Kaufvertrag und Wohnrecht

Was ist, wenn es anders kommt als man denkt!?

Immer mehr Menschen sichern sich heute für die Rente mit Immobilien ab. Doch es ist sinnvoll, diese nicht bis kurz vor oder nach seinem Ableben im eigenen Vermögen zu behalten. Dies hat nämlich nicht unerhebliche erbschaftsteuerliche Konsequenzen. Deshalb entscheidet man sich häufig dazu, im Alter Immobilien an Familienmitglieder zu übertragen. Um dort wohnen bleiben zu können, wird dann meist ein Wohnrecht dafür vorbehalten.

Gerade in dieser Konstellation stellen sich aber dann gewisse Fragen, wenn das Leben anders spielt als man dachte.

1. Das Problem

Im Alter ist vielen Eigentümern von Immobilien daran gelegen, Erbschaftsteuer zu sparen. Daher denken sie daran, Grundstücke im eigenen Eigentum bereits vorab an Kinder, Ehepartner oder andere Familienmitglieder zu übertragen. Innerhalb der Familie gibt es Freibeträge, von denen die Beteiligten profitieren können. Gerade wenn mehr Immobilien vorhanden sind, sollte die Übertragung gut geplant sein, um die Freibeträge bestmöglich zu nutzen.

Wer sein Eigentum im Wege einer Schenkung an Familienmitglieder – meist die eigenen Kinder – überträgt, wünscht sich im Gegenzug dazu aber oft eine gewisse Gegenleistung. Dies kann bereits darin bestehen, dass die Eltern bis zu ihrem Tod im Haus leben möchten. Alternativ denkt man auch daran, dass die Kinder möglicherweise für die Pflege der Eltern im Alter aufkommen sollen.

Sicher sind hier immer die näheren Umstände relevant für die genaue Vereinbarung (z.B. Inhalt des Wohnrechts, Lage, Wertentwicklung, Alter der Eltern etc.).

Doch was passiert, wenn sich die näheren Umstände vollkommen anders entwickeln als man bei Vertragsschluss erwartet hat? Kann sich dies auf den geschlossenen Vertrag auswirken?

Dies hatte das Oberlandesgericht Frankfurt vor einigen Wochen zu klären.

2. Der Fall: Übertragung von Immobilien mit Gegenleistung

Der 74-jährige Eigentümer einer Immobilie veräußerte diese an seine Nichte. Der Kaufpreis lag bei 86.000,00 Euro. Der Veräußerer erhielt ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnrecht. Dieses wurde mit einem Jahreswert von 2.592,00 Euro beziffert.

Immobilien

Außerdem verpflichtete sich die Nichte dazu, die Pflegeleistungen im häuslichen Bereich zu erbringen, solange dies möglich und zumutbar ist. Der Wert der Pflegeleistung wurde mit 2.460,00 Euro als Jahreswert beziffert.

Sämtliche Gegenleistungen wurden dem vereinbarten Kaufpreis entgegengesetzt, sodass die Nichte nur noch einen geringen Restpreis für die Immobilie bezahlen musste.

Nun kam es jedoch anders als bei Vertragsschluss erwartet.

Der veräußernde Onkel verstarb überraschenderweise bereits drei Wochen nach Abschluss des Vertrages.

3. Das Verfahren

Die Schwester des Verstorbenen ging nun davon aus, dass der frühe Tod Auswirkungen zeigen müsste. Offensichtlich sei man bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass der Onkel noch länger am Leben sei. Dies sei Grundlage für die Bezifferung der Gegenleistungen gewesen.

Letztlich sei nun die Gegenleistung der Nichte tatsächlich bedeutend geringer als dem Vertrag zugrunde gelegt wurde. Denn die Werte für Wohnrecht und Pflegeleistungen minderten den bezahlten Kaufpreis. Hätte man gewusst, dass dies nur noch für drei Wochen anfiele, hätte man die vertragliche Regelung anders getroffen.

Sie verlangte Zahlung der kapitalisierten Werte von der Nichte. Geltend gemacht hat sie einen Anspruch in Höhe von 42.229,00 Euro.

4. Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab der Klägerin jedoch nicht Recht.

Was die Erbin hier verlangte, konnte dem geschlossenen Kaufvertrag nicht entnommen werden. Insofern kommt ein solcher Anspruch nur durch ergänzende Vertragsauslegung in Betracht.

Bei Vertragsschluss waren aber beide Parteien – Onkel und Nichte – im Ungewissen darüber, wie lange der Verkäufer leben oder zu Lebzeiten pflegebedürftig werden würde. Hier besitzt also keine der Parteien einen Wissensvorsprung, der zu Gunsten der anderen Partei ausgeglichen werden müsste.

Das Risiko, dass das Grundstück überaus günstig überlassen werden könnte, musste dem Erblasser bei Vertragsschluss bewusst gewesen sein. Ebenso hätte die Nichte das Risiko getragen, wenn der Verstorbene überraschend lang gelebt und pflegebedürftig gewesen wäre.

Grund oder Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung bleibt daher nicht.

Auch eine Anpassung des Vertrages scheidet aus denselben Gründen aus (§ 313 BGB). Es hat sich schlichtweg das Risiko einer Partei sehr schnell verwirklicht. Die Geschäftsgrundlage des Vertrages ist dadurch aber nicht weggefallen.

Der Zufall, dass der Wohnungsberechtigte so schnell verstorben ist, geht leider zu dessen Lasten bzw. zu Lasten seiner Erben.

5. Fazit: Bei der Übertragung von Immobilien alle Eventualitäten beachten!

Der Hinweis des Gerichtes auf den umgekehrten Fall überzeugt. Der Nichte stünde auch kein Anpassungsanspruch zu, wenn sie verpflichtet wäre, den Onkel jahrelang zu pflegen. Die Parteien gingen im Vollbesitz ihrer Kräfte die vertragliche Vereinbarung ein. Es liegt also auch an ihnen, die hieraus resultierenden Risiken zu tragen.

Gleiches gilt natürlich für die Erbin. Diese kann selbstredend nicht mehr geltend machen, als dem Onkel zugestanden hätte.

Die Grenzen einer Vertragsanpassung sind sehr eng gehalten. Ein Rückgriff darauf erfolgt immer nur dann, wenn auf keinem anderen Weg eine verträgliche Lösung der Sachlage möglich erscheint.

Haben Sie Fragen zu dieser Entscheidung? Unsere Kanzlei ist unter anderem spezialisiert auf die Bereiche Immobilienrecht und Erbrecht und kann Ihnen insofern bei etwaigen Fragen tatkräftig zur Seite stehen. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann melden Sie sich gerne telefonisch oder per E-Mail bei uns!


Kosten nach dem Tod

Wer zahlt eigentlich die Beerdigung?

Eine der unangenehmen Erfahrungen des Lebens ist die Abwicklung eines Todesfalles von nahen Angehörigen oder geliebten Menschen. Dazu gehört unter anderem auch die Organisation der Beerdigung. Und diese ist oft mit viel Trauer verbunden und auch mit nicht unerheblichen Kosten. Doch wer trägt die eigentlich?

1. Die gesetzliche Regel einer Beerdigung

Um die Frage zu beantworten, hilft zunächst ein Blick in § 1968 BGB. Danach trägt die Kosten der Beerdigung grundsätzlich der Erbe. Gibt es mehrere Erben bzw. eine Erbengemeinschaft, so tragen diese die Kosten gemeinschaftlich.

Beerdigung

Dies ist eine verständliche und oftmals faire Lösung, da die Erben im Gegenzug auch das entsprechende Erbe erhalten. Im vielen Fällen ist auch genügend Vermögen als Nachlass vorhanden, um die Beerdigungskosten damit abzudecken. Im besten Fall hatte der Erblasser sogar eine Summe selbst beiseite gelegt, um damit die Beerdigungskosten zu bezahlen. Dieser Betrag geht in der Regel auf die Erben über, die damit dann die Kosten der Bestattung begleichen können.

Dabei kann sich das Bestattungsinstitut aber immer an einen der Erben wenden und die gesamten Kosten diesem gegenüber geltend machen. Dies liegt daran, dass die Erben sogenannte Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB sind. Sie sind gemeinsam zur gesamten Zahlung verpflichtet; einer kann dabei vollständig beansprucht werden, der Ausgleich erfolgt untereinander. Ein Erbe kann sich gegenüber einem Bestattungsinstitut also nicht darauf berufen, dass er nur zur Hälfte geerbt habe.

In der Regel wird die Beerdigung aber ohnehin von einem der Erben in Auftrag gegeben, der im Nachgang dann auch die Kosten (aus der Erbmasse) begleicht.

2. Im Falle der Ausschlagung

Manchmal stellt sich jedoch die Frage, wer die Kosten zu tragen hat, wenn es keine Erben gibt.

So können Erben beispielsweise die Erbschaft ausschlagen, wenn sie diese nicht annehmen möchten. Dies empfiehlt sich immer, wenn das Erbe verschuldet ist. Über dieses Thema hatten wir bereits in unserem Beitrag vom 15.11.2017 berichtet.

Durch eine Ausschlagung – sofern sie rechtswirksam ist – entfällt die Erbenstellung. Dies führt dazu, dass denknotwendig der Ausschlagende auch keine Bestattungskosten übernehmen muss. Zum Tragen der Kosten verpflichtet ist dann derjenige, der stattdessen Erbe wird und die Erbschaft auch annimmt.

Wird die Erbschaft von allen potentiellen Erben ausgeschlagen, so bleibt kein Verpflichteter für die Beerdigungskosten mehr übrig. Eine Bestattung findet aber trotzdem statt, da durch die Bestattungsgesetze der Bundesländer eine Verpflichtung dazu besteht (in Bayern: Art. 1 BestG).

Getroffen werden von dieser Verpflichtung meist nahe Angehörige. Die Bestattungsgesetze benennen dazu stufenweise Verpflichtete, wobei näher Verwandte entferntere Angehörige immer ausschließen. Die Kosten setzen dann die Gemeinden gegen den jeweils nächsten Verwandten gegenüber fest. In Bayern ergibt sich dies aus § 15 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Bestattungsverordnung.

Dies kann zu dem äußerst unliebsamen Ergebnis führen, dass trotz Ausschlagung eine Verpflichtung zur Übernahme der Beerdigungskosten bleibt. Umgehen kann man dieses Ergebnis jedoch letztlich nicht.

3. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit

Da die Beerdigungskosten oft nicht unerheblich sind, kann auch das Problem bestehen, dass diese selbst schlichtweg nicht aufgebracht werden können. Gerade bei Empfängern von Sozialleistungen ist die Begleichung einer vierstelligen Rechnung für die Bestattung von Familienangehörigen meist nicht umsetzbar.

Für diese Fälle scheidet natürlich eine Kostentragung aus. Denn dann ergibt sich in der Regel eine Übernahmepflicht der Sozialämter, da ein Tragen der Kosten dem eigentlich verpflichteten Angehörigen nicht zugemutet werden kann (§ 74 SGB XII).

Dazu ist auch nicht erforderlich, dass keiner der nach den Bestattungsgesetzen Verpflichteten die Kosten übernehmen kann. Ist der vorrangig Verpflichtete (z.B. der Ehepartner) nicht dazu in der Lage, die Kosten zu übernehmen, kann dieser direkt Sozialhilfe hierfür beanspruchen. Es werden nicht die nachrangig verpflichteten Angehörigen (z.B. Kinder, Eltern, Geschwister etc.) als nächstes zur Kasse gebeten.

4. Fazit

Letztlich bleibt es also dabei, dass die nahen Verwandten die Kosten der Bestattung übernehmen müssen. Wie so oft, erzielt die Rechtslage für eine Vielzahl der Fälle auch eine faire Lösung. Denn wer Erbe wird (und dadurch ein Vermögen erhält), soll auch die damit verbundenen Nachteile und Kosten tragen.

Doch gerade bei zerrütteten Familienverhältnissen führt dies dazu, dass Kosten getragen werden müssen, obwohl gar kein Kontakt zum Verstorbenen bestand.

So kann die gesetzliche Lage dazu führen, dass man die Kosten der Beerdigung zu tragen hat, auch wenn man mit dem Erblasser im Streit stand. Existiert nämlich kein anderer Erbe, so bleibt man als naher Angehöriger verpflichtet. Immer wieder kommt es dadurch zu höchst unerwünschten Ergebnissen. Eine Übernahme durch die Staatskasse kommt jedoch nur bei eigener Vermögenslosigkeit in Betracht.

Sollten Sie Fragen zur Rechtslage der Beerdigungskosten oder zu anderweitigen erbrechtlichen Themen haben, helfen wir Ihnen gerne. Kontaktieren Sie uns hierzu am besten telefonisch oder per E-Mail und vereinbaren Sie einen Termin zur Beratung.


Facebook, Twitter & Co. – Leben nach dem Tod!?

Sind digitale Zugänge eigentlich vererblich?

Mehr als jeder zweite besitzt heutzutage mindestens einen Zugang zu sozialen Netzwerken. Ob als Plattform für Kommunikation, zum Upload von Meldungen und Bildern oder zum Teilen interessanter oder amüsanter Videos und Sprüchen: Facebook, Instagram, Twitter und sämtliche weiteren Anbieter stellen schon seit geraumer Zeit einen wesentlichen Bestandteil des sozialen Lebens dar.

Ein damit im Zusammenhang stehender, äußerst tragischer Vorfall warf eine rechtliche Frage auf, der sich der Bundesgerichtshof im Sommer 2018 stellen musste: Was passiert mit dem Account im Falle des Versterbens des Inhabers? Oder anders gefragt: Ist ein solcher Account eigentlich vererblich?

1. Der Fall

Geklagt hatte im Fall die Mutter eines jugendlichen Kindes, welches äußerst plötzlich und unerwartet durch einen tragischen Unfall verstorben ist. Die Tochter war bei einem sozialen Netzwerk – im Fall war dieses die Beklagte – registriert und unterhielt dort ein Benutzerkonto.

Nach dem Tod des Kindes versuchte die Klägerin, sich in das Benutzerkonto Ihrer Tochter einzuloggen. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil die Beklagte es inzwischen in den sog. „Gedenkzustand“ versetzt hatte, womit ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich ist. Die Inhalte des Kontos bleiben jedoch weiter bestehen und für Freunde und Bekannte sichtbar.

Aufgrund dessen klagte die Klägerin auf vollständigen Zugang zum Benutzerkonto.

2. Bisheriger Prozessverlauf

In erster Instanz obsiegte die Klägerin vor dem Landgericht Berlin. Das Kammergericht änderte jedoch das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin Revision ein und ließ die Sache vom Bundesgerichtshof entscheiden.

3. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof verkündete nun dessen Auffassung, dass die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Benutzerkonto uneingeschränkt vererblich sind und folglich auf die Erben übergehen. Insofern steht den Erben auch ein Anspruch auf Zugang zum Benutzerkonto mit sämtlichen darin enthaltenen Inhalten zu.

Die Entscheidung lautet genau:

„Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.“

Konkret bedeutet dies, dass im Falle des Todes den (gesetzlichen oder testamentarischen) Erben der volle Zugang zu den Benutzerkonten der sozialen Medien zusteht.

4. Zugang trotz Nutzungsbedingungen

Im Fall war eine Thematik, dass eine etwaige Regelung in den Nutzungsbedingungen des Netzwerkbetreibers dem entgegenstehen könnte.

Tatsächlich war dies aber nicht der Fall, da dort keine Regelung enthalten war, die die Frage betraf, ob das Konto als solches vererblich ist. Wie der Betreiber mit dem Konto nach dem Tod des Inhabers verfährt, war nur im Hilfebereich des Netzwerkes enthalten. Zwischen den Parteien war es nicht wirksam vereinbart. Außerdem hält der Bundesgerichtshof diese Beschreibungen für unwirksam und nicht mit dem Gesetz vereinbar.

Dadurch ist aber selbstverständlich nicht gesagt, dass nicht andere Nutzungsbedingungen von anderen Betreibern eine Regelung dazu enthalten. Insbesondere kann man damit rechnen, dass nun der ein oder andere Betreiber eine Vereinbarung für solche Fälle dort aufnehmen wird.

Wie eine solche Regelung aussehen müsste, damit sie als wirksam vereinbart gilt, ließ der Bundesgerichtshof aber bisher noch offen.

5. Zugang trotz Persönlichkeitsrecht

Bevor diese Angelegenheit vom Bundesgerichtshof entschieden wurde, diskutierten viele Seiten darüber, ob die Vererbung des Zugangs nicht gegen das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verstoßen würde. Denn dieses gilt allgemein auch über den Tod des Verstorbenen hinaus.

Hierzu äußerte sich der BGH nun aber, dass dies letztlich am Thema vorbei ginge. Denn für die Vererblichkeit kommt es alleine auf den Nutzungsvertrag zwischen Betreiber und Nutzer an. Dieser betrifft aber an sich keine personenbezogenen Daten. Solche Daten werden erst durch den Nutzer und seine Tätigkeit (z. B. Uploads, Kommentare) ins Spiel gebracht.

Die Leistungen, die der Betreiber einer solchen Plattform erbringt, sind rein technischer Natur.

Um dem Persönlichkeitsrecht Beachtung zu schenken, ist deshalb lediglich nachvollziehbar, die aktive Weiternutzung durch die Erben auszuschließen. Ein Zugang zu den bisherigen Online-Tätigkeiten steht dem aber nicht entgegen.

Vergleichbar ist ein solcher Zugang mit privaten Tagebüchern zu Hause. Dass das Eigentum hieran auf die Erben übergeht, ist in der Rechtsprechung längst anerkannt.

6. Zugang trotz Datenschutz

Auch die Datenschutzgrundverordnung steht aus Sicht des BGH dem Zugang der Erben zum Benutzerkonto nicht entgegen.

Das Problem liegt hier insbesondere darin, dass über das Portal auch mit Dritten kommuniziert wird. In Konversationen bzw. Postings können persönliche Daten der Kommunikationspartner enthalten sein. Der Kommunikationspartner kann bei Veröffentlichung zwar bestimmen, wer seine Mitteilungen sehen soll und darf. Auf die Weitergabe innerhalb eines Benutzerkontos hat dieser aber selbstverständlich keinen Einfluss.

Entscheidend ist zunächst, dass der jeweilige Kommunikationspartner vor seinem Tod sämtliche Daten freiwillig und bewusst an das Portal übermittelt, damit diese dort veröffentlicht werden.

Dies ist aber letztlich vergleichbar mit dem postalischen Versand von Dokumenten, da deren Weitergabe nach Versand auch letztlich nicht mehr kontrolliert werden kann.

Die Klägerin wünscht den Zugriff zur Klärung der Todesursachen des eigenen Kindes, insbesondere um Aufschluss auf etwaige Suizidgedanken erhalten zu können. Dieses Interesse ist von höherem Gewicht als etwaige Interessen von Kommunikationspartnern.

Immerhin ist es aufgrund der erbrechtlichen Regelungen auch nachvollziehbar, wie im Falle des Todes mit Dokumenten und Inhalten (egal ob analog oder digital) damit verfahren wird. Die Vererblichkeit des Benutzerkontos ist daher auch für Dritte erkennbar.

7. Beurteilung

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist tatsächlich im Kern nicht überraschend.

Wie mit dem zu greifenden Nachlass vor Ort verfahren werden muss, ist bereits seit geraumer Zeit eindeutig geklärt. Eine Differenzierung zwischen digitalem und analogem Nachlass wäre hier nicht nur unpraktikabel, sondern auch an sich nicht mit dem gesetzlichen Wortlaut vereinbar. Die voranschreitende Digitalisierung kann man nur dadurch entsprechend würdigen, dass auch allgemein geltende rechtliche Grundsätze in vergleichbarer Form hierauf Anwendung finden.

Auch ist überzeugend, dass es bei der Frage nach der Vererblichkeit eines Benutzerkontos letztlich um einen Nutzungsvertrag geht, der ebenso wie jedes andere Vertragsverhältnis der jeweiligen Erbfolge unterliegt.

Ob hier Datenschutz verletzt ist, mag sicherlich in jedem Einzelfall anders zu beurteilen sein. Hier könnte die Zukunft also noch weitere Entscheidungen ähnlich gelagerter Fälle bringen.

Insbesondere darf man gespannt sein, wie die Anbieter digitaler Dienste auf diese Entscheidung reagieren werden. Denn die Prüfung, wann und ob ein Account für Erben freigegeben werden darf bzw. muss, ist sicherlich mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Außerdem ist nicht jede Änderung der Nutzungsbedingungen so ohne weiteres möglich bzw. zulässig.

Den Volltext der Entscheidung können Sie unter folgendem Link nachlesen.

Falls Sie Fragen zu dieser Entscheidung haben oder zur Vererblichkeit anderweitigen digitalen oder analogen Nachlassen, stehen wir gerne für Rückfragen zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns hierfür ganz einfach telefonisch oder per Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen gerne.


Der Erbschein – Wann und Warum?

Vielen ist er ein Begriff und doch weiß keiner, in welchen Situationen und wieso man ihn braucht: den Erbschein. Bei nahezu jedem Todesfall taucht im Rahmen einer etwaigen Erbauseinandersetzung dieses Wort auf. Wir wollen das Konstrukt näher beleuchten und vor allem klarstellen, wann sich die Investition tatsächlich lohnt und wann man getrost darauf verzichten kann.

1. Begriff

Der Erbschein ist ein Zeugnis des Nachlassgerichts, das besagt, wer Erbe ist und ob dieser irgendwelchen Beschränkungen hinsichtlich seiner Verfügungsmacht über die Erbmasse unterliegt (§ 2353 BGB). Darin enthalten sind die folgenden Angaben:

  • Person des Erblassers (inklusive Todestag und letztem Wohnsitz)
  • Person des Erben
  • Umfang des Erbrechts (sog. Erbquote)
  • Etwaige Nacherbschaft
  • Etwaige Testamentsvollstreckung

Darüber, welche Erbmasse besteht oder gar über den Wert derselben trifft der Erbschein aber grundsätzlich keine Aussage.

2. Arten

Es gibt verschiedene Arten des Erbscheins.

Da wäre zunächst der Alleinerbschein, welcher bereits dem Namen nach nur ausgestellt wird, wenn es einen einzigen testamentarischen oder gesetzlichen Alleinerben gibt.

Ein gemeinschaftlicher Erbschein kommt in Betracht, wenn es mehrere Personen gibt, die einen Erblasser beerbt haben und ihnen deshalb das Erbe gemeinschaftlich zusteht. Darin werden alle Miterben entsprechend ihrer Erbquote als Erben benannt. Dabei ist nicht relevant, ob einer der Miterben oder alle gemeinsam den Antrag auf Erlass eines Erbscheins stellen.

Einen Teilerbschein erhalten einzelnen Miterben, wenn diese einen Nachweis über ihr anteiliges Erbrecht haben möchten. Dies kann vor allem bedeutsam sein, wenn nicht alle Miterben feststellbar sind, die restlichen Miterben aber eine Bescheinigung über ihr Erbrecht möchten bzw. brauchen.

Selbstverständlich gibt es als Kombination auch den gemeinschaftlichen Teilerbschein, welcher dann erforderlich wird, wenn beispielsweise zwei von drei Miterben einen gemeinschaftlichen Erbschein erhalten möchten, der dritte Miterbe aber nicht feststellbar ist.

3. Verfahren

Ein Erbschein wird generell nur auf Antrag hin erteilt.

Ein solcher Antrag ist beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht erforderlich. Sachlich zuständig ist jeweils das Amtsgericht als Nachlassgericht, örtlich zuständig ist meist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

An eine bestimmte Form ist der Antrag auf Erlass eines Erbscheins nicht gebunden. Dies ist insbesondere auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts möglich (§ 23 FamFG). Inhaltlich muss der Antrag enthalten:

  • Namen und Todestag des Erblassers
  • Person des/der Erben
  • Erbteile
  • Etwaige Beschränkungen (Vor-/Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung)
  • Angabe, ob die Erbenstellung aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge besteht.

Sämtliche Angaben des Erben muss dieser auch mit entsprechenden Erklärungen bzw. Nachweisen belegen. Soweit es Urkunden gibt, die ihn zum Erben ernennen, so hat er diese vorzulegen sowie die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern (§ 352 Abs. 3 S. 2 FamFG).

Berechtigt zur Antragstellung sind stets nur der/die Erben.

Nach Antragstellung und Vorlage sämtlicher entscheidungserheblicher Dokumente ermittelt das Nachlassgericht von Amts wegen den Sachverhalt (§ 26 FamFG) und entscheidet sodann über den Antrag. Bei fehlenden Unterlagen ergeht eine Zwischenverfügung des Nachlassgerichts. Anderenfalls ergeht ein Beschluss, der entweder regelmäßig bereits die Entscheidung wie im Erbschein enthält (Feststellungsbeschluss gemäß § 352e Abs. 1 FamFG) oder der möglicherweise auch den Antrag auf Erlass des Erbscheins zurückweist.

Im Falle des Feststellungsbeschlusses erteilt sodann das Nachlassgericht den beantragten Erbschein.

Die Kosten eines Erbscheinsverfahrens bestimmen sich nach dem Wert des Nachlasses. Je höher der Wert des Nachlasses, desto höher sind die Gerichtskosten für die Erteilung.

4. Wirkung

Wird ein Erbschein ausgestellt, so kommt diesem gemäß § 2365 BGB eine sogenannte Vermutungswirkung zu. Dies bedeutet, dass vermutet wird, dass demjenigen, der im Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das im Erbschein angegebene Recht auch tatsächlich zusteht und dass er nicht durch andere als im Erbschein angegebene Anordnungen in seiner Verfügungsmacht beschränkt ist.

Außerdem entfaltet der Erbschein eine Richtigkeitsfiktion (§ 2366 BGB). Das heißt, dass man grundsätzlich vermutet, dass die Angaben in einem erteilten Erbschein Ihre Richtigkeit haben. Erwirbt also jemand einen Erbgegenstand von einem Erben, der laut Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, so gilt zu Gunsten des Erwerbers der Inhalt des Erbscheins als richtig. Auch wenn also der Erbe laut Erbschein gar nicht Erbe wäre (und der Erbschein somit falsch wäre), wäre das Geschäft zwischen Erbe und Erwerber trotzdem wirksam. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Erwerber den Erbschein kennt. Diese Wirkung tritt ab Erteilung des Erbscheins quasi allgegenwärtig ein.

Die Richtigkeitsfiktion entfällt nur, wenn zeitlich mehrere sich widersprechende Erbscheine im Umlauf sind.

5. Fehlerhafter Erbschein

Zeigt sich nach Erteilung eines Erbscheins, dass die darin enthaltenen Feststellungen falsch sind, so bestehen verschiedene Möglichkeiten.

Zum einen kann ein falscher Erbschein eingezogen werden (§ 2361 BGB). Dies geht nur, wenn ein Erbschein erteilt und ausgehändigt wurde und sich nach Aushändigung dessen Fehlerhaftigkeit herausstellt. Die Einziehung erfolgt von Amts wegen, das heißt ohne entsprechenden Antrag durch das Gericht selbst; ein Antrag kann aber als Anregung an das Gericht sinnvoll sein, um dies überhaupt hierüber in Kenntnis zu setzen und so das Verfahren zu beschleunigen.

Zum anderen kann das Nachlassgericht einen fehlerhaften Erbschein für kraftlos erklären. Dies erscheint immer dann sinnvoll, wenn man den Erbschein nicht sofort zur Einziehung erlangen kann.

6. Erforderlichkeit des Erbscheins

Weit verbreitet ist die Ansicht, dass stets nach Eintritt eines Erbfalls ein Erbschein benötigt wird, um die Erbenstellung auszuweisen. Dem ist jedoch nicht so.

Unterschieden werden muss dabei, bei welcher Stelle ein Erbrecht nachgewiesen und somit möglicherweise ein Erbschein vorgelegt werden soll.

a) Vorlage beim Grundbuchamt

Geht es um einen Erbnachweis gegenüber dem Grundbuchamt, so hilft § 35 GBO weiter. Danach wird grundsätzlich ein Erbschein gefordert. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag), die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt anstelle des Erbscheins auch die Vorlage der Verfügung sowie die Niederschrift des Amtsgerichts über die Eröffnung der Verfügung.

Testament

b) Vorlage bei Banken

Zur Vorlage bei Banken ist die tatsächliche Rechtslage sogar noch deutlicher. Bis vor einigen Jahren (und teils noch heute) forderten Banken bei Eintritt eines Erbfalls ausnahmslos die Vorlage eines entsprechenden Erbscheins. Dabei stützten sie sich zumeist auf Regelungen in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach es in deren Ermessen gestellt sei, die Verfügung von Erben über Nachlasskonten von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.

Dem nahm jedoch der Bundesgerichtshof bereits vor einigen Jahren den Wind aus den Segeln und stellte klar, dass derartige Klauseln unwirksam seien. Dies wurde zu Recht damit begründet, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung eines Erbscheins besteht und dies zudem einige Zeit in Anspruch nehmen kann, in welcher den Erben der Zugriff auf die Nachlasskonten verwehrt bleibt (BGH, Urteil vom 08.10.2013, Az.: XI ZR 401/12). Im Nachgang wurden sogar Banken zur Erstattung der unnötig entstandenen Kosten für die Erteilung eines Erbscheins verpflichtet (BGH, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15).

Voraussetzung dafür ist, dass das Erbrecht unproblematisch nachgewiesen werden kann. Im vorbenannten Fall des BGH ging es um ein handschriftliches Ehegattentestament, ein sog. Berliner Testament. Solange sich also keine konkreten und begründeten Zweifel an der Richtigkeit eines Testaments ergeben, muss mittlerweile auch zur Vorlage bei Banken ein handschriftliches Testament zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügen.

7. Fazit

Ein Erbschein ist ein Dokument, das die Erbenstellung sowie die konkrete Berechtigung des Erben ausweist. Bei Eintritt eines Erbfalls wird die Vorlage eines Erbscheins an vielen Stellen verlangt. Der Aufwand zur Erlangung eines Erbscheins ist meist überschaubar; die Beantragung und Erteilung ist jedoch mit Kosten verbunden, die gerade bei größerer Erbmasse nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen können. Dabei ist es sinnvoll zu prüfen, ob ein Erbschein im jeweiligen Fall überhaupt nötig ist.

Sollten Sie Hilfe bei der Prüfung der Erforderlichkeit eines Erbscheins benötigen oder möchten Sie einen entsprechenden Antrag beim Nachlassgericht stellen und wünschen sich dabei rechtliche Unterstützung, so stehen wir hierfür jederzeit gerne kompetent zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns hierfür am besten telefonisch oder per E-Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Sie.


Grundzüge des Erbrechts Teil IV: Das Berliner Testament

Die gängigste Variante des gemeinschaftlichen Testaments

In unseren bisherigen Beiträgen haben wir erläutert, wie es um die gesetzliche Erbfolge bestimmt ist, wie man durch Testament hiervon abweichen kann und wann ein Pflichtteilsrecht besteht. Ein Testament kann jedoch auf verschiedene Arten ausgestaltet sein. Eine weit verbreitete Möglichkeit ist das sogenannte „Berliner Testament“. Was es damit auf sich hat und woran man dabei denken sollte, wollen wir heute näher erklären.

1. Grundsätzliches

Wie bereits in Teil II unserer Reihe erörtert, kann man durch Errichtung eines Testaments von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Dabei kann jede natürliche Person selbstständig über ihr Hab und Gut verfügen und ein eigenständiges Testament errichten.

Verheiratete Paare wollen jedoch häufig eine gemeinsame Regelung treffen bzw. zusammen entscheiden, wie sie zu welchem Zeitpunkt mit dem gesamten Vermögen umgehen wollen.

Für solche Fälle können Ehepartner gemäß § 2265 BGB ein gemeinschaftliches Testament erstellen.

Berliner Testament

2. Das „Berliner Testament“

Das „Berliner Testament“ ist dabei die meist verbreitete Ausformulierung.

Davon spricht man in Fällen, in denen Eheleute oder Lebenspartner sich gegenseitig zu Erben einsetzen, sodass nach dem Tod des ersten Partners der Ehegatte entsprechend abgesichert ist. Gleichzeitig bestimmen die Eheleute, dass sie nach dem Tod des Letztversterbenden die gemeinsamen Kinder entsprechend begünstigen.

Letztendlich entscheiden sich also beide Ehegatten dafür, dass eine bestimmte Erbfolge eintreten soll. Da nicht klar ist, welcher der beiden Eheleute zuerst verstirbt, sollten man hier hinsichtlich der Formulierungen immer alle Eventualitäten bedenken. Immerhin regeln die Ehepartner durch ein gemeinschaftliches Testament nicht nur einen Erbfall, sondern es wird letztendlich für zwei Erbfälle verfügt. Der Zeitraum bis zum Tod des Letztversterbenden kann daher auch recht lang sein und dadurch weitere Todesfälle oder auch Neugeburten von potentiellen Erben beinhalten.

3. Bindungswirkung

Oft geht es Ehepartnern so, dass die Verfügung in Form eines Berliner Testaments nur vorgenommen wird, weil der Ehegatte dies ebenso tut. Man will den Partner also üblicherweise nur zum Erben einsetzen (und zeitgleich die Kinder hintan stellen), weil dieser im Falle des Erstversterbens des Partners die eigene Person ebenso begünstigt.

Deshalb entfaltet ein Berliner Testament bzw. ein gemeinschaftliches Testament oft eine besondere Bindungswirkung. Während man ein alleiniges Testament jederzeit widerrufen bzw. durch ein neueres Testament abändern kann, muss bei gemeinschaftlichen Testamenten stets geprüft werden, ob darin befindliche Verfügungen wechselbezüglich sind. Dies ist der Fall, wenn man davon ausgeht, dass eine darin getätigte Erklärung nur abgegeben wurde, weil eine andere Erklärung des Partners darin enthalten ist.

Auf diesem Weg möchte man vermeiden, dass nach dem Tod des Erstversterbenden der Ehepartner von seinen Verfügungen Abstand nimmt. Sonst wäre es für diesen möglich, nach Erhalt des Erbes von seinem Partner neu zu verfügen und nicht mehr die Personen zu begünstigen, die der Verstorbene eingesetzt hat.

Gerade nach dessen Tod hat dieser jedoch logischerweise keinen Einfluss mehr darauf. Insofern soll durch die fehlenden Widerrufsmöglichkeiten der Wille des bereits verstorbenen Ehegatten besondere Beachtung finden.

Auch aufgrund dieser Bindungswirkung ist es umso wichtiger, für jeden erdenklichen Fall vorzusorgen und entsprechende Formulierungen zu verwenden, die später eine eindeutige Auslegung für den Erbfall ermöglichen.

4. Einheits- und Trennungslösung

Nun ist es aber nicht so, dass ein Berliner Testament stets exakt die gleiche Erbfolge mit sich bringt und damit die Formulierungen konkret vorgegeben sind. Stattdessen gibt es zwei verschiedene Varianten, genannt die Einheitslösung und die Trennungslösung.

a) Einheitslösung

Nach der Einheitslösung setzt jeder seinen Ehepartner zum Vollerben ein. Dieser erhält also im Zeitpunkt des Todes seines Partners dessen gesamtes Vermögen ohne jegliche Einschränkungen.

Die gemeinsamen Kinder beerben erst den Letztversterbenden der beiden Ehegatten. Im Zeitpunkt des Todes des Erstversterbenden erhalten sie also noch keinen Anteil an dessen Vermögen.

Dies hat unweigerliche Auswirkungen, welche man bedenken sollte:

Zum einen wandert das Vermögen des Erblassers automatisch in das Vermögen des überlebenden Ehegatten. Dieser kann damit ab dem Zeitpunkt des Todes frei darüber verfügen, bis zu seinem eigenen Tod. Das Vermögen des Erblassers und das Vermögen des überlebenden Ehegatten verschmelzen also zu einer Einheit (daher Einheitslösung). Die Kinder werden erst durch den Tod des zweiten Ehegatten begünstigt. Dadurch kann es dazu kommen, dass das Vermögen zur Zeit des ersten Erbfalls größer ist als zum Zeitpunkt des späteren zweiten Erbfalls und insofern die Kinder insgesamt finanziell schlechter gestellt werden. Dafür erhält der Ehegatte (meist eher im höheren Alter) die entsprechende finanzielle Absicherung.

Zum anderen ist logische Folge dieser Regelung, dass die Kinder letztlich im ersten Erbfall enterbt sind (diese berücksichtigt man ja erst beim zweiten Erbfall). Dadurch steht ihnen automatisch nach dem Tod des ersten Ehegatten ein Pflichtteilsrecht zu. Dieses können sie geltend machen, müssen dies aber nicht.

b) Trennungslösung

Alternativ kann man jedoch auch, gerade um diese Auswirkungen zu vermeiden, die Trennungslösung wählen.

Dabei setzen sich nämlich die Eheleute lediglich zu Vorerben und die gemeinsamen Kinder zu Nacherben ein. Dies bedeutet, dass das Vermögen des Erstversterbenden zwar auf den Ehepartner übergeht, aber nicht mit dessen Vermögen verschmilzt. Stattdessen bleiben die beiden Vermögen in dessen Person getrennt und dadurch nachvollziehbar, welcher Anteil dem überlebenden Ehepartner vollumfänglich und welcher Anteil diesem nur vorerbenberechtigt gehört.

Der Unterschied besteht darin, dass der überlebende Partner als Vorerbe nicht völlig unbeschränkt über das Vermögen verfügen darf. Stattdessen unterliegt er gewissen Verfügungsbeschränkungen (§§ 21132115 BGB). So darf er beispielsweise über Grundstückswerte nicht uneingeschränkt verfügen (§ 2113 Abs. 1 BGB) oder zum Nachteil der Nacherben Erbschaftsgegenstände verschenken (§ 2113 Abs. 2 BGB).

Dadurch werden die Kinder zunächst nicht enterbt, da sie ja Nacherben geworden sind, sodass dies die Geltendmachung eines Pflichtteilsrechts abwendet.

Außerdem stellt diese Variante sicher, dass der Nachlass möglichst ungeschmälert an die Kinder übergeht.

Allerdings unterliegt dadurch der überlebende Ehegatte erheblichen Einschränkungen und ist bei gewichtigen Geschäften oft an die Zustimmung der Kinder als Nacherben gebunden.

Um dies zu vermeiden, müssen die Eheleute im Testament anordnen, dass der Überlebende von den Beschränkungen befreit sein soll (§§ 2136 f. BGB). Dadurch kann zumindest die Verfügungsmacht des Vorerben gesteigert werden. Eine vollständige Befreiung ist hingegen nicht möglich (das Verbot der Schenkungen gem. § 2113 Abs. 2 BGB bleibt).

c) Entscheidung

Grundsätzlich muss bei Vorliegen eines Berliner Testaments entschieden werden, welche der beiden Varianten die Eheleute gewählt haben.

Soweit diese im Testament nicht ausdrücklich eine Methode benannt haben, ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Lösung die Ehepartner angestrebt haben. Bereits die Benutzung einzelner Wörter (z.B. „Ehepartner als Alleinerbe“) können hier eindeutige Hinweise geben.

Sollte abschließend eine klare Auslegung nicht möglich sein, spricht § 2269 Abs. 1 BGB für die Vermutung der Einheitslösung.

Möchte man also hiervor abweichen, sollte die Trennungslösung im Testament eindeutig erkennbar sein.

5. Fazit

Es gibt viele Gründe, für Eheleute ein gemeinschaftliches Testament, insbesondere ein Berliner Testament zu errichten. Dabei gibt es jedoch viele Besonderheiten, an die man denken sollte. Die zwei Varianten, die Einheits- und Trennungslösung, bieten ihre jeweiligen Vor- und Nachteile, sodass man am individuellen Erbfall evaluieren sollte, welche Lösung den Interessen der Eheleute am nächsten kommt. Um entsprechend vorzusorgen und nicht letztendlich eine ungewollte Auslegung zu erreichen, sollte der jeweiligen Formulierung besondere Beachtung geschenkt werden. Dafür empfiehlt sich stets eine Erstellung oder Prüfung des Berliner Testaments durch einen Rechtsanwalt. Gerne stehen wir Ihnen dafür als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns dazu am besten telefonisch oder per E-Mail. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.


Grundzüge des Erbrechts Teil III: Das Pflichtteilsrecht

Was ist eigentlich die Hälfte!?

In den bisherigen Beiträgen haben wir bereits über die gesetzliche Erbfolge sowie die Grundlagen des Testaments informiert. Recht weitläufig bekannt ist, dass es darüber hinaus ein sogenanntes Pflichtteilsrecht gibt. Doch wann erhält man solche Ansprüche? Wie groß sind sie? Und vor allem, wonach berechnet sich die Höhe?

1. Pflichtteilsberechtigung

a) Sachliche Berechtigung

Um überhaupt in den Genuss eines Pflichtteilsanspruchs zu gelangen, ist erforderlich, dass die betroffene Person von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Dies kann durch Testament oder Erbvertrag (Verfügung von Todes wegen) geschehen, § 2303 Abs. 1 BGB.

Der  Erblasser muss also zunächst die betroffene Person schlechter gestellt und finanziell benachteiligt haben. Erst dies rechtfertigt die Berechtigung, aufgrund des Näheverhältnisses zum Erblasser doch nicht gänzlich außen vor gelassen werden zu können.

b) Persönliche Berechtigung

Nicht jede dem Verstorbenen nahe stehende Person ist direkt pflichtteilsberechtigt. Stattdessen ist der Kreis der Begünstigten nach den gesetzlichen Regelungen gemäß § 2303 BGB sehr klein. Berechtigt sind nämlich immer nur die eigenen Abkömmlinge (Kinder, Kindeskinder usw.), der Ehegatte oder gleichgeschlechtliche Lebenspartner sowie die Eltern des Erblassers.

Vorrangig berechtigt sind stets Abkömmlinge und Ehegatten bzw. gleichgeschlechtliche Lebenspartner gegenüber den Eltern (§ 2309 BGB); dies ist entsprechend den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge geregelt.

Bestand zur Zeit des Erbfalles keine rechtsgültige Ehe (z.B. bei bloßen nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften oder nach geschiedener Ehe), so bleibt die entsprechende Person im Rahmen der Pflichtteilsbegünstigung vollkommen unberücksichtigt.

Viele Besonderheiten können sich unter Umständen  in Fällen von unehelichen Kindern oder Adoption ergeben, sodass hier alle speziellen Regelungen bedacht werden sollten.

2. Ausschluss des Pflichtteilsrechts

Liegt eine Pflichtteilsberechtigung vor, so gibt es aber einige Situationen, in welchen diese Berechtigung ausgeschlossen werden kann.

So gibt es beispielsweise Gründe, welche zu einer Pflichtteilsunwürdigkeit des Berechtigten führen (§ 2339 BGB). Dies betrifft aber meist nur Extremsituationen (z.B. wer durch Täuschung oder Drohung den Erblasser dazu bringt oder daran hindert, ein Testament zu errichten, zu ändern oder zu vernichten; oder auch, wer versucht, den Erblasser zu töten) und hat daher geringere Praxisrelevanz.

Daneben kann ein Erblasser ein Pflichtteilsrecht durch Testament entziehen, wenn ein entsprechender Grund hierfür vorliegt (§ 2333 ff. BGB). Dies ist beispielsweise möglich:

  • im Falle eines Verbrechens gegenüber dem Erblasser oder einer ihm nahe stehenden Personen,
  • bei böswilligem Verstoß gegen gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser,
  • bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr ohne Bewährung (dadurch Unzumutbarkeit für den Erblasser).

Darüber hinaus kann auf ein Pflichtteilsrecht auch freiwillig verzichtet werden, wodurch die Berechtigung entfiele. Damit ein solcher Verzicht wirksam ist, muss dieser jedoch notariell beurkundet werden; eine eigens verfasste Verzichtserklärung entfaltet also wegen Formmangels keine Wirksamkeit.

Schließlich kann auch eine Ausschlagung der Erbschaft durch den potentiellen Erben zum Verlust des Pflichtteilsanspruches führen. Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz bildet jedoch § 2306 Abs. 1, 2307 BGB, wonach bei testamentarischer Erbeinsetzung trotz Ausschlagung der Pflichtteil bestehen bleibt (weitere Ausnahme: § 1371 Abs. 3 BGB).

3. Quote

Der Pflichtteil besteht grundsätzlich in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Dies bedeutet, dass für die konkrete Berechnung eines Pflichtteils immer zunächst ermittelt werden muss, wer in welchem Ausmaß nach der gesetzlichen Erbfolge berufen wäre. Dabei werden alle Personen mitgezählt, welche gesetzliche Erben gewesen wären, auch wenn diese durch Enterbung, Unwürdigkeit oder Ausschlagung weggefallen sind (§ 2310 S. 1 BGB). Deren Wegfall kommt letzen Endes nur dem Erben (nicht den übrigen Pflichtteilsberechtigten) zu Gute.

Lediglich Berechtigte, die notariell auf ihr Pflichtteilsrecht verzichtet haben, bleiben hier bereits außer Betracht.

Pflichtteilsrecht

Berechnungsgrundlage für den Pflichtteil ist der Nachlasswert, also der Wert des Vermögens des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes. Hier ist also ein Nachlassbestand zu ermitteln, welcher das gesamte Aktivvermögen auflistet und davon etwaige Schulden des Erblassers – Schulden des Erblassers vor seinem Tod (Erblasserschulden) sowie Kosten des Erbfalls selbst (Erbfallschulden) – abzieht.

Richtiger Ansprechpartner für die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs ist stets der Erbe.

Dabei sollte man bedenken, dass grundsätzlich ein Pflichtteilsanspruch niemals dazu berechtigt, bestimmte Gegenstände aus der Erbmasse zu erhalten. Stattdessen stellt dieser stets nur einen geldwerten Zahlungsanspruch dar.

Die Herausgabe bestimmter Gegenstände erfolgt im Einzelfall nur, wenn sich Berechtigter und Erbe hierüber einig sind.

4. Pflichtteilsergänzung

Oftmals kommt es vor, dass Erblasser in den Jahren vor Ihrem Tod noch wertvolle Gegenstände oder auch Immobilien schenkweise auf Angehörige übertragen und dadurch der Nachlasswert geschmählert wird. Dies kann den Hintergrund haben, um (vermeintlich) Erbschaftsteuer zu umgehen, oder auch, um die Berechnungsgrundlage für Pflichtteilsrechte zu verringern.

Ist dies innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall passiert, so gibt es zudem einen sogenannten Pflichteilsergänzungsanspruch, welcher einen Ausgleich dafür schaffen soll, dass der Pflichteil berechnet am geringeren Nachlass ebenso geringer ausfällt (§ 2325 BGB)

Zu diesem Zweck werden zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs Schenkungen anteilig ihrem Wert nach zum Nachlasswert hinzugerechnet. Dabei ist jedoch nicht immer der Gesamtwert der Schenkung zu addieren. Stattdessen sinkt der Berücksichtigungsfaktor nach einer Schenkung jährlich um zehn Prozent. Im ersten Jahr nach einer Schenkung ist diese vollumfänglich anzusetzen, im zweiten Jahr nur mehr mit 90 Prozent, im dritten Jahr mit 80 Prozent usw. Nach zehn Jahren ist folglich eine Schenkung vollständig abgeschrieben und bliebe zukünftig unberücksichtigt. Für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch bleibt dann kein Raum mehr.

Anhand dieser Rechnung kann ein höherer fiktiver Pflichtteilsanspruch ermittelt werden.

Neben dem tatsächlichen Pflichtteilsanspruch kann der Differenzbetrag zum höheren fiktiven Betrag somit als Pflichteilsergänzung ebenfalls verlangt werden.

Schuldner dieser Forderung ist ebenso wie beim restlichen Pflichtteilsanspruch der Erbe.

5. Fazit

Ist man als naher Angehöriger von der Erbfolge ausgeschlossen, besteht häufig ein Pflichtteilsanspruch, wodurch doch eine Beteiligung an der Erbmasse stattfindet. Nicht jeder Angehörige ist pflichteilsberechtigt, stattdessen ist der Kreis der persönlich Berechtigten recht klein. Neben dem Pflichtteilsrecht gibt es bei Schenkungen vor dem Todesfall darüber hinaus Ergänzungsansprüche.

Die Berechnung der Ansprüche gestaltet sich oftmals schwieriger als zunächst angenommen. Zu diesem Zweck ist es stets ratsam, hierzu einen Fachmann aufzusuchen, um sich nicht seiner (häufig sehr hohen) finanziellen Möglichkeiten zu beschneiden. Gerne überprüfen wir Ihren Sachverhalt genauer, um das bestmögliche Ziel für Sie zu erreichen. Nehmen Sie zu diesem Zweck am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt zu uns auf.


Grundzüge des Erbrechts – Teil II: Das Testament

Besser doch sagen, was man will!?

In unserem letzten Beitrag haben wir erklärt, welche Erbfolge das Gesetz vorsieht in Fällen, in denen ein Erblasser nicht über sein Vermögen verfügt hat. Doch das Gesetz kann kein Patentrezept für jeden Fall geben; jeder Erbfall ist anders und sollte bestmöglich gehandhabt werden. Aus diesem Grund kann man durch Testament selbst erklären, wie die Erbfolge stattdessen aussehen soll.

1. Grundsituation

Wie bereits erläutert, greift die gesetzliche Erbfolge immer dann, wenn der Erblasser nicht selbst bestimmt hat, wie nach seinem Tod mit seinem Hab und Gut umgegangen werden soll. Dies kann er durch Testament oder Erbvertrag tun. Ein Testament ist dabei eine einseitige Erklärung, was nach dem Tod der Person mit seinem Eigentum geschehen soll (Ausnahme: Gemeinschaftliches Testament). Ein Erbvertrag ist eine zweiseitige Verfügung, wobei man die Begünstigung einer Person von einer bestimmten Gegenleistung abhängig macht (z.B. zwei Personen setzen sich gegenseitig ein, Einsetzung wird an die Pflege bis zum Tod geknüpft etc.).

Grundsätzlich kann also jeder Mensch selbst darüber verfügen, was mit seinem Eigentum nach seinem Tod geschehen soll (sog. Testierfreiheit).

2. Voraussetzungen

Entschließt sich nun eine Person, für den Fall seines Todes vorzusorgen und ein Testament zu verfassen, so muss man daran denken, dass es bestimmte Voraussetzungen gibt, damit ein Testament später als wirksam angesehen wird.

a) Testierfähigkeit

Zum einen muss derjenige testierfähig sein.

Testierunfähig kann ein Mensch sein, wenn er wegen einer geistigen Störung oder Schwäche nicht verstehen kann, was durch ein Testament erklärt wird, oder wenn er noch nicht volljährig ist. Ein Kind zwischen 0 und 16 Jahren ist testierunfähig, zwischen 16 und 18 Jahren ist dieses eingeschränkt testierfähig.

Da im jungen Alter meist noch nicht an die Errichtung eines Testamentes gedacht wird, spielt die Altersgrenze in der Regel eine eher unbedeutende Rolle. War jedoch ein Erblasser zur Zeit der Errichtung eines Testamentes beispielsweise bereits an Demenz erkrankt oder wegen seines hohen Alters in seinen geistigen Fähigkeiten eingeschränkt, so können sich dadurch Zweifel an seiner Testierfähigkeit ergeben.

b) Form

Außerdem ist bei der Errichtung eines Testamentes eine bestimmte Form zu wahren.

Dieses bedarf nämlich grundsätzlich der höchstpersönlichen Errichtung. Dabei kann sich ein Erblasser also nicht durch Vollmacht von einer anderen Person vertreten lassen und es ausfertigen lassen.

Mögliche Formen des Testamentes sind:

Die leichteste und günstigste Variante für einen Erblasser stellt das eigenhändige Testament dar, weshalb sich unsere weiteren Ausführungen auch hierauf beziehen sollen.

Dieses muss eigenhändig in vollständiger Form geschrieben und unterschrieben sein. Ein per Computer gefertigtes Dokument reicht also nicht aus. Am Ende des Dokumentes sollte sich als Abschluss der Erklärung die Unterschrift befindeTestamentn.

Aus dem Dokument muss sich zudem ergeben, dass der darin befindliche Inhalt dem Willen des Erblassers entspricht, wie mit seinem Eigentum umgegangen werden soll (sog. Testierwille).

Auch ist es ratsam, Ort und Datum der Fertigung des Testamentes hinzuzufügen. Damit kann ein Außenstehender später problemlos nachvollziehen, welches von evtl. mehreren geschriebenen Testamenten das aktuellste und deshalb wirksam ist.

Bei einem eigenhändigen Testament empfiehlt sich in manchen Fällen die Verwahrung beim ansässigen Amtsgericht, um zu vermeiden, dass dieses später unentdeckt bleibt. Die Kosten hierfür halten sich im überschaubaren Rahmen und liegen in der Regel bei ca. 75,- Euro.

3. Möglicher Inhalt

Hinsichtlich des Inhaltes eines Testamentes gibt es unzählige Möglichkeiten. Dem Erblasser sind hierbei kaum Grenzen gesetzt.

So kann er nicht nur Personen darin begünstigen, sondern auch bestimmte Personen enterben, um zu vermeiden, dass diese nach der gesetzlichen Erbfolge Erben werden. Den gesetzlichen Pflichtteil kann er jedoch nicht ausschließen, dieser bleibt also bestehen (Ausnahme: Pflichtteilsunwürdigkeit).

Der Personenkreis ist auch vollkommen unbeschränkt, sodass er jede existierende Person oder beispielsweise auch gemeinnützige Vereine begünstigen kann.

Er kann darüber hinaus Vermächtnisse bestimmen, also spezifische Gegenstände zuweisen, ohne dass die jeweilige Person am restlichen Erbe beteiligt wird, oder Auflagen erteilen, also die Begünstigung an die Erledigung bestimmter Dinge knüpfen.

Er kann bestimmen, wie und in welchem Verhältnis sein Eigentum verteilt werden soll. Auch kann er einen Ersatzerben bestimmen, falls der eigentliche Erbe die Erbschaft nicht antreten kann oder will. Außerdem kann er Vor- und Nacherben einsetzen; dies bedeutet, dass zunächst eine Person erben soll, nach dessen Versterben aber die Gegenstände weitergereicht werden sollen (meist ist der Vorerbe auch in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt).

Um sicherzugehen, dass sein Testament auch so umgesetzt wird wie gewünscht, oder auch um minderjährige Begünstigte zu unterstützen, kann er einen Testamentsvollstrecker einsetzen.

4. Auslegung

Da es unzählige Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Errichtung eines Testamentes gibt, resultieren daraus oft Probleme nach Eintritt des Erbfalles (Tod des Erblassers).

Entscheidend ist immer, was der Erblasser mit seiner Aussage erreichen wollte und die Umsetzung des damaligen Testierwillens. Der Wille des Erblassers muss in irgendeiner Form im Testament angedeutet sein, damit dieser später umgesetzt werden kann und muss.

Hier ist es jedoch oft eine Frage der Auslegung, wie welche Formulierung verstanden werden soll. Gerade deshalb entsteht in manchen Fällen Streit darüber, was der Erblasser wirklich gewollt hätte; leider kann man diesen ja nun nicht mehr fragen.

Aus diesem Grund empfiehlt es sich häufig, bei Errichtung des Testamentes die konkreten Verfügungen zu überdenken, auch abwegige Fragestellungen in die Überlegungen mit aufzunehmen und zur Vermeidung von Missverständnissen auf eine eindeutige Formulierung besonders zu achten. Da es meist um größere Vermögenswerte geht (z.B. Grundbesitz), ist es darüber hinaus ratsam, einen gefertigten Testamentsentwurf von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin prüfen zu lassen. Die Kosten hierfür halten sich meist durchaus in Grenzen.

5. Fazit

In den seltensten Fällen ist die gesetzliche Erbfolge wirklich die bestmögliche Variante, um sein Hab und Gut weiterzugeben. Aus diesem Grund kann und sollte man stets selbst entscheiden, wer welche Vermögensgegenstände erhalten soll. Die Facetten der Testamentsgestaltung sind äußerst vielschichtig und bieten beinahe unbegrenzte Möglichkeiten. Dabei sollte jedoch besonders auf die formellen Voraussetzungen und eindeutige Formulierungen geachtet werden. Gerne können wir Ihnen bei der Erstellung oder Prüfung von Entwürfen behilflich sein. Nehmen Sie hierfür einfach per E-Mail oder telefonisch Kontakt mit uns auf.


Erbrechtliche Grundsätze –  Die gesetzliche Erbfolge

Völlig klar – oder doch nicht!?

Trotz allseitigen Warnungen kommt es auch heute noch zu vielen Situationen, in denen im Falle des Todes einer Person kein Testament besteht, sei es, weil der Verstorbene nicht daran gedacht, es nicht für nötig befunden hatte oder schlichtweg überraschend verstarb. Dann ist oft vermeintlich klar, wie die Erbfolge aussieht. Doch auch die gesetzliche Erbfolge hat ihre Tücken, welche manchen juristischen Laien vielleicht nicht bekannt sind.

1. Anwendungsbereich

Wie bereits eingangs angedeutet, kommt es zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge nur, wenn der Verstorbene (sog. Erblasser) nicht selbst eine Verfügung über sein Vermögen getroffen hat. Eine solche letztwillige Verfügung kann ein Testament oder ein Erbvertrag sein.

Dabei schließt aber nicht jede beliebige Verfügung die gesetzliche Erbfolge im Gesamten aus. Stattdessen ist die gesetzliche Erbfolge immer nur ausgeschlossen, soweit durch den Erblasser selbst verfügt wurde.

Das heißt, dass beispielsweise in Fällen, in denen nur über einen Teil des Erbes durch Testament oder Erbvertrag verfügt wurde, oder wenn sich ein gefertigtes Testament im Nachgang als unwirksam herausstellt, jeweils (zumindest teilweise) die gesetzliche Erbfolge anzuwenden ist.

Auch ist beispielsweise durch Testament nicht nur die Einsetzung eines Erben, sondern auch der  Ausschluss bestimmter Personen von der Erbfolge möglich. Wenn ein Testament keinerlei positive Verfügung und nur einen Ausschluss bestimmter Erben beinhaltet, ist denknotwendig auch als Grundlage auf die gesetzliche Erbfolge zurückzugreifen.

Bereits aus diesen wenigen Beispielen ist also ersichtlich, dass nicht nur die Anwendbarkeit der gesetzlichen Erbfolge im Detail zu prüfen ist.

2. Grundsätzliches

Wichtig zum Verständnis der gesetzlichen Erbfolge sind zunächst einige grundlegende Prinzipien.

Die Erbfolge nach dem Gesetz erfolgt nach Stämmen, sodass die jeweiligen Nachkommen inklusive ihrer eigenen Nachkommen stets in Stämme getrennt werden müssen und jeder Stamm neben weiteren Stämmen zu gleichen Teilen Berücksichtigung findet. Bei zwei Kindern als Erben des Verstorbenen erhält jedes Kind die Hälfte des Erbes. Verbleiben aber neben einem Kind des Erblassers zwei Enkel des Erblassers durch einen anderen Stamm, weil ein zweites Kind des Erblassers schon vorverstorben ist (die Enkel sind keine Nachkommen des anderen Kindes, sondern Nichten oder Neffen), würde jeder Stamm die Hälfte erhalten: das Kind erhält also eine Hälfte, die beiden Enkel jeweils ein Viertel. So wird die gleiche Beteiligung der Stämme gewahrt.

Außerdem erfolgt sie innerhalb bestimmter Ordnungen. Dies bedeutet, dass die gesamte (auch noch so entfernte) Verwandtschaft je nach dem Grad der Verwandtschaft in verschiedene Ordnungen unterteilt wird. Niedrigere Ordnungen schließen stets höhere Ordnungen von der Erbfolge aus (§ 1930 BGB). Verwandte erster Ordnung sind eigene Kinder und deren Abkömmlinge. Verwandte zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers sowie deren gesamte Abkömmlinge (Geschwister, Nichten, Neffen des Erblassers etc.) usw.

Gesetzliche Erbfolge

Zwei weitere Grundsätze, das Repräsentations- und das Eintrittsprinzip, treffen Aussagen darüber, wer tatsächlich nach der gesetzlichen Erbfolge innerhalb eines Stammes in Betracht kommt. Auch diese fanden in den vorgenannten Beispielen bereits unbemerkt Anwendung.

Das Repräsentationsprinzip (§ 1924 Abs. 2 BGB) besagt, dass ein potentieller Erbe immer die nach ihm selbst kommenden Verwandten von der Erbfolge ausschließt. Ein Vater repräsentiert also alle seine Kinder sowie weitere Nachkommen in der gesetzlichen Erbfolge.

Das Eintrittsprinzip (§ 1924 Abs. 3 BGB) steht diesem gegenüber und bedeutet, dass an die Stelle eines Erben, der zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits vorverstorben war, dessen Nachkommen treten. Dessen Anteil verteilt sich dann auf seine Nachkommen zu gleichen Teilen.

3. Auswirkungen des Güterstandes

Die bisherigen Ausführungen beziehen sich jedoch rein auf eine Erbfolge unter Abkömmlingen.

Wie vielseits bekannt, steht jedoch einem Ehegatten auch stets ein erhebliches Erbrecht zu. Was viele dabei nicht wissen, hängt deren Umfang aber von Umständen aus der Ehe selbst ab.

Je nach dem, welcher Güterstand zwischen den Eheleuten vereinbart wurde, hat dies Auswirkungen darauf, welcher Anteil am Erbe dem Ehegatten zusteht. Mögliche Güterstände sind Zugewinngemeinschaft, Gütergemeinschaft und Gütertrennung.

Wenn kein Erbvertrag besteht, was wohl die gängigste Variante sein dürfte, befinden sich die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die beiden anderen Formen bedürften der vertraglichen (notariellen) Vereinbarung.

Ein Ehegatte hat nämlich grundsätzlich neben den Kindern des Erblassers zunächst Anspruch auf ein Viertel des Erbes (§ 1931 Abs. 1 BGB); neben den Eltern des Erblassers (also wenn keine Nachkommen des Erblassers existieren) wäre der anfängliche Anspruch bereits bei der Hälfte.

Im Falle der Zugewinngemeinschaft erhöht sich dieser Anteil stets um ein weiteres Viertel (§ 1371 Abs. 1 BGB).

Bei Gütertrennung und ein oder zwei Kindern als Erben neben dem Ehegatten erben alle zu gleichen Teilen untereinander.

Wer zu welchem Teil Erbe wird, hängt also stets nicht nur von den anderweitig bestehenden Verwandten, sondern auch vom Güterstand der Ehe des Erblassers ab. Aufgrund all dieser Umstände bedarf es stets einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung der gesetzlichen Erbfolge.

4. Gestaltungsmöglichkeiten

Als Ehegatte erhält man jedoch im Falle der Zugewinngemeinschaft einen sogenannten Zugewinnausgleich, also – einfach gesagt – einen Ausgleich des hinzugewonnenen Vermögens zwischen den Eheleuten bis zur Beendigung der Ehe durch den Tod.

In manchen Fällen kann es sogar sinnvoll sein, sein Erbe nach dem gesetzlichen Erbrecht auszuschlagen und stattdessen den tatsächlichen Zugewinn zu verlangen neben einem Pflichtteil des Erbes. Gerade in Situationen, in denen der verstorbene Ehegatte einen erheblich höheren Zugewinn erzielt hatte, kann dies durchaus für den verbleibenden Ehepartner lukrativ sein.

5. Fazit

Wie aus diesem nur kurz gehaltenen Aufriss erkennbar, ist an der gesetzlichen Erbfolge wesentlich mehr zu beachten als vielseits gedacht. Zwar kann in einfach gestrickten Fällen die gesetzliche Erfolge auch einmal eindeutig sein. Wie am besten – sowohl in persönlicher als auch in finanzieller Hinsicht – zu verfahren ist, ist damit aber längst nicht gesagt.

Aus diesem Grund stellt die obige Darstellung auch lediglich eine allgemeine Information dar und kann eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Gerne stehen wir Ihnen zu einer individuellen Einschätzung Ihrer Sachlage zur Verfügung; kontaktieren Sie uns dazu am besten telefonisch oder per E-Mail.

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Erbe! Oder lieber nicht?

Ein verschuldeter Nachlass – die Kehrseite der Medaille!

Erbe kann man auf zwei verschiedene Arten werden. Wenn ein Testament bzw. ein Erbvertrag vorliegt, bestimmt sich die Erbschaft danach, was der Verstorbene darin wirksam geregelt hat. Sofern keine eigene Verfügung des Verstorbenen, des sogenannten Erblassers, vorliegt, greift eine Erbfolge nach dem Gesetz ein. Nicht selten ist es der Fall, dass Erbe nicht nur eine einzelne Person, sondern eine Mehrheit, ein sogenannte Erbengemeinschaft, wird.

Unabhängig davon, ob eine Verfügung von Todes wegen vorliegt oder die Erbfolge nach dem Gesetz bestimmt wird, geht das Vermögen als Gesamtes auf den oder die Erben über (sog. Universalsukzession). Dies gilt jedoch – sehr zum Leidwesen der Erben – nicht nur für Vermögen, sondern auch für Schulden und Verbindlichkeiten, die der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes innehatte.

Das kann in manchen Fällen, in denen der Verstorbene kein nennenswertes Vermögen hatte, bedeuten, dass der oder die Erben durch den Tod einer anderen Person von einem Tag auf den anderen einen erheblichen Schuldenberg überlassen bekommen.

In solchen Konstellationen ist zu überlegen, wie dies vermieden werden kann.

1. Annahme der Erbschaft

Erbe kann selbstverständlich nur werden, wer eine ihm zugefallene Erbschaft auch in dieser Form annimmt. Dies muss jedoch nicht zwingend ausdrücklich vom Erben erklärt werden. Daneben gilt eine Erbschaft auch als angenommen, wenn

  • Ein schlüssiges Verhalten des Erben vorliegt, woraus man auf eine Annahme schließen kann
  • Die Ausschlagungsfrist gemäß § 1943 BGB abgelaufen ist
  • Eine Ausschlagung nach § 1957 BGB wirksam angefochten wurde

Man muss also nicht unbedingt tatsächlich erklären, man wolle die Erbschaft annehmen.

2. Die Ausschlagung

Befindet man sich also in der unliebsamen Situation, ein Erbe gemacht zu haben, welches im Gesamten aus Schulden besteht, empfiehlt sich, das Erbe auszuschlagen. Frühestens ist dies ab dem Tod des Verstorbenen möglich.

Dies geschieht durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Wichtig dabei ist, dass dies nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen möglich ist. Diese Frist beginnt nicht zwingend mit dem Tod des Erblassers, sondern immer in dem Moment, in dem der jeweilige Erbe davon erfährt, Erbe geworden zu sein. Handelt es sich um eine selbstbestimmte Erbfolge des Verstorbenen (z. B. durch Testament), so beginnt diese Frist frühestens mit der Eröffnung des Testamentes durch das zuständige Nachlassgericht.

Zuständig für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung ist eigentlich das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen; zur Wahrung der Frist ist eine entsprechende Erklärung jedoch auch am Amtsgericht des jeweilis eigenen Wohnsitzes des Erben möglich.

In formaler Hinsicht muss dies entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichtes, also durch persönliches Erscheinen, oder aber in öffentlich beglaubigter Form geschehen. Eine Wahrung dieser Formvorschriften muss in jedem Fall erfolgen.

Wurde die Erbschaft wirksam ausgeschlagen, so hat dies zur Konsequenz, dass der Ausschlagende niemals Erbe in der angedachten Höhe geworden ist. Stattdessen gilt der Anfall der Erbschaft für ihn als nicht erfolgt. Von etwaigen Schulden des Erblassers wäre er damit befreit.

3. Anfechtung der Annahme

Jedoch kann es unter Umständen auch vorkommen, dass innerhalb der Frist von sechs  Wochen keine Ausschlagung erfolgt ist. Dies kann die verschiedensten Gründe haben, unter anderem beispielsweise, wenn dem jeweiligen Erben zu dem Zeitpunkt, in dem er von der Erbschaft Kenntnis erlangt hatte, gar nicht bewusst war, dass das Erbe tatsächlich kein positives Vermögen darstellt, sondern überschuldet ist. Alternativ wäre auch denkbar, wenn ein Erbe aufgrund Gesetzes als Verwandter berufen ist, sich jedoch erst nach dem Tod des Erblassers herausstellt, dass tatsächlich gar kein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Gängig ist auch die Konstellation, in der dem Erben gar nicht bewusst war, dass er innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausschlagen hätte müssen.

In solchen und ähnlich gelagerten Fällen besteht das Problem, dass die Erbschaft automatisch durch Ablauf der Ausschlagungsfrist angenommen wurde. Dann bleibt dem Erben stets noch die Möglichkeit, diese erfolgte Annahme im Nachhinein anzufechten.

Hier sieht das Gesetz einige Regelungen vor, welche eine Anfechtung meist bei einem Irrtum des Erben zulassen. Ob ein derartiger Irrtumstatbestand vorliegt, bemisst sich jedoch stets nach dem Einzelfall und kann nicht per se vorhergesagt werden.

Gerne helfen wir Ihnen hier bei der konkreten Beurteilung Ihres persönlichen Sachverhaltes weiter.