Neues zum Mietrecht
Nicht jedes Mieterhöhungsverlangen hält Stand
Wie bereits in unserem Blog vom 05.04.2019 erklärt, können Vermieter eine Erhöhung der monatlichen Miete geltend machen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die ortsübliche Vergleichsmiete höher ist die bisherige monatliche Mietzahlung.
Der BGH hatte nun eine Grundsatzfrage zu beantworten, die sich auf viele Mieterhöhungsverlangen auswirken dürfte.
1. Rechtliche Lage zum Mieterhöhungsverlangen
Will ein Vermieter eine Erhöhung der Miete verlangen, muss er hierzu die Miete mit der ortsüblichen Miete vergleichen. Nur wenn der ortsübliche Durchschnitt darüber liegt, ist eine Erhöhung der monatlichen Miete möglich.
Doch auch dann ist es Sache des Vermieters tatsächlich zu belegen, welcher Wert sich beim ortsüblichen Durchschnitt ergibt.
Dies kann beispielsweise durch ein Gutachten eines Sachverständigen geschehen. Diese Variante ist jedoch verhältnismäßig teuer und wird daher nur selten von Vermietern gewählt.
Eine Alternative ist der Nachweis von mindestens drei vergleichbaren Wohnungen mit höherem Mietpreis. Dabei ist entscheidend, dass die nachgewiesenen Wohnungen hinsichtlich Größe, Ausstattung, Alter, Lage usw. tatsächlich vergleichbar sind. Oft fehlt Vermietern aber die Kenntnis über die tatsächlichen Mietpreise anderer Wohnungen.
Gerade deshalb sieht das Gesetz den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete auch über offizielle Mietspiegel vor. Gemeinden stellen in solchen Fällen meist ein Berechnungsmodell zur Verfügung, welches sich konkret auf die tatsächliche Gemeinde bezieht. Sofern denn ein solcher Mietspiegel existiert, kann man diesen üblicherweise bei der Gemeinde anfordern. Anhand eines solchen (qualifizierten) Mietspiegels kann ein Vermieter problemlos die ortsübliche Vergleichsmiete errechnen. Dabei muss der Vermieter nur die wesentlichen Kriterien der Wohnung mithilfe des Mietspiegels bewerten. Am Ende ergibt sich daraus ein Näherungswert, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete für das betroffene Objekt ist.
Steht seitens einer Gemeinde ein Mietspiegel zur Verfügung, ist dies meist die leichteste Variante, eine höhere Miete zu begründen.
2. Sachverhalt
Im vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall erhielt eine Mieterin 2017 eine Mieterhöhung, nach welchem die Miete um 60 € auf insgesamt 360 € angehoben werden sollte. Begründet wurde das Verlangen mit dem städtischen Mietspiegel aus dem Jahr 1998.
Es kam wie es kommen musste. Die Mieterin weigerte sich, der Mieterhöhung zuzustimmen.
Der Vermieter war also gehindert, die erhöhte Miete tatsächlich zu verlangen. Stattdessen musste er auf Zustimmung zur Mieterhöhung klagen.
3. Bisheriger Verlauf
Das Amtsgericht Magdeburg in erster Instanz wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Mieterhöhung formell nicht ordnungsgemäß sei.
In zweiter Instanz folgte das Landgericht Magdeburg dieser Auffassung.
Der Vermieter ging mit der Revision den Weg bis vor den Bundesgerichtshof.
4. Die Entscheidung: Auf die Begründung des Mieterhöhungsverlangens kommt es an!
Auch der Bundesgerichtshof hat jedoch die Mieterhöhung für rechtswidrig erachtet – vergleiche hierzu Urteil des BGH vom 16.10.2019 (VIII ZR 340/18).
Grundsätzlich steht es einem Vermieter natürlich frei, die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete anzuheben.
Ein solches Verlangen müsse man aber nachvollziehbar anhand eines aktuellen Mietspiegels begründen. Es kommt also darauf an, dass für einen betroffenen Mieter erkennbar ist, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete tatsächlich ist.
Hier wurde das Verlangen zur Mieterhöhung mit einem Mietspiegel gegründet, der bereits 20 Jahre alt ist. Dabei besteht das Problem, dass die Daten laut Mietspiegel keinesfalls mehr aktuell sind. Die Werte eines Mietspiegels entsprechen somit zur Zeit der Erhöhung nicht mehr wirklich den Tatsachen. Daher muss es auch einem Vermieter verwehrt sein, damit eine Mieterhöhung zu begründen.
Der Wohnwert einer Immobilie unterliegt gerade heutzutage einem sehr starken Wandel. Bereits nach wenigen Jahren können die einmal festgesetzten Maßstäbe nicht mehr zutreffend sein. Insofern kann ein auf diesem Weg errechneter Mietpreis nicht mehr der ortsüblichen Vergleichsmiete entsprechen. Der Rückgriff auf einen sehr alten Mietspiegel sei deshalb nur ausnahmsweise zulässig.
Der Vermieter ist selbstverständlich nicht gehindert, eine Mieterhöhung geltend zu machen. Diese ist dann aber anders zu begründen.
Da die Begründung der Mieterhöhung nicht rechtmäßig sei, wäre die Mieterin nicht verpflichtet gewesen, der Mieterhöhung zuzustimmen.
5. Rechtliche Einschätzung
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, welche letztlich nur die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigte, überzeugt voll und ganz.
Zwar ist es für einen Vermieter nicht immer einfach, eine Mieterhöhung entsprechend zu begründen. Da ist selbstverständlich ein (wenn auch in die Jahre gekommener) Mietspiegel eine erhebliche Unterstützung. Jedoch stellen die errechneten Werte keine vernünftige Grundlage zur Berechnung mehr dar.
In Ballungsräumen haben sich die Mietpreise in den letzten 20 Jahren deutlich zulasten der Mieter verändert. Dies hat aber zur Folge, dass in anderen Gebieten außerhalb der Ballungszentren weniger Zulauf vorzufinden ist. Dort entwickeln sich die Mietpreise logischerweise eher zu Lasten der Vermieter.
Lediglich aufgrund des Immobilienbooms kann deshalb nicht gewährleistet werden, dass ein 20 Jahre alter Mietspiegel die Mindestwerte der ortsüblichen Vergleichsmiete wiedergibt. Nicht überall in der Bundesrepublik haben sich in den letzten Jahren die Mieten erhöht.
Ein 20 Jahre alter Mietspiegel kann deshalb maximal ein Indiz für etwaige Mietpreise sein. Ein ordnungsgemäßer Beleg zur Berechnung einer Mieterhöhung ist es aber nicht.
Insbesondere ist wichtig zu verstehen, dass dadurch einem Vermieter nicht die Möglichkeit der Mieterhöhung ganz verwehrt ist. Er muss nur auf anderweitige Begründungsmöglichkeiten zurückgreifen. Kann er beispielsweise drei vergleichbare teurere Wohnungen benennen, so steht ihm jederzeit frei die Mieterhöhung erneut geltend zu machen.
So wie bislang versucht, scheitert das Verlangen allerdings zurecht.
6. Fazit zum Mieterhöhungsverlangen
Auch wenn die Entscheidung insgesamt nicht überrascht, so mag es doch für den ein oder anderen eine interessante Information sein.
Denn vielen Mietern ist oft gar nicht bewusst, ob und wie sie sich gegen ein solches Verlangen wehren können.
Vor allem, wenn eine Mieterhöhung mit einem offiziellen Mietspiegel begründet wird, ist bei Mietern oft die Angst sehr groß, hiergegen nichts unternehmen zu können.
Diese Entscheidung zeigt jedoch, dass nicht jeder Mietspiegel tatsächlich den rechtlichen Anforderungen genügt. So muss beispielsweise auch zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Mietspiegel unterschieden werden.
Nur wenn das Verlangen umfassend geprüft wird, kann auch beurteilt werden, ob dieses rechtlich denn überhaupt zulässig ist.
Zwar ist der Wert einer monatlichen Mieterhöhung möglicherweise nicht sonderlich hoch. Jedoch summiert sich dies über mehrere Monate bzw. Jahre durchaus zu einer wesentlichen finanziellen Belastung auf. Alleine deshalb schadet in solchen Fällen eine rechtliche Prüfung keinesfalls.
Sie haben eine Mieterhöhung erhalten und benötigen rechtlichen Rat? Oder Sie sind Vermieter und möchten eine Mieterhöhung auf sichere rechtliche Beine stellen? Dann nehmen Sie doch am besten Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Termin für eine Beratung. Wir freuen uns auf Sie.