Der Erbschein – Wann und Warum?

Vielen ist er ein Begriff und doch weiß keiner, in welchen Situationen und wieso man ihn braucht: den Erbschein. Bei nahezu jedem Todesfall taucht im Rahmen einer etwaigen Erbauseinandersetzung dieses Wort auf. Wir wollen das Konstrukt näher beleuchten und vor allem klarstellen, wann sich die Investition tatsächlich lohnt und wann man getrost darauf verzichten kann.

1. Begriff

Der Erbschein ist ein Zeugnis des Nachlassgerichts, das besagt, wer Erbe ist und ob dieser irgendwelchen Beschränkungen hinsichtlich seiner Verfügungsmacht über die Erbmasse unterliegt (§ 2353 BGB). Darin enthalten sind die folgenden Angaben:

  • Person des Erblassers (inklusive Todestag und letztem Wohnsitz)
  • Person des Erben
  • Umfang des Erbrechts (sog. Erbquote)
  • Etwaige Nacherbschaft
  • Etwaige Testamentsvollstreckung

Darüber, welche Erbmasse besteht oder gar über den Wert derselben trifft der Erbschein aber grundsätzlich keine Aussage.

2. Arten

Es gibt verschiedene Arten des Erbscheins.

Da wäre zunächst der Alleinerbschein, welcher bereits dem Namen nach nur ausgestellt wird, wenn es einen einzigen testamentarischen oder gesetzlichen Alleinerben gibt.

Ein gemeinschaftlicher Erbschein kommt in Betracht, wenn es mehrere Personen gibt, die einen Erblasser beerbt haben und ihnen deshalb das Erbe gemeinschaftlich zusteht. Darin werden alle Miterben entsprechend ihrer Erbquote als Erben benannt. Dabei ist nicht relevant, ob einer der Miterben oder alle gemeinsam den Antrag auf Erlass eines Erbscheins stellen.

Einen Teilerbschein erhalten einzelnen Miterben, wenn diese einen Nachweis über ihr anteiliges Erbrecht haben möchten. Dies kann vor allem bedeutsam sein, wenn nicht alle Miterben feststellbar sind, die restlichen Miterben aber eine Bescheinigung über ihr Erbrecht möchten bzw. brauchen.

Selbstverständlich gibt es als Kombination auch den gemeinschaftlichen Teilerbschein, welcher dann erforderlich wird, wenn beispielsweise zwei von drei Miterben einen gemeinschaftlichen Erbschein erhalten möchten, der dritte Miterbe aber nicht feststellbar ist.

3. Verfahren

Ein Erbschein wird generell nur auf Antrag hin erteilt.

Ein solcher Antrag ist beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht erforderlich. Sachlich zuständig ist jeweils das Amtsgericht als Nachlassgericht, örtlich zuständig ist meist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

An eine bestimmte Form ist der Antrag auf Erlass eines Erbscheins nicht gebunden. Dies ist insbesondere auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts möglich (§ 23 FamFG). Inhaltlich muss der Antrag enthalten:

  • Namen und Todestag des Erblassers
  • Person des/der Erben
  • Erbteile
  • Etwaige Beschränkungen (Vor-/Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung)
  • Angabe, ob die Erbenstellung aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge besteht.

Sämtliche Angaben des Erben muss dieser auch mit entsprechenden Erklärungen bzw. Nachweisen belegen. Soweit es Urkunden gibt, die ihn zum Erben ernennen, so hat er diese vorzulegen sowie die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern (§ 352 Abs. 3 S. 2 FamFG).

Berechtigt zur Antragstellung sind stets nur der/die Erben.

Nach Antragstellung und Vorlage sämtlicher entscheidungserheblicher Dokumente ermittelt das Nachlassgericht von Amts wegen den Sachverhalt (§ 26 FamFG) und entscheidet sodann über den Antrag. Bei fehlenden Unterlagen ergeht eine Zwischenverfügung des Nachlassgerichts. Anderenfalls ergeht ein Beschluss, der entweder regelmäßig bereits die Entscheidung wie im Erbschein enthält (Feststellungsbeschluss gemäß § 352e Abs. 1 FamFG) oder der möglicherweise auch den Antrag auf Erlass des Erbscheins zurückweist.

Im Falle des Feststellungsbeschlusses erteilt sodann das Nachlassgericht den beantragten Erbschein.

Die Kosten eines Erbscheinsverfahrens bestimmen sich nach dem Wert des Nachlasses. Je höher der Wert des Nachlasses, desto höher sind die Gerichtskosten für die Erteilung.

4. Wirkung

Wird ein Erbschein ausgestellt, so kommt diesem gemäß § 2365 BGB eine sogenannte Vermutungswirkung zu. Dies bedeutet, dass vermutet wird, dass demjenigen, der im Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das im Erbschein angegebene Recht auch tatsächlich zusteht und dass er nicht durch andere als im Erbschein angegebene Anordnungen in seiner Verfügungsmacht beschränkt ist.

Außerdem entfaltet der Erbschein eine Richtigkeitsfiktion (§ 2366 BGB). Das heißt, dass man grundsätzlich vermutet, dass die Angaben in einem erteilten Erbschein Ihre Richtigkeit haben. Erwirbt also jemand einen Erbgegenstand von einem Erben, der laut Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, so gilt zu Gunsten des Erwerbers der Inhalt des Erbscheins als richtig. Auch wenn also der Erbe laut Erbschein gar nicht Erbe wäre (und der Erbschein somit falsch wäre), wäre das Geschäft zwischen Erbe und Erwerber trotzdem wirksam. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Erwerber den Erbschein kennt. Diese Wirkung tritt ab Erteilung des Erbscheins quasi allgegenwärtig ein.

Die Richtigkeitsfiktion entfällt nur, wenn zeitlich mehrere sich widersprechende Erbscheine im Umlauf sind.

5. Fehlerhafter Erbschein

Zeigt sich nach Erteilung eines Erbscheins, dass die darin enthaltenen Feststellungen falsch sind, so bestehen verschiedene Möglichkeiten.

Zum einen kann ein falscher Erbschein eingezogen werden (§ 2361 BGB). Dies geht nur, wenn ein Erbschein erteilt und ausgehändigt wurde und sich nach Aushändigung dessen Fehlerhaftigkeit herausstellt. Die Einziehung erfolgt von Amts wegen, das heißt ohne entsprechenden Antrag durch das Gericht selbst; ein Antrag kann aber als Anregung an das Gericht sinnvoll sein, um dies überhaupt hierüber in Kenntnis zu setzen und so das Verfahren zu beschleunigen.

Zum anderen kann das Nachlassgericht einen fehlerhaften Erbschein für kraftlos erklären. Dies erscheint immer dann sinnvoll, wenn man den Erbschein nicht sofort zur Einziehung erlangen kann.

6. Erforderlichkeit des Erbscheins

Weit verbreitet ist die Ansicht, dass stets nach Eintritt eines Erbfalls ein Erbschein benötigt wird, um die Erbenstellung auszuweisen. Dem ist jedoch nicht so.

Unterschieden werden muss dabei, bei welcher Stelle ein Erbrecht nachgewiesen und somit möglicherweise ein Erbschein vorgelegt werden soll.

a) Vorlage beim Grundbuchamt

Geht es um einen Erbnachweis gegenüber dem Grundbuchamt, so hilft § 35 GBO weiter. Danach wird grundsätzlich ein Erbschein gefordert. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag), die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt anstelle des Erbscheins auch die Vorlage der Verfügung sowie die Niederschrift des Amtsgerichts über die Eröffnung der Verfügung.

Testament

b) Vorlage bei Banken

Zur Vorlage bei Banken ist die tatsächliche Rechtslage sogar noch deutlicher. Bis vor einigen Jahren (und teils noch heute) forderten Banken bei Eintritt eines Erbfalls ausnahmslos die Vorlage eines entsprechenden Erbscheins. Dabei stützten sie sich zumeist auf Regelungen in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach es in deren Ermessen gestellt sei, die Verfügung von Erben über Nachlasskonten von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.

Dem nahm jedoch der Bundesgerichtshof bereits vor einigen Jahren den Wind aus den Segeln und stellte klar, dass derartige Klauseln unwirksam seien. Dies wurde zu Recht damit begründet, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung eines Erbscheins besteht und dies zudem einige Zeit in Anspruch nehmen kann, in welcher den Erben der Zugriff auf die Nachlasskonten verwehrt bleibt (BGH, Urteil vom 08.10.2013, Az.: XI ZR 401/12). Im Nachgang wurden sogar Banken zur Erstattung der unnötig entstandenen Kosten für die Erteilung eines Erbscheins verpflichtet (BGH, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15).

Voraussetzung dafür ist, dass das Erbrecht unproblematisch nachgewiesen werden kann. Im vorbenannten Fall des BGH ging es um ein handschriftliches Ehegattentestament, ein sog. Berliner Testament. Solange sich also keine konkreten und begründeten Zweifel an der Richtigkeit eines Testaments ergeben, muss mittlerweile auch zur Vorlage bei Banken ein handschriftliches Testament zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügen.

7. Fazit

Ein Erbschein ist ein Dokument, das die Erbenstellung sowie die konkrete Berechtigung des Erben ausweist. Bei Eintritt eines Erbfalls wird die Vorlage eines Erbscheins an vielen Stellen verlangt. Der Aufwand zur Erlangung eines Erbscheins ist meist überschaubar; die Beantragung und Erteilung ist jedoch mit Kosten verbunden, die gerade bei größerer Erbmasse nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen können. Dabei ist es sinnvoll zu prüfen, ob ein Erbschein im jeweiligen Fall überhaupt nötig ist.

Sollten Sie Hilfe bei der Prüfung der Erforderlichkeit eines Erbscheins benötigen oder möchten Sie einen entsprechenden Antrag beim Nachlassgericht stellen und wünschen sich dabei rechtliche Unterstützung, so stehen wir hierfür jederzeit gerne kompetent zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns hierfür am besten telefonisch oder per E-Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Sie.


Grundzüge des Erbrechts Teil IV: Das Berliner Testament

Die gängigste Variante des gemeinschaftlichen Testaments

In unseren bisherigen Beiträgen haben wir erläutert, wie es um die gesetzliche Erbfolge bestimmt ist, wie man durch Testament hiervon abweichen kann und wann ein Pflichtteilsrecht besteht. Ein Testament kann jedoch auf verschiedene Arten ausgestaltet sein. Eine weit verbreitete Möglichkeit ist das sogenannte „Berliner Testament“. Was es damit auf sich hat und woran man dabei denken sollte, wollen wir heute näher erklären.

1. Grundsätzliches

Wie bereits in Teil II unserer Reihe erörtert, kann man durch Errichtung eines Testaments von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Dabei kann jede natürliche Person selbstständig über ihr Hab und Gut verfügen und ein eigenständiges Testament errichten.

Verheiratete Paare wollen jedoch häufig eine gemeinsame Regelung treffen bzw. zusammen entscheiden, wie sie zu welchem Zeitpunkt mit dem gesamten Vermögen umgehen wollen.

Für solche Fälle können Ehepartner gemäß § 2265 BGB ein gemeinschaftliches Testament erstellen.

Berliner Testament

2. Das „Berliner Testament“

Das „Berliner Testament“ ist dabei die meist verbreitete Ausformulierung.

Davon spricht man in Fällen, in denen Eheleute oder Lebenspartner sich gegenseitig zu Erben einsetzen, sodass nach dem Tod des ersten Partners der Ehegatte entsprechend abgesichert ist. Gleichzeitig bestimmen die Eheleute, dass sie nach dem Tod des Letztversterbenden die gemeinsamen Kinder entsprechend begünstigen.

Letztendlich entscheiden sich also beide Ehegatten dafür, dass eine bestimmte Erbfolge eintreten soll. Da nicht klar ist, welcher der beiden Eheleute zuerst verstirbt, sollten man hier hinsichtlich der Formulierungen immer alle Eventualitäten bedenken. Immerhin regeln die Ehepartner durch ein gemeinschaftliches Testament nicht nur einen Erbfall, sondern es wird letztendlich für zwei Erbfälle verfügt. Der Zeitraum bis zum Tod des Letztversterbenden kann daher auch recht lang sein und dadurch weitere Todesfälle oder auch Neugeburten von potentiellen Erben beinhalten.

3. Bindungswirkung

Oft geht es Ehepartnern so, dass die Verfügung in Form eines Berliner Testaments nur vorgenommen wird, weil der Ehegatte dies ebenso tut. Man will den Partner also üblicherweise nur zum Erben einsetzen (und zeitgleich die Kinder hintan stellen), weil dieser im Falle des Erstversterbens des Partners die eigene Person ebenso begünstigt.

Deshalb entfaltet ein Berliner Testament bzw. ein gemeinschaftliches Testament oft eine besondere Bindungswirkung. Während man ein alleiniges Testament jederzeit widerrufen bzw. durch ein neueres Testament abändern kann, muss bei gemeinschaftlichen Testamenten stets geprüft werden, ob darin befindliche Verfügungen wechselbezüglich sind. Dies ist der Fall, wenn man davon ausgeht, dass eine darin getätigte Erklärung nur abgegeben wurde, weil eine andere Erklärung des Partners darin enthalten ist.

Auf diesem Weg möchte man vermeiden, dass nach dem Tod des Erstversterbenden der Ehepartner von seinen Verfügungen Abstand nimmt. Sonst wäre es für diesen möglich, nach Erhalt des Erbes von seinem Partner neu zu verfügen und nicht mehr die Personen zu begünstigen, die der Verstorbene eingesetzt hat.

Gerade nach dessen Tod hat dieser jedoch logischerweise keinen Einfluss mehr darauf. Insofern soll durch die fehlenden Widerrufsmöglichkeiten der Wille des bereits verstorbenen Ehegatten besondere Beachtung finden.

Auch aufgrund dieser Bindungswirkung ist es umso wichtiger, für jeden erdenklichen Fall vorzusorgen und entsprechende Formulierungen zu verwenden, die später eine eindeutige Auslegung für den Erbfall ermöglichen.

4. Einheits- und Trennungslösung

Nun ist es aber nicht so, dass ein Berliner Testament stets exakt die gleiche Erbfolge mit sich bringt und damit die Formulierungen konkret vorgegeben sind. Stattdessen gibt es zwei verschiedene Varianten, genannt die Einheitslösung und die Trennungslösung.

a) Einheitslösung

Nach der Einheitslösung setzt jeder seinen Ehepartner zum Vollerben ein. Dieser erhält also im Zeitpunkt des Todes seines Partners dessen gesamtes Vermögen ohne jegliche Einschränkungen.

Die gemeinsamen Kinder beerben erst den Letztversterbenden der beiden Ehegatten. Im Zeitpunkt des Todes des Erstversterbenden erhalten sie also noch keinen Anteil an dessen Vermögen.

Dies hat unweigerliche Auswirkungen, welche man bedenken sollte:

Zum einen wandert das Vermögen des Erblassers automatisch in das Vermögen des überlebenden Ehegatten. Dieser kann damit ab dem Zeitpunkt des Todes frei darüber verfügen, bis zu seinem eigenen Tod. Das Vermögen des Erblassers und das Vermögen des überlebenden Ehegatten verschmelzen also zu einer Einheit (daher Einheitslösung). Die Kinder werden erst durch den Tod des zweiten Ehegatten begünstigt. Dadurch kann es dazu kommen, dass das Vermögen zur Zeit des ersten Erbfalls größer ist als zum Zeitpunkt des späteren zweiten Erbfalls und insofern die Kinder insgesamt finanziell schlechter gestellt werden. Dafür erhält der Ehegatte (meist eher im höheren Alter) die entsprechende finanzielle Absicherung.

Zum anderen ist logische Folge dieser Regelung, dass die Kinder letztlich im ersten Erbfall enterbt sind (diese berücksichtigt man ja erst beim zweiten Erbfall). Dadurch steht ihnen automatisch nach dem Tod des ersten Ehegatten ein Pflichtteilsrecht zu. Dieses können sie geltend machen, müssen dies aber nicht.

b) Trennungslösung

Alternativ kann man jedoch auch, gerade um diese Auswirkungen zu vermeiden, die Trennungslösung wählen.

Dabei setzen sich nämlich die Eheleute lediglich zu Vorerben und die gemeinsamen Kinder zu Nacherben ein. Dies bedeutet, dass das Vermögen des Erstversterbenden zwar auf den Ehepartner übergeht, aber nicht mit dessen Vermögen verschmilzt. Stattdessen bleiben die beiden Vermögen in dessen Person getrennt und dadurch nachvollziehbar, welcher Anteil dem überlebenden Ehepartner vollumfänglich und welcher Anteil diesem nur vorerbenberechtigt gehört.

Der Unterschied besteht darin, dass der überlebende Partner als Vorerbe nicht völlig unbeschränkt über das Vermögen verfügen darf. Stattdessen unterliegt er gewissen Verfügungsbeschränkungen (§§ 21132115 BGB). So darf er beispielsweise über Grundstückswerte nicht uneingeschränkt verfügen (§ 2113 Abs. 1 BGB) oder zum Nachteil der Nacherben Erbschaftsgegenstände verschenken (§ 2113 Abs. 2 BGB).

Dadurch werden die Kinder zunächst nicht enterbt, da sie ja Nacherben geworden sind, sodass dies die Geltendmachung eines Pflichtteilsrechts abwendet.

Außerdem stellt diese Variante sicher, dass der Nachlass möglichst ungeschmälert an die Kinder übergeht.

Allerdings unterliegt dadurch der überlebende Ehegatte erheblichen Einschränkungen und ist bei gewichtigen Geschäften oft an die Zustimmung der Kinder als Nacherben gebunden.

Um dies zu vermeiden, müssen die Eheleute im Testament anordnen, dass der Überlebende von den Beschränkungen befreit sein soll (§§ 2136 f. BGB). Dadurch kann zumindest die Verfügungsmacht des Vorerben gesteigert werden. Eine vollständige Befreiung ist hingegen nicht möglich (das Verbot der Schenkungen gem. § 2113 Abs. 2 BGB bleibt).

c) Entscheidung

Grundsätzlich muss bei Vorliegen eines Berliner Testaments entschieden werden, welche der beiden Varianten die Eheleute gewählt haben.

Soweit diese im Testament nicht ausdrücklich eine Methode benannt haben, ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Lösung die Ehepartner angestrebt haben. Bereits die Benutzung einzelner Wörter (z.B. „Ehepartner als Alleinerbe“) können hier eindeutige Hinweise geben.

Sollte abschließend eine klare Auslegung nicht möglich sein, spricht § 2269 Abs. 1 BGB für die Vermutung der Einheitslösung.

Möchte man also hiervor abweichen, sollte die Trennungslösung im Testament eindeutig erkennbar sein.

5. Fazit

Es gibt viele Gründe, für Eheleute ein gemeinschaftliches Testament, insbesondere ein Berliner Testament zu errichten. Dabei gibt es jedoch viele Besonderheiten, an die man denken sollte. Die zwei Varianten, die Einheits- und Trennungslösung, bieten ihre jeweiligen Vor- und Nachteile, sodass man am individuellen Erbfall evaluieren sollte, welche Lösung den Interessen der Eheleute am nächsten kommt. Um entsprechend vorzusorgen und nicht letztendlich eine ungewollte Auslegung zu erreichen, sollte der jeweiligen Formulierung besondere Beachtung geschenkt werden. Dafür empfiehlt sich stets eine Erstellung oder Prüfung des Berliner Testaments durch einen Rechtsanwalt. Gerne stehen wir Ihnen dafür als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns dazu am besten telefonisch oder per E-Mail. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.


Grundzüge des Erbrechts – Teil II: Das Testament

Besser doch sagen, was man will!?

In unserem letzten Beitrag haben wir erklärt, welche Erbfolge das Gesetz vorsieht in Fällen, in denen ein Erblasser nicht über sein Vermögen verfügt hat. Doch das Gesetz kann kein Patentrezept für jeden Fall geben; jeder Erbfall ist anders und sollte bestmöglich gehandhabt werden. Aus diesem Grund kann man durch Testament selbst erklären, wie die Erbfolge stattdessen aussehen soll.

1. Grundsituation

Wie bereits erläutert, greift die gesetzliche Erbfolge immer dann, wenn der Erblasser nicht selbst bestimmt hat, wie nach seinem Tod mit seinem Hab und Gut umgegangen werden soll. Dies kann er durch Testament oder Erbvertrag tun. Ein Testament ist dabei eine einseitige Erklärung, was nach dem Tod der Person mit seinem Eigentum geschehen soll (Ausnahme: Gemeinschaftliches Testament). Ein Erbvertrag ist eine zweiseitige Verfügung, wobei man die Begünstigung einer Person von einer bestimmten Gegenleistung abhängig macht (z.B. zwei Personen setzen sich gegenseitig ein, Einsetzung wird an die Pflege bis zum Tod geknüpft etc.).

Grundsätzlich kann also jeder Mensch selbst darüber verfügen, was mit seinem Eigentum nach seinem Tod geschehen soll (sog. Testierfreiheit).

2. Voraussetzungen

Entschließt sich nun eine Person, für den Fall seines Todes vorzusorgen und ein Testament zu verfassen, so muss man daran denken, dass es bestimmte Voraussetzungen gibt, damit ein Testament später als wirksam angesehen wird.

a) Testierfähigkeit

Zum einen muss derjenige testierfähig sein.

Testierunfähig kann ein Mensch sein, wenn er wegen einer geistigen Störung oder Schwäche nicht verstehen kann, was durch ein Testament erklärt wird, oder wenn er noch nicht volljährig ist. Ein Kind zwischen 0 und 16 Jahren ist testierunfähig, zwischen 16 und 18 Jahren ist dieses eingeschränkt testierfähig.

Da im jungen Alter meist noch nicht an die Errichtung eines Testamentes gedacht wird, spielt die Altersgrenze in der Regel eine eher unbedeutende Rolle. War jedoch ein Erblasser zur Zeit der Errichtung eines Testamentes beispielsweise bereits an Demenz erkrankt oder wegen seines hohen Alters in seinen geistigen Fähigkeiten eingeschränkt, so können sich dadurch Zweifel an seiner Testierfähigkeit ergeben.

b) Form

Außerdem ist bei der Errichtung eines Testamentes eine bestimmte Form zu wahren.

Dieses bedarf nämlich grundsätzlich der höchstpersönlichen Errichtung. Dabei kann sich ein Erblasser also nicht durch Vollmacht von einer anderen Person vertreten lassen und es ausfertigen lassen.

Mögliche Formen des Testamentes sind:

Die leichteste und günstigste Variante für einen Erblasser stellt das eigenhändige Testament dar, weshalb sich unsere weiteren Ausführungen auch hierauf beziehen sollen.

Dieses muss eigenhändig in vollständiger Form geschrieben und unterschrieben sein. Ein per Computer gefertigtes Dokument reicht also nicht aus. Am Ende des Dokumentes sollte sich als Abschluss der Erklärung die Unterschrift befindeTestamentn.

Aus dem Dokument muss sich zudem ergeben, dass der darin befindliche Inhalt dem Willen des Erblassers entspricht, wie mit seinem Eigentum umgegangen werden soll (sog. Testierwille).

Auch ist es ratsam, Ort und Datum der Fertigung des Testamentes hinzuzufügen. Damit kann ein Außenstehender später problemlos nachvollziehen, welches von evtl. mehreren geschriebenen Testamenten das aktuellste und deshalb wirksam ist.

Bei einem eigenhändigen Testament empfiehlt sich in manchen Fällen die Verwahrung beim ansässigen Amtsgericht, um zu vermeiden, dass dieses später unentdeckt bleibt. Die Kosten hierfür halten sich im überschaubaren Rahmen und liegen in der Regel bei ca. 75,- Euro.

3. Möglicher Inhalt

Hinsichtlich des Inhaltes eines Testamentes gibt es unzählige Möglichkeiten. Dem Erblasser sind hierbei kaum Grenzen gesetzt.

So kann er nicht nur Personen darin begünstigen, sondern auch bestimmte Personen enterben, um zu vermeiden, dass diese nach der gesetzlichen Erbfolge Erben werden. Den gesetzlichen Pflichtteil kann er jedoch nicht ausschließen, dieser bleibt also bestehen (Ausnahme: Pflichtteilsunwürdigkeit).

Der Personenkreis ist auch vollkommen unbeschränkt, sodass er jede existierende Person oder beispielsweise auch gemeinnützige Vereine begünstigen kann.

Er kann darüber hinaus Vermächtnisse bestimmen, also spezifische Gegenstände zuweisen, ohne dass die jeweilige Person am restlichen Erbe beteiligt wird, oder Auflagen erteilen, also die Begünstigung an die Erledigung bestimmter Dinge knüpfen.

Er kann bestimmen, wie und in welchem Verhältnis sein Eigentum verteilt werden soll. Auch kann er einen Ersatzerben bestimmen, falls der eigentliche Erbe die Erbschaft nicht antreten kann oder will. Außerdem kann er Vor- und Nacherben einsetzen; dies bedeutet, dass zunächst eine Person erben soll, nach dessen Versterben aber die Gegenstände weitergereicht werden sollen (meist ist der Vorerbe auch in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt).

Um sicherzugehen, dass sein Testament auch so umgesetzt wird wie gewünscht, oder auch um minderjährige Begünstigte zu unterstützen, kann er einen Testamentsvollstrecker einsetzen.

4. Auslegung

Da es unzählige Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Errichtung eines Testamentes gibt, resultieren daraus oft Probleme nach Eintritt des Erbfalles (Tod des Erblassers).

Entscheidend ist immer, was der Erblasser mit seiner Aussage erreichen wollte und die Umsetzung des damaligen Testierwillens. Der Wille des Erblassers muss in irgendeiner Form im Testament angedeutet sein, damit dieser später umgesetzt werden kann und muss.

Hier ist es jedoch oft eine Frage der Auslegung, wie welche Formulierung verstanden werden soll. Gerade deshalb entsteht in manchen Fällen Streit darüber, was der Erblasser wirklich gewollt hätte; leider kann man diesen ja nun nicht mehr fragen.

Aus diesem Grund empfiehlt es sich häufig, bei Errichtung des Testamentes die konkreten Verfügungen zu überdenken, auch abwegige Fragestellungen in die Überlegungen mit aufzunehmen und zur Vermeidung von Missverständnissen auf eine eindeutige Formulierung besonders zu achten. Da es meist um größere Vermögenswerte geht (z.B. Grundbesitz), ist es darüber hinaus ratsam, einen gefertigten Testamentsentwurf von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin prüfen zu lassen. Die Kosten hierfür halten sich meist durchaus in Grenzen.

5. Fazit

In den seltensten Fällen ist die gesetzliche Erbfolge wirklich die bestmögliche Variante, um sein Hab und Gut weiterzugeben. Aus diesem Grund kann und sollte man stets selbst entscheiden, wer welche Vermögensgegenstände erhalten soll. Die Facetten der Testamentsgestaltung sind äußerst vielschichtig und bieten beinahe unbegrenzte Möglichkeiten. Dabei sollte jedoch besonders auf die formellen Voraussetzungen und eindeutige Formulierungen geachtet werden. Gerne können wir Ihnen bei der Erstellung oder Prüfung von Entwürfen behilflich sein. Nehmen Sie hierfür einfach per E-Mail oder telefonisch Kontakt mit uns auf.


Erbrechtliche Grundsätze –  Die gesetzliche Erbfolge

Völlig klar – oder doch nicht!?

Trotz allseitigen Warnungen kommt es auch heute noch zu vielen Situationen, in denen im Falle des Todes einer Person kein Testament besteht, sei es, weil der Verstorbene nicht daran gedacht, es nicht für nötig befunden hatte oder schlichtweg überraschend verstarb. Dann ist oft vermeintlich klar, wie die Erbfolge aussieht. Doch auch die gesetzliche Erbfolge hat ihre Tücken, welche manchen juristischen Laien vielleicht nicht bekannt sind.

1. Anwendungsbereich

Wie bereits eingangs angedeutet, kommt es zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge nur, wenn der Verstorbene (sog. Erblasser) nicht selbst eine Verfügung über sein Vermögen getroffen hat. Eine solche letztwillige Verfügung kann ein Testament oder ein Erbvertrag sein.

Dabei schließt aber nicht jede beliebige Verfügung die gesetzliche Erbfolge im Gesamten aus. Stattdessen ist die gesetzliche Erbfolge immer nur ausgeschlossen, soweit durch den Erblasser selbst verfügt wurde.

Das heißt, dass beispielsweise in Fällen, in denen nur über einen Teil des Erbes durch Testament oder Erbvertrag verfügt wurde, oder wenn sich ein gefertigtes Testament im Nachgang als unwirksam herausstellt, jeweils (zumindest teilweise) die gesetzliche Erbfolge anzuwenden ist.

Auch ist beispielsweise durch Testament nicht nur die Einsetzung eines Erben, sondern auch der  Ausschluss bestimmter Personen von der Erbfolge möglich. Wenn ein Testament keinerlei positive Verfügung und nur einen Ausschluss bestimmter Erben beinhaltet, ist denknotwendig auch als Grundlage auf die gesetzliche Erbfolge zurückzugreifen.

Bereits aus diesen wenigen Beispielen ist also ersichtlich, dass nicht nur die Anwendbarkeit der gesetzlichen Erbfolge im Detail zu prüfen ist.

2. Grundsätzliches

Wichtig zum Verständnis der gesetzlichen Erbfolge sind zunächst einige grundlegende Prinzipien.

Die Erbfolge nach dem Gesetz erfolgt nach Stämmen, sodass die jeweiligen Nachkommen inklusive ihrer eigenen Nachkommen stets in Stämme getrennt werden müssen und jeder Stamm neben weiteren Stämmen zu gleichen Teilen Berücksichtigung findet. Bei zwei Kindern als Erben des Verstorbenen erhält jedes Kind die Hälfte des Erbes. Verbleiben aber neben einem Kind des Erblassers zwei Enkel des Erblassers durch einen anderen Stamm, weil ein zweites Kind des Erblassers schon vorverstorben ist (die Enkel sind keine Nachkommen des anderen Kindes, sondern Nichten oder Neffen), würde jeder Stamm die Hälfte erhalten: das Kind erhält also eine Hälfte, die beiden Enkel jeweils ein Viertel. So wird die gleiche Beteiligung der Stämme gewahrt.

Außerdem erfolgt sie innerhalb bestimmter Ordnungen. Dies bedeutet, dass die gesamte (auch noch so entfernte) Verwandtschaft je nach dem Grad der Verwandtschaft in verschiedene Ordnungen unterteilt wird. Niedrigere Ordnungen schließen stets höhere Ordnungen von der Erbfolge aus (§ 1930 BGB). Verwandte erster Ordnung sind eigene Kinder und deren Abkömmlinge. Verwandte zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers sowie deren gesamte Abkömmlinge (Geschwister, Nichten, Neffen des Erblassers etc.) usw.

Gesetzliche Erbfolge

Zwei weitere Grundsätze, das Repräsentations- und das Eintrittsprinzip, treffen Aussagen darüber, wer tatsächlich nach der gesetzlichen Erbfolge innerhalb eines Stammes in Betracht kommt. Auch diese fanden in den vorgenannten Beispielen bereits unbemerkt Anwendung.

Das Repräsentationsprinzip (§ 1924 Abs. 2 BGB) besagt, dass ein potentieller Erbe immer die nach ihm selbst kommenden Verwandten von der Erbfolge ausschließt. Ein Vater repräsentiert also alle seine Kinder sowie weitere Nachkommen in der gesetzlichen Erbfolge.

Das Eintrittsprinzip (§ 1924 Abs. 3 BGB) steht diesem gegenüber und bedeutet, dass an die Stelle eines Erben, der zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits vorverstorben war, dessen Nachkommen treten. Dessen Anteil verteilt sich dann auf seine Nachkommen zu gleichen Teilen.

3. Auswirkungen des Güterstandes

Die bisherigen Ausführungen beziehen sich jedoch rein auf eine Erbfolge unter Abkömmlingen.

Wie vielseits bekannt, steht jedoch einem Ehegatten auch stets ein erhebliches Erbrecht zu. Was viele dabei nicht wissen, hängt deren Umfang aber von Umständen aus der Ehe selbst ab.

Je nach dem, welcher Güterstand zwischen den Eheleuten vereinbart wurde, hat dies Auswirkungen darauf, welcher Anteil am Erbe dem Ehegatten zusteht. Mögliche Güterstände sind Zugewinngemeinschaft, Gütergemeinschaft und Gütertrennung.

Wenn kein Erbvertrag besteht, was wohl die gängigste Variante sein dürfte, befinden sich die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die beiden anderen Formen bedürften der vertraglichen (notariellen) Vereinbarung.

Ein Ehegatte hat nämlich grundsätzlich neben den Kindern des Erblassers zunächst Anspruch auf ein Viertel des Erbes (§ 1931 Abs. 1 BGB); neben den Eltern des Erblassers (also wenn keine Nachkommen des Erblassers existieren) wäre der anfängliche Anspruch bereits bei der Hälfte.

Im Falle der Zugewinngemeinschaft erhöht sich dieser Anteil stets um ein weiteres Viertel (§ 1371 Abs. 1 BGB).

Bei Gütertrennung und ein oder zwei Kindern als Erben neben dem Ehegatten erben alle zu gleichen Teilen untereinander.

Wer zu welchem Teil Erbe wird, hängt also stets nicht nur von den anderweitig bestehenden Verwandten, sondern auch vom Güterstand der Ehe des Erblassers ab. Aufgrund all dieser Umstände bedarf es stets einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung der gesetzlichen Erbfolge.

4. Gestaltungsmöglichkeiten

Als Ehegatte erhält man jedoch im Falle der Zugewinngemeinschaft einen sogenannten Zugewinnausgleich, also – einfach gesagt – einen Ausgleich des hinzugewonnenen Vermögens zwischen den Eheleuten bis zur Beendigung der Ehe durch den Tod.

In manchen Fällen kann es sogar sinnvoll sein, sein Erbe nach dem gesetzlichen Erbrecht auszuschlagen und stattdessen den tatsächlichen Zugewinn zu verlangen neben einem Pflichtteil des Erbes. Gerade in Situationen, in denen der verstorbene Ehegatte einen erheblich höheren Zugewinn erzielt hatte, kann dies durchaus für den verbleibenden Ehepartner lukrativ sein.

5. Fazit

Wie aus diesem nur kurz gehaltenen Aufriss erkennbar, ist an der gesetzlichen Erbfolge wesentlich mehr zu beachten als vielseits gedacht. Zwar kann in einfach gestrickten Fällen die gesetzliche Erfolge auch einmal eindeutig sein. Wie am besten – sowohl in persönlicher als auch in finanzieller Hinsicht – zu verfahren ist, ist damit aber längst nicht gesagt.

Aus diesem Grund stellt die obige Darstellung auch lediglich eine allgemeine Information dar und kann eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Gerne stehen wir Ihnen zu einer individuellen Einschätzung Ihrer Sachlage zur Verfügung; kontaktieren Sie uns dazu am besten telefonisch oder per E-Mail.

Verpassen Sie nicht unseren nächsten Beitrag zum Thema: Erbrechtliche Grundsätze – Das Testament