind nur noch stark eingeschränkt möglich. Bislang fanden sich in Allgemeinen Reisebedingungen oftmals Regelungen, in welchen die Haftung für Schäden üblicherweise auf den dreifachen Reisepreis begrenzt war. Dies ist zukünftig nur noch möglich, wenn es sich dabei nicht um Körperschäden handelt oder der Schaden beim Reisenden nicht schuldhaft herbeigeführt wurde. Eine Regelung, die hier nicht differenziert, wird vermutlich als rechtlich unwirksam anzusehen sein.

Könnte man Reisende wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände (z. B. Unwetter, Naturkatastrophe etc.) nicht wie vereinbart zurückbefördern, müsse der Reiseveranstalter neben den Kosten einer vereinbarten Rückbeförderung auch die Kosten für die weitere Beherbergung des Reisenden für bis zu drei Übernachtungen tragen, ggfs. auch länger (§ 651 k Abs. 4 BGB)

c) Anzeigefrist

Zudem bleibt im Reiserecht nun länger Zeit für die Mängelanzeige. Bislang mussten Reisende Mängel der Reise innerhalb eines Monats nach Ende der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter melden, wenn die Allgemeinen Reisebedingungen des Veranstalters dies regelten (§ 651g Abs. 1 BGB). Ansprüche wegen Reisemängeln kann man jetzt aber innerhalb von zwei Jahren geltend machen (§ 651 j BGB). Vertragliche Verkürzungen dieser Frist sind nicht mehr zulässig.

Dabei genügt nun auch eine Anzeige der Mängel gegenüber dem Reisebüro oder -vermittler, sodass diese nicht mehr zwingend gegenüber dem Reiseveranstalter erfolgen muss.

2. Vertragsrücktritt

Demgegenüber gibt es aber auch Änderungen, die nachteilig für Reisende sein können.

So ist beispielsweise nun Gesetz, dass bei einer nachträglichen Preiserhöhung erst ab 8% ein Rücktritt für den Reisenden vom Vertrag möglich ist (§ 651 g BGB). Bislang war die Grenze hierfür bei 5%.

Bis zu 20 Tage vor Reisebeginn kann der Reiseveranstalter den vereinbarten Preis erhöhen, jedoch – wie bisher – nur in den gesetzlich bestimmten Fällen. § 651 f BGB sagt hierzu, dass der Vertrag diese Möglichkeit vorsehen muss und die Erhöhung auf eine Erhöhung des Preises für die Beförderung von Personen, Steuern oder veränderte Wechselkurse zurückzuführen ist.

Liegt die Erhöhung unterhalb der nun geltenden 8%-Grenze, so reicht die Mitteilung des Veranstalters inklusive konkreter Berechnung hierüber.

Bei Überschreitung der Grenze steht es dem Reisenden frei, das Angebot mit erhöhtem Preis anzunehmen oder vom Vertrag zurückzutreten.

Veränderungen der vertraglichen Reiseleistung, auf die der Reisende trotz entsprechender Mitteilung des Veranstalters nicht reagiere, gelten als angenommen. Voraussetzung ist aber, dass man den Reisenden über die Gründe dafür und über sein Recht, vom Vertrag zurückzutreten, informiert habe.

3. „Verbundene Reiseleistung“

Nun auch gesetzlich geregelt ist der Fall, in welchem ein Unternehmen innerhalb kurzer Zeit mehrere Reiseleistungen (z. B. Mietwagen, Unterkunft, Ausflüge) vermittelt. Dies stellt nämlich nicht zwangsläufig eine Pauschalreise dar; dafür hat der Gesetzgeber die neue Kategorie der „verbundenen Reiseleistungen“ geschaffen.

Danach ist der Vermittler zur vorvertraglichen Information darüber verpflichtet, ob es sich nun um eine Pauschalreise oder um eine verbundene Reiseleistung handle.

Wenn eine Pauschalreise vorläge, bestünden die gesetzlichen Mängelrechte wie gewohnt, im Zweifelsfall gegenüber dem Reisebüro selbst.

Bei verbundenen Reiseleistungen müsse sich der Reisende wegen Reisemängeln jedoch – hierin besteht der Unterschied zur Pauschalreise – an den jeweiligen Leistungsträger (z.B. Hotel, Autovermietung) halten.

Dieses Konzept bietet eine Schutzlücke für Reisende, falls der jeweilige Leistungsträger in Insolvenz gerät. Genau deshalb muss sich der Reisevermittler gegen Insolvenz absichern, wenn die Zahlungen des Reisenden direkt an ihn gehen (§ 651 r BGB).

Außerdem muss der jeweilige Unternehmer im Fall von verbundenen Reiseleistungen getrennte Rechnungen für die jeweiligen Leistungen erstellen. Nur der Bezahlvorgang kann einheitlich erfolgen.

4. „Click-Through-Buchungen

Je nach Einzelfall kann aber bei Online-Buchungen nichtsdestotrotz eine Pauschalreise vorliegen. Dies ist bei sog. „Click-Through-Buchungen“ anzunehmen. Dabei wird nach Buchung einer Reiseleistung (z.B. Online-Flugbuchung) direkt eine bestimmte weitere Leistung (z. B. Hotelübernachtung) angeboten, indem auf die jeweilige Website verlinkt wird. Werden hierbei die Daten direkt übertragen und innerhalb von 24 Stunden gebucht, handelt es sich unabhängig von der Auffassung der Anbieter um eine Pauschalreise.

5. Ferienhaus und Kaffeefahrt

Aufenthalte in Ferienhäusern bzw. Ferienwohnungen, die Reiseveranstalter anbieten, ebenso wie Kaffeefahrten unter 500,00 Euro sind dagegen zukünftig nicht mehr als Pauschalreise anzusehen.

6. Fazit

Wie sich aus dieser kurzen Übersicht ergibt, bringt die Pauschalreise-Richtlinie durchaus nicht unerhebliche Veränderungen mit sich.

So müssen sich Reiseveranstalter darauf einstellen, dass künftig die Geltendmachung von Mängelrechten durch die Reisenden länger möglich ist und erfolgsträchtiger sein dürfte. Reisebüros sehen sich daneben größeren Informationspflichten und Haftungsgefahren ausgesetzt. Reisende können Ihre Rechte bei mangelhaften Urlaubsreisen besser durchsetzen, sollten aber bei der Buchung besonders auf die Ihnen übermittelten Informationen achten.

Dies ist freilich nur eine – nicht umfassende – Übersicht. Sollten Sie Fragen zu den gesetzlichen Änderungen haben oder möglicherweise im Hinblick auf eine gebuchte Reise rechtliche Unterstützung benötigen, stehen wir gerne zur Verfügung. Nehmen Sie dazu am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit uns auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.