About Apollonia Stuhldreier

Geschäftsführerin Rechtsanwältin


Mietkürzung Gewerberaum wegen Corona

Welche Rechte stehen sowohl Vermietern als auch Mietern zu?

In unserem Blog vom 24.03.2020 haben wir bereits ausführlich erörtert, welche Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Miete für einen Gewerberaum erfüllt sein müssen. So ist z.B. eine Mietkürzung denkbar, wenn eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ nach § 313 BGB zutrifft oder ein im Mietvertrag vorgesehener Nutzungszweck nicht mehr erfüllbar ist.

Jedoch sind manche Mieter oder Pächter der Meinung, dies dahin auslegen zu können, Mietzahlungen gar komplett zu verweigern. Aus diesem Grund müssen sich die Gerichte aktuell immer wieder mit diesem Thema beschäftigen.

Hier ein kurzer Überblick zu aktuellen Entscheidungen:

 

1. Landgericht Zweibrücken: keine Mietkürzung

Ein Gewerberaummieter (Filial-Kette) hat aufgrund des coronabedingten Lockdowns die Miete für den Monat April 2020 nicht bezahlt. Dies mit der Begründung, dass der Gewerberaum aufgrund der behördlich angeordneten Maßnahme für den Publikumsverkehr geschlossen bleiben musste. Er ging von einer berechtigten Mietkürzung aus.

Der Vermieter zog also vor Gericht und erhob Klage wegen rückständiger Miete gegen den Mieter. Dies mit der Begründung, dass der Vermieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko hinsichtlich des Mitgegenstandes trage.

Das Landgericht Zweibrücken entschied zu Gunsten des Vermieters, dass weder eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB vorliege, noch weitere rechtliche Grundlagen in Betracht kämen, die einen Wegfall oder Mietminderung rechtfertigen würden. Auch die gesetzlichen Neuregelungen hätten keinen Einfluss auf die Mietzahlungsverpflichtung. Der am 01.04.2020 in Kraft getretene Artikel 240 EGBGB § 1 gewährt Kleinstunternehmern und Verbrauchern ein Leistungsverweigerungsrecht. Bei der Beklagten handelt es sich jedoch weder um eine Kleinstunternehmerin noch um eine Verbraucherin. Auch eine Herabsetzung der Miete nach § 536 BGB, welche in Betracht kommt, wenn die Tauglichkeit der Mietsache gemindert ist, kommt nach Auffassung des Gerichts hier nicht in Betracht.

 

2. Landgericht Frankfurt a.M.: Keine Kürzung bei anderweitigem Ausgleich

Einen ähnlich gelagerten Fall hatte unlängst auch das Landgericht Frankfurt am Main zu entscheiden. Auch hier wurde der Klage eines Vermieters stattgegeben (2-15 O 23/20). Das Landgericht entschied, dass – solange ein Mieter (hier ein Einzelhandelsgeschäft) durch Kurzarbeit, staatliche Hilfe oder Onlineverkauf die Möglichkeit hat, Einsparungen zu erzielen – die erzwungene Schließung keine existentiellen Folgen für den Mieter hat.  Eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ nach § 313 BGB entfalle auch hier.

 

3. OLG Karlsruhe: Mietkürzung nur bei Existenzbedrohung

Auch in zweiter Instanz kam das Oberlandesgericht Karlsruhe zu einer vermieterfreundlichen Entscheidung.

Eine Einzelhändlerin musste ihr Ladenlokal im Corona-Lockdown vom 18.03.2020 bis 19.04.2020 für den Publikumsverkehr schließen. Während dieser Zeit zahlte sie die vereinbarte Miete nicht an den Vermieter. Hiergegen klagten die Vermieter und erhielten vor dem Landgericht Heidelberg mit Urteil vom 30.07.2020 (Az.: 5 O 66/20) Recht.

Hiergegen legte die Einzelhändlerin Berufung ein.

In der Berufungsinstanz sah es das Oberlandesgericht Karlsruhe jedoch ähnlich und wies das Vorhaben der Mieterin zurück. Sie sei zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet. Eine pandemiebedingte Betriebsschließung stelle keinen Mietmangel dar, der zur Mietminderung berechtigte.

Eine Mietkürzung komme unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht. Dies allerdings auch nur dann, wenn die Inanspruchnahme des Mieters zu einer Vernichtung seiner Existenz führen würde. Zudem müsste auch die Interessenlage des Vermieters eine Anpassung des Vertrages erlauben. Um dies zu bejahen, muss eine umfangreiche Interessenabwägung stattfinden. Diese muss neben der Umsatzentwicklung, einer etwaigen Kompensation durch Online-Handel auch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen (z.B. Kurzarbeit) sowie fortbestehende Vermögenswerte beinhalten.

Im vorliegenden Fall war dazu nicht ausreichend vorgetragen worden. Daher unterlag die Beklagte als Mieterin.

 

4. LG München I: Keine Mietkürzung bei anderweitiger Kompensation

Auch das Landgericht München ging in einem vergleichbaren Fall davon aus, dass etwaige Kompensationen eines Mieters angerechnet werden müssten (Urteil vom 12.2.2021, Az. 31 O 11516/20).

Streitgegenständlich waren hier Ersparnisse des Mieters wegen erhaltenem Kurzarbeitergeld.

Das LG München I ging davon aus, dass dies entsprechend anzurechnen sei und in diesem Umfang keine Anpassung des Vertrages erfolgen könne.

Dies rechtfertigt sich dadurch, dass eine Anpassung nur eine gerechte Umverteilung des Risikos erreichen soll. Wenn jedoch ein Mieter durch erhaltene Kurzarbeitsgelder bereits einen Ausgleich für Risiken erhalten hat, müssen diese Beträge nicht mehr im Verhältnis zum Vermieter verteilt werden.

 

5. OLG Dresden: Mietkürzung um 50% bei Betriebsschließung

Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte ebenfalls die Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB (Urteil vom 24.02.2021, Az.: 5 U 1782/20).

Das Landgericht Chemnitz sah in erster Instanz keinen Grund für die Einbehaltung der Miete durch eine Einzelhändlerin (Az.: 4 O 639/20). Es verurteilte die Mieterin zur Zahlung der Miete.

In zweiter Instanz ging das OLG Dresden dann von einer Reduzierung der Kaltmiete um die Hälfte aus. Die Mietkürzung gelte für die Dauer der angeordneten Betriebsschließung.

6. LG Mönchengladbach: Mietkürzung um 50%

Ähnliches nahm auch das Landgericht Mönchengladbach mit Urteil vom 02.11.2020 bei einem vollständigen Nutzungsverbot an (Az.: 12 O 154/20).

Angemessen sei dann die Mietkürzung um die Hälfte. Dies würde das Risiko auf beide Parteien gerecht verteilen.

 

7. LG Oldenburg: Mietkürzung bei Nutzungsverbot

Auch das Landgericht Oldenburg äußerte sich dahingehend, dass grundsätzlich auch bei corona-bedingter Schließung die volle Miete geschuldet ist (Urteil vom 26.10.2020, Az.: 8 O 1268/20).

Nur bei einem vollständigen Nutzungsverbot habe ein Mieter einen Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB. Dies komme jedoch nur dann in Betracht, wenn konkret zur wirtschaftlichen Situation vorgetragen wird und eine existenzbedrohende Situation vorliegt.

 

8. AG Düsseldorf: Mietkürzung nur bei Nachweis der Existenzgefährdung

Wird jedoch nicht ausreichend zur wirtschaftlichen Situation vorgetragen, so kann auch keine Reduzierung der Miete verlangt werden. Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden (Urteil vom 10.11.2020, Az.: 45 C 245/20).

Legt ein Mieter eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare, zur Unzumutbarkeit führende wirtschaftliche Beeinträchtigung nicht dar, ist ihm ein Festhalten am Mietvertrag nicht unzumutbar. Dann kann er auch keine Vertragsanpassung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage verlangen.

Dies gilt erst recht, wenn die Betriebsschließung gerade einmal 26 Arbeitstage dauerte.

 

9. LG Münster: Mietkürzung nur bei erheblicher Beeinträchtigung

Zur Höhe einer etwaigen Vertragsanpassung äußerte sich auch das Landgericht Münster mit Urteil vom 19.02.2021 (Az.: 23 O 18/20).

Die komplette Schließung für sechs Wochen und Öffnungseinschränkungen während weiteren neun Werktagen sowie ein Umsatzverlust von 10% rechtfertigen keine Vertragsanpassung. Dadurch sei nicht hinreichend nachgewiesen, dass eine Fortzahlung wie vertraglich geschuldet unzumutbar sei.

 

10. LG München II

Deutlich vermieterfreundlicher sah es das Landgericht München II mit Urteil vom 06.10.2020 (Az.: 13 O 2044/20).

Hier ging man nämlich davon aus, dass auch § 313 BGB nicht anzuwenden sei.

Sind gewerbliche Mieter im Bereich des Einzelhandels während des ersten Lockdowns von Betriebsschließungen betroffen, steht ihnen unter keinem Rechtsgrund ein Anspruch auf Mietkürzung zu.

Dadurch, dass das COVID-19-Pandemie-Gesetz eine Regelung zu § 313 vorsieht, entfaltet dies eine Sperrwirkung für anderweitige Regelungen. Eine Minderung wegen Mangels oder ähnlichem scheidet deshalb bereits aus.

313 BGB ist hingegen abzulehnen, da der erste Lockdown sich nur auf wenige Wochen erstreckte und insofern kein gravierender Umstand vorlag, der zur Unzumutbarkeit für Mieter führen würde. Setzt man diese mehrwöchige Phase nämlich ins Verhältnis zur mehrjährigen Entwicklung, ist ein Umsatzausfall nicht mehr gravierend genug.

So sah es das LG zumindest in dem entschiedenen Fall.

 

Fazit:

Letztendlich sind sich daher die Gerichte nunmehr in weiten Teilen zumindest im Grundsatz einig. Eine Reduzierung der Miete aufgrund eines Mangels scheidet aus. Eine Anpassung der Miete aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage ist möglich. Dazu muss seitens eines Mieters jedoch vorgetragen werden, dass ein erheblicher Umsatzrückgang eingetreten ist. Ohne Beleg für eine existenzgefährdende Situation ist ein Anspruch von vornherein zu verneinen. Zudem muss Einblick in etwaige Kompensationszahlungen, wie staatliche Beihilfen oder Kurzarbeitergeld gewährt werden.

Geschieht dies, kann von einer Reduzierung um bis zu 50% der Miete ausgegangen werden. Geschieht dies nicht, ist hingegen die volle Miete weiterhin geschuldet.

Hingegen gibt es auch Stimmen, die die Schranken deutlich enger, insbesondere zu Lasten von Mietern setzen.

Letztendlich ist und bleibt es eine Entscheidung im Einzelfall.

 

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, so nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf.


Flugverspätung – Ersatz anwaltlicher Gebühren

Ihre Rechte als Fluggast.

Eine Flugverspätung ist meist ärgerlich und kommt öfter vor, als man glaubt. Da die gesetzlichen Regelungen in solchen Fällen zumeist nicht bei allen Fluggästen bekannt sind, bedarf es häufig anwaltlicher Unterstützung bei der Geltendmachung einer Forderung.

Jedoch möchte ein Fluggast dann selbstredend auch die Kosten im Rahmen eines Verfahrens erstattet verlangen.

Der BGH bestätigte nun erneut seine Auffassung zum Ersatz der anwaltlichen Gebühren.

1. Der Fall

Ein Urlauber flog mit seiner Familie nach Kuba. Die Flüge hatten jedoch eine mehrstündige Verspätung, sodass die Reisenden das Ziel erst einen Tag verspätet erreichten. Eine ordnungsgemäße Aufklärung über ihre Rechte erhielten die Reisenden nach deren Auffassung nicht. Diese suchten anschließend Hilfe bei einem Rechtsanwalt, welcher außergerichtlich eine Entschädigung vom Luftfahrtunternehmen verlangte. Die Forderung beinhaltete neben einer Ausgleichsleistung wegen der Flugverspätung auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Jedoch blieb die Sache außergerichtlich ohne Erfolg, sodass die Urlauber schließlich vor Gericht zogen.

 

2. Das Verfahren

Im Verfahren vor dem Amtsgericht Düsseldorf erkannte das Luftfahrtunternehmen die Forderung an und beglich die Ausgleichszahlung wegen der Flugverspätung. Es verweigerte jedoch den Ersatz der Anwaltskosten. Das Gericht wies die Klage der Urlauber bezüglich der vorgerichtlichen Anwaltskosten ab. Auch die weitere Instanz, nämlich das Landgericht Düsseldorf, sprach diese Kostenforderung nicht zu und stellte sich auf die Seite des Luftfahrtunternehmens. Die Urlauber wandten sich sodann an den Bundesgerichtshof – mit Erfolg.

3. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 01.09.2020 (Aktenzeichen X ZR 97/19) entschieden, dass das Luftfahrtunternehmen seiner Verpflichtung nicht vollständig nachgekommen sei.

Airlines sind dazu verpflichtet, bei einer Verspätung von mehr als zwei Stunden ihren Gästen unaufgefordert eine schriftliche Information über deren Rechte auszuhändigen. Dies soll den Zweck haben, dass der Fluggast seine Ansprüche eigenständig und ohne anwaltliche Hilfe beurteilen kann.

Kommt die Airline dieser Verpflichtung jedoch nicht nach – wie hier – dann sind die Kosten einer anwaltlichen Hilfe zu ersetzen.

Die Verpflichtung, über die entsprechenden Rechte zu informieren, ergibt sich aus Art. 14 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung selbst. Demgemäß muss ein Fluggast einen schriftlichen Hinweis über die Regeln von Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen bei Flugverspätungen bzw. -annullierungen erhalten.

Dabei reicht es nicht aus, den bloßen Text der Fluggastrechteverordnung wiederzugeben. Vielmehr muss dadurch für den Fluggastrecht klargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen ihm grundsätzlich Ansprüche in welcher Höhe zustehen.

Ein Unternehmen muss auch die Kosten einer vorgerichtlichen Beauftragung eines Rechtsanwalts erstatten. Das zumindest dann, wenn ein Ausgleichsanspruch besteht und das Luftfahrtunternehmen hierüber nicht bzw. nicht vollständig oder ordnungsgemäß belehrt. Denn dann ist zumutbar und nicht zu beanstanden, dass er sich anwaltlicher Hilfe bedient. Immerhin muss er sich dann noch über seine Rechte beraten lassen.

Vor diesem Hintergrund sprach der BGH auch in diesem Fall einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu.

4. Fazit

Seit längerer Zeit ist dies bereits gängige Praxis bei vielen Gerichten. Nun hat jedoch auch der Bundesgerichtshof dies erneut bestätigt.

Dies stärkt die Rechte von Reisenden nicht unwesentlich. Dadurch ist einmal mehr sichergestellt, dass einem Reisenden am Ende kein Schaden verbleibt.

Sollten Sie Fragen haben, können Sie sich gerne mit unserer Kanzlei in Verbindung setzen.


Zuständigkeit der Gerichte bei Forderungen gegen Airlines

Welches Gericht ist zuständig bei einer Auseinandersetzung mit einer Airline?

Denknotwendig sind bei Reisen Abflugs- und Ankunftsorte verschieden. Problematisch ist ein Fall dann, wenn es zu Verspätungen oder Annullierungen kommt. Hier stellt dich die Frage, vor welchem Gericht ein Reisender denn seine Ansprüche geltend zu machen hat. Insbesondere, wenn ein Flug aus mehreren Teilflügen besteht, aber nur einzelne Flüge nicht wie geschuldet stattfanden. Diese Frage hat nun der Bundesgerichtshof beantwortet und die Zuständigkeit geklärt.

1. Der Fall: Gerichtliche Zuständigkeit

Ein Reisender hatte diverse Flüge gebucht. Nämlich von Frankfurt am Main über London nach Boston und zurück von New York über London nach Wien. Der letzte Teilflug des Rückfluges – nämlich von London nach Wien – konnte nicht wie vorgesehen starten. Der Flug musste umgebucht werden, sodass der Flug erst einen Tag später nach  Frankfurt am Main stattfand. Der Reisende machte wegen der Umbuchung Ansprüche aufgrund der Fluggastrechteverordnung geltend. Hier steht ihm unter Umständen eine pauschale Entschädigung zu. Bislang nicht höchstrichterlich geklärt war aber in solchen Fällen die gerichtliche Zuständigkeit für solche Verfahren. Denn der erste Teilflug von New York nach London fand ohne Zwischenfälle statt. Auch hinsichtlich des Hinfluges gab es keine Probleme. Lediglich der letzte Teilflug von London nach Wien fand nicht wie geschuldet statt und führte insofern zur Verspätung.

Somit stellte sich nun die Frage, auf welchen Ort es für die Zuständigkeit des Gerichtes ankommt.

 

2. Das Verfahren

Da die Reise in Frankfurt am Main begann, verklagte der Reisende die Fluggesellschaft vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main auf Schadensersatz.

Zunächst wies das Amtsgericht Frankfurt am Main die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit ab. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein, scheiterte jedoch auch hier. Mit einer anschließenden Revision vor dem Bundesgerichtshof verfolgte der Kläger sein Ziel weiter.

3. Die Entscheidung zur Zuständigkeit

Die Richter des Bundesgerichtshof entschieden, dass Frankfurt am Main – neben Boston und New York – einer von drei Erfüllungsorten gewesen sei, den der Fluggast wählen durfte.

Bei einem Vertrag über eine Luftbeförderung gehören sowohl der Abflug- als auch der Ankunftsort zu den sogenannten Erfüllungsorten.

Ansprüche aus einem Vertrag können jederzeit an dem Ort geltend gemacht werden, an dem die Verpflichtung zu erfüllen wäre. Erfüllungsort ist der Ort, an dem die Leistungen nach dem Vertrag hätten erbracht werden müssen.

Da der Hinflug in Frankfurt am Main begonnen hat, gilt dieser Ort in jedem Fall als Erfüllungsort für den gesamten Vertrag.

Einem Kläger stehen aber sogar mehrere Gerichte zur Auswahl, wenn mehrere Orte eine gleich enge Verknüpfung aufweisen. Hierzu gehören in jedem Fall der Abflugort der ersten Teilstrecke und der Ankunftsort der letzten Teilstrecke.

Mit Urteil vom 12.05.2020 (AZ: X ZR 10/19) hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Frankfurt am Main zurück verwiesen. Dieses muss nun über die Begründetheit der Klage entscheiden.

4. Fazit

Ein Reisender kann somit wählen, für welchen Erfüllungsort er sich entscheidet. Den Erfüllungsort des Abfluges oder der Ankunft.

Gerade bei der Buchung von Hin- und Rückflug mit mehreren Teilstrecken ist die Beurteilung im Einzelfall nicht ganz eindeutig. Es kann daher mitunter schwierig sein festzustellen, ob nun ein Wahlrecht besteht oder ob eventuell ein bestimmtes Gericht doch unzuständig ist.

Sollten Sie Frage zu diesem oder einem anderern reiserechtlichen Thema haben, können Sie gerne Kontakt mit unserer Kanzlei aufnehmen.


Neubestellung Verwalter im WEG-Recht

Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Wenn innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Neuwahl eines Verwalters ansteht, kann die Entscheidung zwischen mehreren Bewerbern häufig schwierig sein. Gelegentlich mag es vorkommen, dass den Eigentümern kaum Bewerber bekannt sind oder etwaige Angebote fehlen. Doch welche Informationen sind bei der Wahl einer neuen Verwaltung offen zu legen? Wir klären auf.

1. Der Fall

In einem jüngst vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall war bei der Ladung zu einer Wohnungseigentümerversammlung eine bestimmte Firma als Verwalter-GmbH – nachfolgend als T-GmbH bezeichnet – vorgeschlagen worden. In der Versammlung wurde jedoch klar, dass noch zwei weitere Angebote eingeholt wurden. Diese Angebote wurden im Vorfeld zur Versammlung aber nicht offen gelegt. Sie lagen lediglich zur Einsicht für etwaig interessierte Eigentümer bereit. Dies lag daran, dass sich der Verwaltungsbeitrat für die T-GmbH aussprach. Aufgrund dieser Tatsache bestellten die Eigentümer die T-GmbH als Verwalter.

Fraglich ist nun, ob die Angebote der Mitbewerber den übrigen Eigentümern zur Verfügung gestellt hätten werden müssen.

 

2. Das Verfahren

Einige der Wohnungseigentümer schlossen sich zusammen und reichten eine Anfechtungsklage beim Amtsgericht ein. Sie waren der Auffassung, man hätte ihnen Einsicht in die anderweitigen Angebote geben sollen. Nur so hätten sich die Eigentümer voll informiert zwischen den Bewerbern entscheiden können. Die Klage wurde abgewiesen.

In zweiter Instanz vor dem Landgericht scheiterten die Kläger ebenfalls. In dritter Instanz hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und erklärte den Beschluss zur Verwalterbestellung für ungültig.

3. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24.01.2020 (Az.: V ZR 110/19) entschieden, dass bei der Neubestellung eines Verwalters die Angebote der Bewerber innerhalb der Einladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG den Wohnungseigentümern zur Verfügung gestellt werden müssen. Es genüge nicht, wenn die Angebote zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. Vielmehr ist bei einer Neubestellung erforderlich, die Angebote der Bewerber oder jedenfalls deren Namen und die Eckdaten ihrer Angebote zur Verfügung zu stellen. Der BGH bejahte also die oben unter Punkt 1 aufgeworfene Frage.

Nur so sei eine ordnungsgemäße Beschlussfassung möglich.

Immerhin geht es bei der Neubestellung eines Verwalters und die Vergabe einer weitreichenden Funktion, die insbesondere meist über mehrere Jahre bestehen soll. Dies erfordert, dass Eigentümern zumindest die Möglichkeit haben müssen, sich fundierte Kenntnisse zur Entscheidungsfindung anzueignen.

Wenn diese Daten erst im Rahmen der Versammlung erstmalig benannt werden, können interessierte Eigentümer keinerlei eigene Erkundungen mehr anstellen und sind auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen im Rahmen der Versammlung angewiesen. Die Eigentümer können sich dann nicht sachgerecht und ihm jeweils erwünschten Ausmaß informieren.

4. Fazit

Wohnungseigentümern müssen Gelegenheit haben, sich rechtzeitig über Alternativangebote zu informieren. Je bedeutender die zu treffende Entscheidung, desto wichtiger ist eine umfangreiche und frühzeitige Information über alle zugrunde liegenden Fakten. Nur so ist gewährleistet, dass die getroffene Entscheidung dann auch tatsächlich dem mehrheitlichen Willen der Eigentümer entspricht und bei Kenntnis aller Umstände nicht anders ausgefallen wäre.

Der Entscheidung des BGH ist daher aus unserer Sicht vollumfänglich zuzustimmen.

Ausreichend dürften aber wohl die Namen der etwaiger Bewerber, sowie die konkret geforderte Vergütung und die Laufzeit des Vertrages sein.

Sollten Sie Fragen haben, sind wir gerne für Sie erreichbar. 


Ist Baulärm ein Mangel?

Wird auf dem Nachbargrundstück ein Neubau errichtet, geht dies in den meisten Fällen mit erheblichem Baulärm einher. Welche Rechte hier Mieter und Vermieter haben, hat nun erneut der BGH geklärt.

1. Der Fall

Ein Mieter einer 2-Zimmer-Wohnung musste in Berlin für den Zeitraum von zwei Jahren Baulärm einer benachbarten Baustelle ertragen. Die Baustelle war 40 m von der angemieteten Wohnung entfernt. Der Mieter zeigte den Lärm gegenüber dem Vermieter an und minderte die Miete um 10 % über einen längeren Zeitraum.

 

 

2. Das Verfahren

Der Vermieter war mit der Mietminderung nicht einverstanden und erhob Klage auf Zahlung gegen den Mieter. In erster Instanz vor dem Amtsgericht war der Vermieter erfolgreich. Das Gericht gab der Klage statt. Hiergegen wehrte sich der Mieter mit einer Berufung. Das Landgericht gab anschließend dem Mieter Recht und wies die Klage des Vermieters ab. In dritter Instanz vor dem Bundesgerichtshof wendete sich das Blatt erneut und der Klage des Vermieters wurde stattgegeben.

3. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 29.04.2020 – Aktenzeichen VIII ZR 31/18), dass dem Vermieter nicht einseitig das Risiko einer lärmintensiven Nutzungsänderung auf einem Nachbargrundstück zugewiesen werden könne. Es komme vielmehr darauf an, welche Regelung die Parteien im Mietvertrag vereinbar hätten, wenn ihnen bei Vertragsabschluss die Entwicklung der Lärmbelästigung bewusst gewesen wäre. Nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen durch Dritte stellen keinen zur Mietminderung führenden Mangel nach § 546 Abs. 1 Satz 2 BGB dar.

Damit war nun die Frage des Mangels zwar grundsätzlich geklärt, nicht geklärt war jedoch, wer nun was darlegen und beweisen müsse.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof im selben Urteil vom 29.04.2020 (Aktenzeichen VIII ZR 31/18) entschieden, dass die Darlegungs- und Beweislast nicht alleine beim Vermieter liegt. Zunächst muss der Mieter darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass es sich bei dem von ihm behaupteten Baulärm um eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt und die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtige. Sollte dem Mieter ein solcher Beweis gelingen, muss das Gericht prüfen, ob der Vermieter seinerseits eine Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Verursacher zusteht oder ob er die Beeinträchtigungen hinnehmen muss.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Berufungsgericht erneut über den Fall zu verhandeln hat.

4. Fazit

Häufig gehen Mietparteien vorschnell davon aus, dass im Falle von Baulärm auf dem Nachbargrundstück regelmäßig eine Minderung der vereinbarten Miete in Betracht kommt. Hier zeigt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs einmal wieder, dass es stets einer eingehenden Betrachtung bedarf. Nicht von vornherein steht also fest, dass die Miete gemindert ist.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt auch, dass der Vermieter den Vortrag des Mieters zunächst bestreiten darf. Sollte dem Mieter ein solcher Beweis gelingen, muss das Gericht prüfen, ob der Vermieter den Lärm seinerseits hinnehmen müsse. Hier ist der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig.

Hieran ist mal wieder erkennbar, dass es sich in jedem Fall lohnt, die Umstände des Einzelfalls näher zu durchleuchten. Nur so kann herausgefunden werden, ob ein Minderungsrecht für einen Mieter besteht und ob bzw. wie sich ein Vermieter hiergegen wehren kann.

Bei Fragen steht Ihnen unsere Kanzlei gerne zur Seite. Nehmen Sie hierzu einfach Kontakt zu uns auf.

 


Neues zur Untervermietung

Wann darf ein Vermieter die Untervermietung verweigern?

Manchmal möchte man als Mieter einen Teil der Wohnung gerne untervermieten. Sei es, weil man möglicherweise aus beruflichen Gründen selbst zeitweise die Wohnung nicht nutzen kann. Oder weil man sich aus veränderten finanziellen Umständen heraus einen Teil der Mietzahlung ersparen muss. Was hierbei allerdings zu beachten ist und welche rechtlichen Hürden eventuell dabei bestehen, zeigt der nachfolgende Fall.

1. Der Sachverhalt

Der Kläger wollte ein Zimmer seiner Wohnung untervermieten. Hierzu benötigte er die Zustimmung seiner Vermieterin. Er nannte der Vermieterin also den Namen der Bewerberin und deren Adresse. Auch gab er an, dass es sich bei der Bewerberin um eine Hausfrau von ca. 50 – 55 Jahren mit festem Einkommen handele. Weiter bot er der Vermieterin an, eine Kopie des Personalausweises der Bewerberin vorzulegen. Die Mieteinnahmen für die geplante Untervermietung gab er mit 400,00 Euro monatlich an.

Die Vermieterin verweigerte jedoch die Zustimmung zur Untervermietung.

2. Das Verfahren

Der Kläger (Mieter) erhob daraufhin Klage beim Amtsgericht München und verlangte von der Beklagten (Vermieterin) Schadensersatz für eine angeblich zu Unrecht verweigerte Zustimmung zur Untervermietung eines Zimmers seiner Wohnung.

Im Prozess gab die Bewerberin, welche als Zeugin vorgeladen war, an, dass sie das Zimmer als Atelierraum nutzten wollte. Außerdem sei nur über eine Miete von 300,00 Euro monatlich gesprochen worden.

3. Die Entscheidung

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 11.12.2019 die Klage abgewiesen – Aktenzeichen 425 C 4118/19. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass ein Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung verweigern kann, wenn ihm keine ausreichenden Informationen über den Untermieter übermittelt werden.

Dem Vermieter sind nicht nur der Name des Bewerbers, sondern auch dessen Geburtsdatum, die letzte Anschrift und die ausgeübte berufliche Tätigkeit mitzuteilen. Diese Angaben sind durch den Kläger nicht bzw. nicht vollständig erfolgt. Somit durfte die Vermieterin die Zustimmung verweigern.

Das Gericht hat zwar erkannt, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hatte, da er aufgrund seiner beruflichen Situation einen weiteren Wohnsitz in einem anderen Bundesland annehmen musste. Allerdings muss der Vermieter in der Lage sein zu prüfen, ob eine Untermietung berechtigt ist oder ob Gründe, die ihn zu einem Ausschluss der Erlaubniserteilung nach § 553 Abs. 1 S. 2 BGB berechtigten, vorliegen.  Auch hatte der Kläger den vereinbarten Mietzins zu hoch angegeben.

4. Fazit

Eine beabsichtigte Untervermietung ist grundsätzlich immer mit dem Vermieter zu klären und dessen Zustimmung einzuholen. Auch wenn nur ein Teil – so wie im vorliegenden Fall ein Zimmer – untervermietet werden soll.

Dabei ist aber auch wichtig, den Vermieter über sämtliche relevanten Informationen in Kenntnis zu setzen. Immerhin führt eine Untervermietung dazu, dass eine für den Vermieter fremde Person in seine Räumlichkeiten einzieht. Es ist daher nur verständlich, dass der Vermieter wissen muss, mit wem er es letztlich zu tun hat.

Zwar gibt es eine Vielzahl von Fällen, in denen ein Vermieter dann die Zustimmung nicht verweigern darf. Diesen umgehen und einfach eine Untervermietung vorzunehmen ist aber tatsächlich nie ratsam.

Wichtig zu wissen ist aber zudem, dass durch eine Untervermietung kein Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Untermieter entsteht. Probleme im Rahmen der Untervermietung sind daher immer zwischen Hauptmieter und Untermieter zu klären.

Sie haben Fragen zu diesem Thema? Oder möchten auch ein Zimmer untervermieten? Dann nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

 


Flugticket bei ausländischer Fluggesellschaft buchen

Ist die Airline schadensersatzpflichtig bei Stornierung?

In der heutigen Zeit ist es schon fast die Regel, auch Flugtickets online zu buchen. Bei Online-Buchungen hat man aber häufig und schnell mit ausländischen Fluggesellschaften zu tun. Was passiert, wenn dann die Airline den Flug storniert? Wir klären die Frage des Schadensersatzes.

1. Der Fall: Ausländisches Flugticket

Der Kläger buchte über die Webseite „airfrance“ ein Flugticket für einen Flug von San Francisco nach Paris und einen anschließenden Weiterflug nach London. Der Preis hierfür lag bei 600,00 Euro. Der Kläger bezahlte den Betrag und erhielt daraufhin ein elektronisches Ticket. Als Ausstellungsort wies das Tickets „DIR-WEB Allemagne, Frankfurt am Main“ aus. Als Kontakt war eine deutsche Telefonnummer angegeben, auch das Impressum der „Air France für Deutschland“ lautete auf Frankfurt am Main.

Einen Tag später teilte die französische Fluggesellschaft in englischer Sprache mit, dass das Ticket aufgrund eines Systemfehlers storniert worden sei. Der Kläger erhielt den bezahlten Betrag zurück.

 

Der Kläger war jedoch der Meinung, die französische Fluggesellschaft habe das Flugticket nicht rechtswirksam stornieren können und verlangte Schadensersatz. Den Schadensersatz bezifferte er auf 10.578,86 Euro. Soviel hätte nämlich ein vergleichbarer Flug vier Wochen später gekostet.

2. Das Verfahren

Der Kläger erhob Klage beim Landgericht Frankfurt am Main, da dieses gemäß Art. 7 Nr. 5 EuGVVO international zuständig sei. Demnach könne eine Partei, deren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates liege (hier: Frankreich), unter Umständen in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) verklagt werden. Voraussetzung ist, dass im Fall eines Unternehmens dieses dort eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung betreibt, die zur Streitigkeit auch irgendeinen Bezug hat.

Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage jedoch mit der Begründung ab, dass es nicht international zuständig sei – Urteil vom 24.10.2018, AZ: 2-24 O 22/18.

Hiergegen legte der Kläger Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein. Doch auch in dieser Instanz scheiterte der Kläger.

3. Die Entscheidung: Wer hat das Flugticket ausgestellt?

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts (16 U 208/18). Hierbei berief sich das Gericht darauf, dass sich zwar die Marketingabteilung der beklagten Fluggesellschaft in Deutschland befinde. Auch der Sitz von Air France für Deutschland sei in Frankfurt am Main. Aber weder die Bestätigung noch das Ticket sind in Deutschland ausgestellt worden.

Die Beklagte habe nämlich dargelegt, dass sich die Daten ihrer deutschsprachigen Internetseite bei einem externen Provider in Paris befinden. Das führt dazu, dass von der Frankfurter Niederlassung aus keine Inhalte der Homepage geändert werden könnten.

Das Landgericht hat zu Recht seine internationale Zuständigkeit verneint, entschied das Oberlandesgericht. Die Marketingabteilung der Airline befindet sich zwar in Deutschland, allerdings hat keiner der dortigen Mitarbeiter das Flugticket ausgestellt. Auch wird die deutschsprachige Internetseite der Airline nicht von Deutschland aus betrieben. Ein Verweis des Klägers auf das deutschsprachige Impressum genügt nicht. Dies zeigt nur, dass es auch eine Präsenz in Deutschland gibt.

Dass dort eine französische E-Mail-Adresse angegeben wurde, spricht dafür, dass die Webseite von Frankreich aus betrieben wird.

Daraus folgt nach Auffassung des Gerichts, dass die deutsche Niederlassung nicht am Vertrag direkt beteiligt war. Der Vertrag kam vielmehr mit der ausländischen Airline zustande und begründet nur eine Zuständigkeit in Frankreich.

4. Fazit

Die Buchung eines Flugtickets einer ausländischen Fluggesellschaft über eine deutsche Internetseite begründet also nicht zwingend einen Gerichtsstand in Deutschland. Vielmehr kommt es auch dabei – wie so oft – auf die Umstände des Einzelfalles an.

Dies macht es für Reisende natürlich äußerst schwierig festzustellen, ob etwaige Ansprüche in Deutschland überhaupt durchgesetzt werden können. Ein Verfahren im Ausland scheuen die meisten Reisen aufgrund des zeitlichen und finanziellen Aufwands.

Gerade wenn die Buchung über eine scheinbar deutsche Webseite mit einem deutschen Unternehmen laut Impressum zustande kommt, ist der erste Eindruck oft ein anderer.

Da die Frage der internationalen Zuständigkeit bei Buchungen im Internet mittlerweile häufig auftreten dürfte und insofern grundsätzliche Bedeutung hat, hat das OLG aber die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Das bedeutet, dass der Reisende diese Entscheidung nochmals vom höchsten deutschen Zivilgericht überprüfen lassen könnte. Es bleibt abzuwarten, ob dies geschieht.

Sollten Sie Fragen hierzu oder zu einem anderen Problem im Reiserecht haben, können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen. Wir freuen uns.


Aktuelle Gesetzeslage zum Thema Corona

Der Bundestag hat am 25.03.2020 einstimmig einen Gesetzesentwurf erlassen. Darin geht es um die Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie. Die Maßnahmen wurden vom Bundesrat gebilligt und auch bereits vom Bundespräsidenten gegengezeichnet. Mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger gelten die Regelungen. Neben einem finanziellen Hilfspaket wurden auch einige Gesetze eingeführt, die für die kommenden Monate gelten sollen.

Wir bringen Sie hinsichtlich Zivil- und Insolvenzrecht auf den aktuellen Stand.

1. Zivilrecht in Zeiten der Pandemie

Befristet bis zum 30.06.2020 gelten besondere Regelungen in Deutschland. Diese sollen insbesondere von der Corona-Pandemie Betroffene schützen. Es bestehen nun Möglichkeiten, Leistungen einstweilen zu verweigern oder einzuschränken. Dadurch normalerweise entstehende Nachteile sollen sich nicht ergeben.

Für Verbraucher und Kleinunternehmen ist gewährleistet, dass sie noch Zugang zur Grundversorgung (Strom, Gas, Telefon) erhalten. Auch wenn ein finanzieller Engpass besteht, darf man diese Versorgungen nicht abstellen.

Für Mietverhältnisse wird das Recht der Vermieter auf Kündigung eingeschränkt. Dies gilt sowohl für Wohnraum- als auch für Gewerbemietverträge. Wegen Mietschulden, die im Zeitraum vom 01.04.2020 – 30.06.2020 entstehen, dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen. Auch wenn also Mieter nicht mehr in der Lage sind, die monatliche Miete wegen der Pandemie zu begleichen, sind sie geschützt. Erforderlich ist allerdings, dass der Mieter belegt, dass der Verzug durch den Corona-Virus entstanden ist.

Außerdem bleibt die Pflicht des Mieters zur Zahlung der Miete bestehen. Man erhält nur länger Zeit als vertraglich vereinbart, um die Miete aufzubringen.

Im Hinblick auf Verbraucherdarlehensverträge wird eine Regelung getroffen, um Kreditnehmer vor Zahlungsproblemen zu schützen. Es besteht eine gesetzliche Möglichkeit zur Stundung aller Forderungen aus den Monaten April bis Juni 2020 für drei Monate. Notwendig ist, dass die Zahlung wegen der Corona-Krise nicht mehr zumutbar ist. Die Beteiligten können ebenso versuchen, eine abweichende Vereinbarung bzw. Vertragsanpassung zu erreichen. Auch ist eine Kündigung zu Lasten des Verbrauchers in dieser Zeit ausgeschlossen.

2. Insolvenzrecht in Zeiten der Pandemie

Die Pflicht zur Beantragung einer Insolvenz wird bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Damit möchte man erreichen, dass trotz der aktuellen wirtschaftlichen Situation Unternehmer ihre Geschäfte fortführen können. Außerdem möchte man Anreize schaffen, dass die Betroffenen selbst für finanziellen Aufschwung sorgen. Die Pflicht bleibt bestehen, wenn die Insolvenz nicht auf der Corona-Krise beruht. Ebenso, wenn keine Aussicht auf finanzielle Besserung besteht.
Für einen Übergangszeitraum von drei Monaten dürfen auch Insolvenzgläubiger nicht die Eröffnung von Insolvenzverfahren beantragen.

Diese Änderungen können bis zum 31.03.2021 verlängert werden.

3. Weitere Änderungen zum Gesellschaftsrecht, Vereinsrecht und Wohnungseigentumsrecht

Die gesetzlichen Änderungen sollen die betroffenen Unternehmen in die Lage zu versetzen, auch weiterhin handlungsfähig zu bleiben. Deshalb hat man vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Versammlungen geschaffen.

Bei einer GmbH können Beschlüsse nun auch schriftlich erfolgen, wenn nicht sämtliche Gesellschafter zustimmen (siehe § 48 GmbHG).

Für die Abhaltung von Mitgliederversammlungen in Vereinen gelten Vereinfachungen. Es soll die Möglichkeit der elektronischen Teilnahme bzw. schriftlicher Abstimmung bestehen.

Im Wohnungseigentumsrecht gilt, dass sowohl der zuletzt bestellte Verwalter als auch der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bestehen bleiben. Dies soll gelten, bis die Gemeinschaft hierüber neu beschlossen hat.

4. Abstimmung

Daneben enthielt das Maßnahmenpaket natürlich diverse weitere, insbesondere finanzielle Unterstützungsleistungen. Dabei stieß der Gesetzesentwurf überwiegend auf Zustimmung in Bundestag und Bundesrat.

Abgelehnt hat man einen Antrag der Linken auf ein vorübergehendes Verbot von Zwangsräumungen sowie der Sperre von Strom-, Gas-, Fernwärme-, Wasser- und Telefonversorgung. Auch ein Antrag der AfD-Fraktion wurde abgelehnt. Der sah kurzfristige Liquiditätshilfen für Vermieter vor; manche seien darauf für ihren Lebensunterhalt oder die Aufrechterhaltung ihres Gewerbes dringend angewiesen.

5. Fazit

Weitreichende Maßnahmen hat die Bundesregierung innerhalb weniger Tage auf den Weg gebracht. Dabei steht der Schutz von Verbrauchern und Unternehmern an oberster Stelle. Man ist bemüht dafür zu sorgen, dass kein Unternehmen an dieser Pandemie zugrunde geht und niemand sein Zuhause verliert.

Problematisch an dieser Herangehensweise ist jedoch, dass irgendjemand immer die wirtschaftlichen Folgen dieser Maßnahmen tragen muss.

Gerade im Mietrecht zeigt sich bereits jetzt, dass von den gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird. Ob Mieter die Regelung zu sehr zu ihren Gunsten nutzen, wird abzuwarten sein. Ebenso, wie sehr Vermieter dadurch in eigene finanzielle Bedrängnis geraten. Zwar bleibt die Pflicht zur Mietzahlung bestehen. Aber auch Vermieter haben laufenden Kosten zu tragen oder sind auf den pünktlichen Zahlungseingang angewiesen. Außerdem bringt die Pflicht zur Mietzahlung nicht viel, wenn ein Jahr später beim Mieter womöglich keine Liquidität (mehr) gegeben ist.

In einer solchen Ausnahmesituation können wir nur hoffen, dass die jeweiligen Vertragspartner versuchen, eine für beide Seiten verträgliche Lösung zu finden. Einmal mehr kommt es auf Solidarität an.

Für Fragen steht Ihnen unsere Kanzlei selbstverständlich zur Verfügung, bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf.


Recht und Gesetz in Zeiten von Corona

Was ist eigentlich noch möglich?

In Zeiten eine weltweiten Pandemie ist häufig nicht mehr die erste Überlegung, was Recht und Gesetz tatsächlich zulassen. Vielmehr geht es den meisten darum, wirtschaftlich überhaupt zu überleben. Die Prioritäten sind klar verschoben. Doch was gilt, wenn man in bestimmten Vertragsangelegenheiten keine Einigung erzielen kann? Was gilt dann für rechtliche Ansprüchen in Zeiten der Corona-Krise? Wir möchten über Grundsätzliches informieren zu Themen, die womöglich derzeit brisant sind.

1. Reiserücktritt aufgrund von Corona

Am 17.3.2020 sprach die Regierung eine weltweite Reisewarnung wegen des Corona-Virus aus. Dies wirkt sich erheblich auf bereits gebuchte und unmittelbar bevorstehende Reisen aus.

Aufgrund der nun ausgesprochenen Reisewarnung besteht aber die Möglichkeit der kostenfreien Stornierung. Bereits geleistete Anzahlungen auf den Reisepreis muss ein Reiseveranstalter zurückerstatten.

 

Immer dann wenn ein Reisevertrag nach deutschem Recht vorliegt, kann ein Reisender bei einer derart hohen Ansteckungsgefahr weltweit nicht an der Buchung einer Reise festgehalten werden.

Vorsicht ist nur dann geboten, wenn die Urlaubsreise erst in weit entfernter Zukunft stattfinden sollte. Denn möglicherweise besteht zu diesem Zeitpunkt die Reisewarnung gar nicht mehr. In solchen Fällen ist ratsam noch etwas abzuwarten, wie sich der Zustand und die Einschätzung hinsichtlich der Reisewarnung entwickelt.

Gleiches gilt auch für diejenigen, die einzelne Reiseleistungen im Ausland gebucht haben. Wer das Reiseziel überhaupt nicht mehr erreichen kann, muss kostenfrei stornieren können. Dies gilt mittlerweile weitreichend aufgrund der geschlossenen Grenzen.

Nur wer direkt bei einem Anbieter im Ausland Reiseleistungen gebucht hat, muss sich an den Vertrag des Anbieters halten. In solchen Fällen greift nämlich üblicherweise nicht deutsches Recht, sondern das Recht des jeweiligen Staates.

Ganz besonders sollte jeder derzeit das eigene wirtschaftliche Risiko bedenken. Gerade wenn zeitnahe Anzahlungen von Reisebuchungen fällig werden, raten wir dazu abzuwarten. Denn diverse Reiseveranstalter drohen aufgrund der weltweiten Krise insolvent zu gehen. Möglicherweise sehen Kunden im Falle einer Zahlung sonst auch bei kostenfreier Stornierung ihr Geld nicht wieder.

2. Miete im Einzelhandel

Auch der stationäre Einzelhandel steht vor immensen Herausforderungen. Ladengeschäfte (abgesehen von wenigen Ausnahmen) sind aktuell und für längere Zeit geschlossen.

Viele stellen sich die Frage, ob in solchen Fällen eine Möglichkeit besteht, die monatlichen Miete herabzusetzen.

Generell wird ein Mieter aufgrund der staatlichen Anordnung zur Schließung nicht von den geschuldeten Zahlungen frei. Das betrieblich bezogene Risiko eines gewerblichen Mietvertrages trifft leider den Mieter.

Anders kann es aber dann sein, wenn im Mietvertrag ein bestimmter Nutzungszweck vorgesehen ist. Kann man diesen Nutzungszweck nämlich nicht mehr wahrnehmen, so hilft dies womöglich einem Mieter. Denn er kann sich dann darauf berufen, dass der Zweck des Vertrages nicht mehr erfüllbar ist. Folge wäre, dass er eine vertraglich vereinbarte Miete nicht mehr schulden würde.

Daneben kommt aber ebenso eine sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht (§ 313 BGB). Hierfür spricht vieles, da man eine weltweite Pandemie nur schlecht einer der beiden Vertragsparteien anlasten kann. Das würde zu einer Anpassung oder Aufhebung des Mietvertrages führen. Auf diesem Weg kann man womöglich auch eine Herabsetzung der Miete erreichen.

Welche Variante bzw. Maßnahmen im jeweiligen Einzelfall zielführend ist, können aber zwingend nur die Parteien erörtern.

Die Problematik könnte sich aber ohnehin mit dem seitens der Bundesregierung geplanten Maßnahmenpaket zum Mieter- und Verbraucherschutz erledigen. Dieses soll noch diese Woche verabschiedet werden.

3. Verbraucher im Einzelhandel

Auch Verbraucher können ihre Rechte gegenüber Unternehmern derzeit kaum ausüben. Denn der Kontakt zum Unternehmer ist völlig auf Eis gelegt.

Reklamationen wegen beschädigter Ware sollte man unbedingt schriftlich geltend machen. Hier gibt es meist gesetzliche Fristen, die es zu wahren gilt. Da viele Unternehmer um ihre Existenz bangen, sollte man als Verbraucher nicht auf deren Kulanz hoffen.

Auch ein genereller Umtausch von Waren (ohne Grund) ist derzeit erheblich erschwert. Dazu muss man aber wissen, dass es ohnehin kein grundsätzliches Umtauschrecht im stationären Handel gibt. Dies geschah in der Vergangenheit immer nur aus reiner Kulanz des Unternehmers. Ein Anspruch des Kunden darauf kann nur angenommen werden, wenn dies zwischen den Parteien vereinbart und auch beweisbar ist.

Es wird abzuwarten sein, wie sehr die Unternehmer bis zur Wiedereröffnung des stationären Handels wirtschaftlich gelitten haben und ob dann noch Raum für eine etwaige Kulanz besteht.

4. Fazit zur Corona-Krise

Darüber hinaus gibt es viele weitere rechtliche Fragen und Entwicklungen im Zusammenhang mit der Pandemie. Der Beratungsbedarf von Verbrauchern und Unternehmern ist denknotwendig erheblich. Alle sehen sich mit Problemen, Fragen und Themen konfrontiert, die man bis vor wenigen Wochen nicht für möglich gehalten hätte.

Sollten auch Sie Fragen zu rechtlichen Themen im Zusammenhang mit der Corona-Krise haben, können Sie sich gerne jederzeit telefonisch oder per E-Mail an uns wenden. Der persönliche Kontakt zu Mandanten ist derzeit zwar eingeschränkt; jedoch stehen wir natürlich auf sämtlichen anderen Kanälen gerne beratend zur Seite.


Eltern-Kind-Zentrum in der Wohnungseigentumsanlage

Wie störend ist der Kinderlärm?

Innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage ist oft Rücksicht auf andere Bewohner geboten. Das gilt sowohl für die störenden Bewohner, die sich entsprechend zurückhalten sollen, als auch für die übrigen, die gewisse Lärmbelästigungen ertragen müssen.

Viele Einzelheiten zum zulässigen Verhalten können in der Teilungserklärung enthalten sein.

Der Bundesgerichtshof hatte nun kürzlich zu entscheiden, wie es sich bei einem Eltern-Kind-Zentrum innerhalb einer Wohnungsanlage verhält (Urteil vom 13.12.2019, Az.: V ZR 203/18).

1. Der Sachverhalt: Lärm durch Kinder in der Eigentumsanlage

Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft. Die Wohnung der Kläger befindet sich im ersten Obergeschoss des Objektes. Geklagt wurde gegen einen Verein, der als solcher eine Einheit im Erdgeschoss anmietete. Streitpunkt war eine etwaige Ruhestörung durch Kinder.

In der Teilungserklärung des Objektes wurde bestimmt, dass das von der Beklagten genutzte Mietobjekt als „Laden mit Lager“ benutzt werden dürfe.

Der Beklagte nutzte die Einheit als Eltern-Kind-Zentrum. Hintergrund des Zentrums war und ist laut Satzung des Vereins, der Isolation von Eltern entgegenzuwirken. Dies sei nämlich für Familien in Großstädten zunehmend ein Problem.

Die Öffnungszeiten des Zentrums gelten montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr. Vormittags findet dort eine Art Mini-Kindergarten für Kinder zwischen 18 und 36 Monaten statt. Montags und Freitags wird der Kurs „Deutsch als Fremdsprache“ für Eltern abgehalten. Nachmittags veranstaltet der Beklagte ein „offenes Spielzimmer“ für Kinder und Familienangehörige mit Kaffee und Kuchen sowie Spielecke und einigen Kinder-Kursen. Samstags treffen sich von 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr die „scuola Italiana“ mit Kindern von 4 bis 6 Jahren und einmal monatlich von 13 Uhr bis 16 Uhr eine Pfadfinderinnen-Gruppe.

Außerdem finden unregelmäßig Kinder-Feiern, Flohmärkte oder Vorträge statt.

 

2. Bisheriger Prozessverlauf

Die Kläger klagten gegen den Verein und verlangten die Unterlassung der Nutzung als Eltern-Kind-Zentrum. Daneben ging es auch darum, dass auf der Außenfläche vor der Einheit keine Kinderwägen und Fahrräder abgestellt werden sollten. Im Kern wollten die Kläger erreichen, dass die Lärmbelästigung von dieser Einheit reduziert würde.

Das Landgericht München I hat in erster Instanz einen Anspruch auf Unterlassung bejaht. Der Beklagte ging in Berufung vor dem Oberlandesgericht München, doch blieb auch hier erfolglos. Mit der Revision zum Bundesgerichtshof verfolgt der Beklagte sein Vorhaben weiter.

3. Die Entscheidung: Lärm durch Kinder ist erlaubt!

Der Bundesgerichtshof war anderer Auffassung als die Vorinstanzen und hat nun der Revision des Beklagten stattgegeben. Zumindest in der Hauptsache, nämlich die Unterlassung der Nutzung als Eltern-Kind-Zentrum, sah er den Beklagten im Recht. Hinsichtlich der Störungen in den Außenflächen sowie etwaiger Lärmbelästigungen muss nun das Oberlandesgericht – wegen der abweichenden Entscheidung im Hauptantrag – neu entscheiden.

Ein Wohnungseigentümer kann generell gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung verlangen, wenn dieser die Einheit anders nutzt als in der Teilungserklärung vorgesehen. Das gilt zwar dann nicht, wenn die tatsächliche Nutzung nicht mehr stört als die erlaubte Nutzung. Geräusche, die von einem Eltern-Kind-Zentrum ausgehen, sind aber typischerweise lauter und störender als die eines Ladens mit Lager. Dies würde zunächst für einen Anspruch auf Unterlassung sprechen.

Der Bundesgerichtshof verneint einen Anspruch aber trotzdem.

Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind nämlich Geräusche, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen oder ähnlichen Einrichtungen ausgehen, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Dies liegt daran, dass „Kinderlärm“ generell durch Gesetz und Rechtsprechung privilegiert behandelt wird. Das müsste man auch bei der Prüfung, ob die Nutzung von der Teilungserklärung gedeckt sei, berücksichtigen. Dass die Teilungserklärung bedeutend älter ist als das Bundesimmissionsschutzgesetz, spielt dabei keine Rolle.

Anders könnte man es nur sehen, wenn die Nutzung komplett im Widerspruch zur vorgesehenen Nutzung stünde. So wäre es beispielsweise bei einem konzipierten Ärztehaus, da hier auch der professionelle Charakter des Gebäudes leiden würde.

Das Eltern-Kind-Zentrum fällt ebenfalls unter eine solche Bevorzugung. Dem steht nicht entgegen, dass dort auch Erwachsenen-Kurse angeboten werden. Das Hauptaugenmerk der Einrichtung ist und bleibt die Frühförderung der Kinder.

4. Fazit

Die Entscheidung mag an manchen Stellen auf Verwunderung stoßen. Immerhin besagt die Teilungserklärung eindeutig, welche Nutzung zugelassen ist (und im Umkehrschluss daraus, welche eben gerade nicht).

Allerdings ist die Rechtsprechung in vielerlei Hinsicht seit geraumer Zeit äußerst kinderfreundlich und privilegiert ausdrücklich jeglichen „Lärm“, der von Kindern ausgeht bzw. mit Einrichtungen für Kinder in Verbindung steht. Insofern ist vor diesem Hintergrund die Entscheidung nur konsequent.

Für die Bewohner des Hauses ist dies, falls diese sich von der Einrichtung gestört fühlen, natürlich nur ein geringer Trost. Immerhin sah man sich aufgrund der Teilungserklärung auf der sicheren Seite.

Hier wird aber aufgrund der Bevorzugung zu Gunsten von Familien und Kindern für die Zukunft nur eine Änderung bzw. Verschärfung der Teilungserklärung helfen. Ob dies von der Mehrheit der Eigentümer gewollt sein wird, bleibt fraglich. Immerhin empfinden viele Menschen „Kinderlärm“ nicht als derart störend.

Sie haben Fragen zu dieser Entscheidung oder zu einem anderen Thema bezüglich Wohnungseigentum? Gerne können Sie sich hierzu mit uns in Verbindung setzen. Wir sind als Kanzlei unter anderem auf Probleme im Rahmen des WEG spezialisiert. Wir helfen Ihnen gern!

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