Weniger ist mehr

BGH zur Beweiswirkung eines einfachen Mietspiegels

Wie bereits in unserem Beitrag vom 25.10.2018 berichtet, ist es unter gewissen Umständen möglich, die vertraglich festgesetzte Miete im Mietrecht im bestimmten Umfang zu erhöhen. Dafür bedarf es immer eines Beleges, dass die ortsübliche Vergleichsmiete höher als die vertraglich vereinbarte Miete ist. Ein Mittel, um dies zu beweisen, ist ein sogenannter Mietspiegel. Worauf es ankommt, damit ein Mietspiegel den entsprechenden Anforderungen genügt, hatte jetzt der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

Mietspiegel

1. Problemaufriss zum Mietspiegel

In vielen Gemeinden Deutschlands existieren offizielle Mietspiegel. Diese können und sollen Aufschluss darüber geben, wie sich die derzeit üblichen Mietpreise in der Umgebung entwickeln.

Dabei ist jedoch zu unterscheiden zwischen sogenannten einfachen und qualifizierten Mietspiegeln.

Ein einfacher Mietspiegel ist lediglich eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten (§ 558c Abs. 1 BGB). Ein solcher wird von der jeweiligen Gemeinde oder auch von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter zu einem bestimmten Stichtag erstellt und allgemein anerkannt.

Ein qualifizierter Mietspiegel hingegen wird nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Dadurch kann diesem eine besondere Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der darin enthaltenen Daten beigemessen werden (BT-Drucks. 14/4553, 57). Entscheidend kommt es darauf an, dass dieser Mietspiegel ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes darstellt (LG Bonn, Urteil vom 26.03.2009, Az.: 6 S 212/08).

Wichtig ist, zwischen diesen beiden Arten des Mietspiegels zu unterscheiden:

Nur für den qualifizierten Mietspiegel gilt eine gesetzliche Vermutung, dass die darin bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Will sich ein Vermieter auf diese Vermutung berufen, muss er darlegen, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt (BGH, Urteil vom 21.11.2012, Az.: VIII ZR 46/12). Kann er dies nicht, so stellt sich die Frage, ob dem verwendeten Mietspiegel zumindest irgendeine Beweiswirkung zukommen kann.

Damit beschäftigte sich der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall.

2. Sachverhalt

Die Beklagten im vorliegenden Fall waren Mieter einer Wohnung in Dresden. Unter Bezugnahme auf den Dresdner Mietspiegel 2015 forderten die Kläger als Vermieter die Beklagten auf, einer Erhöhung der monatlichen Miete zuzustimmen. Insgesamt wurden 25,06 Euro als monatlicher Mehrbetrag gefordert, was die Miete von 6,25 Euro auf 6,55 Euro pro Quadratmeter gesteigert hätte.

Die Erhöhung hielt die gesetzlichen Grenzen sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht ein und war somit in dieser Hinsicht rechtmäßig.

Die Beklagten verweigerten jedoch ihre Zustimmung zur Mieterhöhung. Daher klagten die Vermieter auf Zustimmung zur geltend gemachten Mieterhöhung.

3. Bisheriger Prozessverlauf

Das Amtsgericht hatte die Klage auf Zustimmung zu Ungunsten der Kläger abgewiesen.

Im Rahmen der Berufung kam das Landgericht zum Ergebnis, dass das Urteil abzuändern sei. Die Richter vertraten die Ansicht, eine Mieterhöhung um 11,53 Euro pro Monat sei gerechtfertigt. Einen Teil der Merkmale, die den Wohnwert erhöhen, sah das Landgericht als gegeben an. Diese hat das Gericht entsprechend im Rahmen der Neuberechnung der Miete berücksichtigt.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit der zugelassenen Revision.

4. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof sah jedoch in der Revision der Kläger keinen Erfolg. Stattdessen stimmte er der Rechtsauffassung des Landgerichts zu (BGH, Urteil vom 13.02.2019 – VIII ZR 245/17).

Lediglich eine Erhöhung um 11,53 Euro pro Monat auf eine gesamte Miete in Höhe von 526,47 Euro sei auf Grundlage der konkreten ortsüblichen Vergleichsmiete gerechtfertigt.

Ein Vermieter könne die Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Die ortsübliche Miete wird aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde für vergleichbare Objekte vereinbart wurden. Entscheidend dabei sind unter anderem Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung.

Der seitens der Kläger vorgebrachte Mietspiegel erfüllt zwar nicht die Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels gemäß § 558d Abs. 1 BGB. Jedoch führt dies nach Ansicht des BGH nicht dazu, dass der Mietspiegel insgesamt nicht mehr zu berücksichtigen sei.

Stattdessen stellt dieser zumindest ein Indiz dafür dar, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Da kein darüber hinaus gehender Beweiswert bestehen kann, muss im jeweiligen Einzelfall bestimmt werden, ob der Mietspiegel für die Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausreiche. Entscheidend kommt es dann auf die Qualität des (einfachen) Mietspiegels an.

Sowohl das Landgericht als auch der BGH sahen in dem verwendeten Mietspiegel ausreichend Indiz zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Anhand des Mietspiegels ergäbe sich aber nach Auffassung der Richter lediglich eine Erhöhung auf 6,39 Euro pro Quadratmeter.

5. Fazit: einfacher und qualifizierter Mietspiegel

Die Entscheidung regelt nochmals das klare Verhältnis zwischen qualifiziertem und einfachem Mietspiegel. Dies ist erfreulich, da oftmals Mietparteien der Unterschied dieser beiden Arten gar nicht bewusst ist.

Nicht überraschend ist dagegen die Entscheidung in der Sache.

Sofern ein Mietspiegel nicht den Anforderungen des § 558d BGB genügt, kann dieser keine gesetzliche Vermutung nach sich ziehen. Nichtsdestotrotz kann dies jedoch nicht dazu führen, dass jeglicher Beweiswert des Dokuments aberkannt wird.

Zwar kann dieser nur mehr als Indiz und nicht als vollwertiger Beweis zur Ermittlung der Vergleichsmiete dienen. Vollkommen unberücksichtigt bleiben darf und sollte er jedoch nicht.

Besondere Relevanz besitzt aber im Mietrecht stets die besondere Formalität von Mieterhöhungen. Deshalb ist es ratsam, sich stets nicht nur der Höhe nach, sondern auch hinsichtlich Form und Begründung einer Mieterhöhung rechtlich beraten zu lassen. Nur so können etwaige finanzielle Nachteile vermieden werden.

Sie haben Fragen zu dieser Entscheidung oder zur Möglichkeit von Mieterhöhungen in konkreten Fällen? Nehmen Sie hierzu am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Gerne helfen wir Ihnen bei Ihren rechtlichen Themen weiter.


BGH-Entscheidung zur Regelung eines Wohnrechts im Immobilien-Kaufvertrag

Erstaunlich, was man so alles übernehmen kann!

Unzählige Kaufverträge über Immobilien werden jährlich abgeschlossen. Dabei sind die Beweggründe manchmal, das Objekt danach selbst zu bewohnen, aber oft auch, die Immobilie als Kapitalanlage zu nutzen und deshalb dauerhaft zu vermieten.

Denkbar ist natürlich auch eine Kombination dieser Gründe, da die Immobilie erst vermietet werden soll, aber vielleicht später selbst oder durch Kinder genutzt werden könnte. Genau dann kann sich aber ein Problem ergeben, denn nicht jede Konsequenz wird vielleicht beim Kauf der Immobilie bedacht. Mit einer solchen Thematik durfte sich nun der BGH beschäftigen.

1. Der Fall

Die Kläger schlossen einen Kaufvertrag über ein Haus ab, welches zum Zeitpunkt des Kaufes teilweise vermietet war. Die Beklagten waren die Mieter des Objektes und bewohnten dieses schon seit 1981.Vertrag

Die Kläger kündigten im Jahr 2015 das Mietverhältnis gemäß § 573a Abs. 1 S. 1 BGB. Dies ist eine besondere Kündigungsmöglichkeit für Fälle, in denen Vermieter und Mieter zusammen in einem Haus leben und dort insgesamt nur zwei Wohnungen bestehen. In solchen Spezialfällen sieht das Gesetz eine leichtere Kündigungsoption für Vermieter vor. Immerhin können durch das enge Zusammenleben oft unnötige Spannungen auftreten. Ein Kündigungsgrund ist dabei nicht erforderlich, dafür ist die Frist der Kündigung um drei Monate verlängert.

Die Beklagten verweigerten die Räumung.

Denn im Kaufvertrag war eine Regelung enthalten, die wie folgt lautete:

 „Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen […] Für den Fall, dass der Käufer ohne Zustimmung des Verkäufers oder ohne Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes das Mietverhältnis kündigt, ist der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück lasten- und schuldenfrei wiederzukaufen.“

2. Bisheriger Prozessverlauf

Es kam wie es kommen musste. Die Kläger klagten auf Räumung des Objektes. In erster Instanz vor dem Amtsgericht Bochum und in zweiter Instanz vorm Landgericht Bochum hatte die Klage keinen Erfolg.

Sie ließen deshalb in der Revision die Sache vom Bundesgerichtshof entscheiden.

3. Die Entscheidung

Doch auch der BGH sah keine Erfolgsaussichten in der Klage.

Die Regelung im Kaufvertrag sei ein sogenannter echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB). Dadurch erhielten die Mieter eigene Rechte gegenüber den Käufern als neuen Vermietern. Das sei am Wortlaut erkennbar. Immerhin ist dabei von einem lebenslangen Wohnrecht und von der Übernahme des Mietverhältnisses durch die Käufer die Rede.

Dies soll nicht nur die Rechtslage zwischen Verkäufer und Käufer klarstellen, sondern darüber hinaus auch die Mieter als Dritte schützen.

Aufgrund dieser Regelung war die Kündigung in dieser Form ausgeschlossen. Eine Kündigung wäre nur möglich gewesen bei erheblicher Verletzung ihrer Mieterpflichten (z. B. bei unterbliebener Mietzahlung).

Dies leuchtet auch ein, da die Mieter bereits seit sehr langer Zeit die Wohnung bewohnten und deshalb auch im Bezug auf Ihr Zuhause besonders zu schützen sind. Außerdem ist genau für den Fall der unberechtigten Kündigung ein Rückkaufsrecht des Verkäufers geregelt. Dies spricht umso mehr dafür, dass die Mieter besonders geschützt werden sollten.

Die Kläger gingen davon aus, die Regelung im Kaufvertrag sei unwirksam, da diese sie unangemessen benachteilige. Doch auch dieser Auffassung folgte der BGH nicht. Denn hier sei zu berücksichtigen, dass das Objekt von der Stadt Bochum verkauft wurde und deshalb im kommunalen Eigentum stand. Auch hier ist nämlich ein wesentlicher Aspekt, dass die Wohnung bereits seit über 30 Jahren von diesen Mietern bewohnt war.

4. Fazit

Zwar ist dieses Ergebnis für die Käufer denkbar schlecht. Denn nicht nur scheidet eine Kündigung im besagten Fall aus. Noch dazu kommt nämlich die Kostenfolge, da diese im gesamten Verfahren über drei Instanzen unterlagen und deshalb die Prozesskosten zu tragen haben.

Wirklich überraschend ist dagegen die Entscheidung nicht. Immerhin ist die Regelung im Vertrag recht eindeutig formuliert und stellt daher die Rechtspositionen klar.

Jedoch wird daraus umso mehr deutlich: Verträge müssen geprüft werden, bevor sie unterzeichnet werden.

Durch diesen Fall zeigt sich nur wieder einmal, wie gravierend rechtliche Folgen eines Vertrages sein können. Wer weiß, ob die Kläger den Kaufvertrag in dieser Form unterzeichnet hätten, wenn ihnen klar gewesen wäre, welche Folgen dies für sie haben würde.

Gerade beim Kauf von vermieteten Immobilien kommt es ganz entscheidend auf die Verträge an. Die Regelungen des Kaufvertrages und – mindestens genauso wichtig – der bestehende Mietvertrag können viel Aufschluss geben. Immerhin tritt ein Käufer in sämtliche Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses ein (§ 566 BGB).

Der Kauf von Immobilien stellt für die meisten eine erhebliche und langfristige Investition dar. Deshalb ist es umso wichtiger, jeden Blickwinkel zu durchdenken und ganz genau zu wissen, worauf man sich einlässt. Ansonsten kann es später zu unangenehmen und vor allem sehr teuren Überraschungen kommen. Erlauben Sie mir den Kommentar: Im Verhältnis dazu ist die juristische Vertragsprüfung vorab ein Schnäppchen!

Haben Sie weitere Fragen zu dieser Entscheidung? Oder benötigen Sie Hilfe bei der Überprüfung eines Vertrages? Gerne stehen wir Ihnen hierzu Rede und Antwort. Nehmen Sie einfach Kontakt zu unserer Kanzlei auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen gerne!


Musik in der Wohnung

Was darf ich und was darf ich nicht?

Jeder kennt vermutlich das Problem: Ein Nachbar ist bei der Gartenarbeit zu laut; oder man hört lautstark Diskussionen anderer Hausbewohner mit. Oder man ist sich nie ganz sicher, was man jetzt eigentlich darf und wann man seine Nachbarn möglicherweise stört.

Insbesondere Hobbies wie das Musizieren stoßen immer wieder auf die verschiedensten Auffassungen. Genau mit einer solchen Frage durfte sich der Bundesgerichtshof nun in einer aktuellen Entscheidung auseinandersetzen.

Musiker

1. Der Fall

Im Fall bewohnten die Parteien zwei Reihenhaushälften in einem Wohngebiet. Der Beklagte ist Trompeter als Berufsmusiker und nutzte sein privates Umfeld mehrmals wöchentlich für Proben an seinem Instrument sowie als Lehrer für privaten Trompetenunterricht. Dabei berücksichtigte er stets Mittags-und Nachtruhe.

Nichtsdestotrotz fühlten sich die Nachbarn belästigt. Sie verlangten sowohl vom trompetenden Nachbarn als auch von dessen Ehefrau, dass geeignete Maßnahmen ergriffen würden, damit die Lärmbelästigung reduziert würde.

2. Bisheriger Prozessverlauf

In erster Instanz vor dem Amtsgericht Augsburg behielt der Kläger Recht. Die Beklagten legten hiergegen Berufung ein. Dadurch wurde erreicht, dass ihnen verboten wurde, Musikunterricht zu erteilen sowie in anderen Räumen als im Dachgeschoss und länger als zehn Stunden pro Woche Trompete zu spielen.

Beide Parteien waren mit diesem Ausgang des Verfahrens nicht einverstanden.

3. Die Entscheidung des BGH

Der BGH entschied hier aber nun am 26.10.2018 (Az.: V ZR 143/17) wesentlich differenzierter als die Vorinstanzen dies für nötig empfunden.

a) Ehefrau

Die Klage gegen die Ehefrau des Trompeters wurde durch den BGH von vornherein abgewiesen. Ihre Verurteilung käme nur in Betracht, wenn sie eine sogenannte mittelbare Handlungsstörerin wäre und deshalb das Musizieren Ihres Mannes unterbinden müsste. Dem ist aber nicht so, da der Trompeter selbst Hauseigentümer ist und deshalb dort aus eigenem Recht heraus musiziert. Eine Verpflichtung der ebenfalls dort wohnenden Ehefrau besteht nach den gesetzlichen Vorgaben nicht.

b) Ehemann

Hinsichtlich des trompetenden Nachbarn kommt es auf eine etwaige Beeinträchtigung im Einzelfall an. Grundsätzlich kann in derartigen Fällen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB bestehen. Dieser ist jedoch ausgeschlossen, wenn die dadurch für den Nachbarn entstehenden Beeinträchtigungen nur unwesentlich sind. Dabei kommt es auf das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ an.

Bei einem richterlichen Ortstermin vor dem Landgericht Augsburg in zweiter Instanz wurde festgestellt, dass das Trompetenspiel des Beklagten im Dachgeschoss im Wohnzimmer der Kläger nicht und in deren Schlafzimmer nur leise zu hören ist. Beim Spielen im Wohnzimmer des Beklagten war es im angrenzenden Wohnzimmer der Kläger als schwache Zimmerlautstärke zu vernehmen.

aa) Unterschiedliche Interessen

Der BGH ging deshalb davon aus, dass das Landgericht in zweiter Instanz zu streng geurteilt hatte. Das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung. Deshalb ist es aus der maßgeblichen Sicht eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ in gewissen Grenzen hinzunehmen. Immerhin kann es einen wesentlichen Teil des Lebensinhalts bilden und von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein. Es gehört – wie viele andere übliche Freizeitbeschäftigungen – zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit.

Andererseits soll auch dem Nachbarn die eigene Wohnung die Möglichkeit zur Entspannung und Erholung und die dazu jeweils notwendige, von Umweltgeräuschen möglichst ungestörte Ruhe bieten. Ein Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen Interessen kann im Ergebnis nur durch eine ausgewogene zeitliche Begrenzung des Musizierens herbeigeführt werden. Dabei hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument im häuslichen Bereich spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker und umgekehrt.

bb) Einzelfallregelung

Wie eine solche Regelung aussehen könnte, muss im jeweiligen Einzelfall bestimmt werden, da es hierbei auf die jeweilige Lautstärke, die konkrete Beeinträchtigung und die örtlichen Gegebenheiten ankommt. Ein grober Richtwert könnte die Beschränkung auf ca. zwei Stunden täglich unter Einhaltung der Mittags- und Nachtruhe sein. Ein nahezu vollständiger Ausschluss für die Abendstunden und das Wochenende, wie ihn das Landgericht Augsburg vorgesehen hat, kommt jedoch nicht in Betracht. Dies ließe nämlich außer Acht, dass Berufstätige, aber auch Schüler häufig gerade abends und am Wochenende Zeit für das Musizieren finden.

Außerdem ist entscheidend, ob durch andere Maßnahmen (beispielsweise das Musizieren in anderen Räumen) bereits möglich ist, Rücksicht auf die nachbarlichen Interessen zu nehmen. Das Musizieren in den Hauptwohnräumen des Hauses kann aber nicht gänzlich untersagt werden.

Aufgrund dessen hielt der Bundesgerichtshof das Trompetenspiel im Dachgeschoss außerhalb der Mittags- und Nachtruhe für etwa drei Stunden täglich für eine unwesentliche Beeinträchtigung. Dadurch bestünde aber die Möglichkeit, das Musizieren in den Wohnräumen, wo es für die Nachbarn lauter zu vernehmen ist, zeitlich stärker einzugrenzen. Insgesamt erschien  eine Beschränkung auf drei Stunden täglich angemessen.

Sofern es durch das Unterrichten zu stärkeren Beeinträchtigungen kommt, wäre dies auf weniger Stunden wöchentlich oder auf eine reine Ausübung im Dachgeschoss zu beschränken.

Eine endgültige Entscheidung wurde durch den BGH nicht getroffen. Da es hier noch weiterer Feststellungen bedarf, welche Einzelfallregelung passend ist, wurde der Sachverhalt an das Landgericht zurückverwiesen.

4. Fazit

Eine tatsächliche Entscheidung seitens des Bundesgerichtshofes ist in dieser Sache also nicht ergangen. Dies wurde dem Landgericht Augsburg überlassen, da hierfür noch weitere Feststellungen zu treffen waren.

Nichtdestotrotz ist eine klare Haltung des BGH erkennbar, wonach auch besondere und lautstärkenintensivere Freizeitbeschäftigungen bis zu einem gewissen Grad zu schützen sind. Jedoch ist immer darauf zu achten, dass auch der Nachbar ein Recht auf Ruhe in seinem eigenen Zuhause hat. In manchen Konstellationen mag ein Gespräch zur gütlichen Beilegung sinnvoll und auch zielführend sein. Oftmals ist jedoch aufgrund einer verfahrenen Situation bereits von vornherein klar, dass ein Konsens nicht gefunden werden kann.

Gerne helfen wir Ihnen bei der Beurteilung Ihres Falles weiter, versuchen ggfs. unter Nachbarn zu schlichten oder machen die Ihnen zustehenden Rechte für Sie geltend. Kontaktieren Sie uns einfach hierfür telefonisch und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen weiter!


Kein Widerrufsrecht bei Mieterhöhungen

Der BGH hat (Recht) gesprochen!

Ein beinahe alltägliches Szenario: Ein lange bestehendes Mietverhältnis ist nicht an die aktuell üblichen Mietpreise angepasst. Deshalb übermittelt der Vermieter dem Mieter ein Mieterhöhungsverlangen, welchem der Mieter fristgemäß zustimmt. Anschließend möchte der Mieter seine Zustimmung zurücknehmen. Oder er erkennt erst nach Zustimmung, dass die Erhöhung vom Vermieter falsch berechnet wurde. Steht ihm dabei ein Widerrufsrecht zu?

1. Problemaufriss

Lange Zeit gab es viele Diskussionen und keine klare Antwort zu dieser ganz bestimmten Rechtsfrage: Liegt die vereinbarte Miete unter dem üblichen Durchschnitt der Umgebung, kann ein Vermieter die Erhöhung der Miete verlangen. Dazu kann bzw. muss der Mieter zustimmen. Gleichzeitig ist vielseits bekannt, dass zumindest bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern je nach Einzelfall dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehen kann. Doch gilt dies auch bei der erteilten Zustimmung eines Mieters zu einer Mieterhöhung?

Genau diese Frage wird seit langem von Juristen unterschiedlich beurteilt. Erfreulicherweise lag nun ein entsprechender Fall dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.

2. Der Fall

Im betroffenen Verfahren war der Kläger Mieter einer Wohnung der Beklagten. Die Beklagte als Vermieterin machte eine Mieterhöhung geltend und forderte die Zustimmung des Klägers hierzu. Der Kläger stimmte der Erhöhung zunächst fristgemäß zu, erklärte jedoch kurz darauf den Widerruf seiner Zustimmung. Anschließend bezahlte er die erhöhte Miete nur unter Vorbehalt.

Mit der von ihm eingereichten Klage begehrte er die Rückzahlung der aus seiner Sicht zu viel bezahlten Miete.

Mietvertrag

3. Bisheriger Prozess

Im bisherigen Prozessverlauf war das Landgericht Berlin zunächst davon ausgegangen, dass generell auch bei Zustimmungserklärungen zu Mieterhöhungsverlangen ein Widerrufsrecht des Verbrauchers bestehen kann. Entscheidend sei, ob die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben seien. Dies sei insbesondere bei Verbraucherverträgen der Fall, die im Fernabsatz, also rein mit elektronischen Kommunikationsmitteln, zustande gekommen seien. Die gesetzlichen Vorgaben eines solchen Widerrufsrechts seien nur in diesem konkreten Einzelfall nicht erfüllt gewesen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Kläger Revision ein.

4. Entscheidung des BGH

Hierzu entschied der BGH nun mit Urteil vom 17.10.2018 (Az.: VIII ZR 94/17), dass eine gemäß § 558b Abs. 1 BGB erklärte Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters vom Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen nicht erfasst ist und dem Mieter ein dahingehendes Widerrufsrecht nicht zusteht.

Der Wortlaut des § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB erstreckt das Widerrufsrecht zwar auf „Verträge über die Vermietung von Wohnraum“. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift umfasst jedoch nicht den Bereich der Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete nach den §§ 558 ff. BGB

Denn mit dem in § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB vorgesehenen Widerrufsrecht des Mieters einer Wohnung soll Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks sowie dem typischerweise bestehenden Informationsdefizit des Mieters begegnet werden. Nach dem dahinter stehenden Regelungszweck betrifft dies nur Situationen beim ursprünglichen Abschluss von Mietverträgen.

Dieser vom Gesetzgeber bezweckte Schutz wird bei Mieterhöhungsverlangen durch andere Mechanismen ausreichend berücksichtigt:

  • Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das (in Textform zu erklärende) Mieterhöhungsverlangen vom Vermieter zu begründen. Damit soll der Mieter die Möglichkeit haben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Schon dadurch kann der Mieter seinen rechtsgeschäftlichen Willen informiert und außerhalb einer etwaigen Drucksituation bilden.
  • Außerdem räumt das Gesetz dadurch, dass der Mieter mindestens zwei Monate Zeit zur Zustimmung hat, diesem eine angemessene Überlegungsfrist ein, innerhalb der er sich entscheiden kann, ob und gegebenenfalls inwieweit er der Mieterhöhung zustimmt.

Somit ist bereits durch die Bestimmungen der §§ 558 ff. BGB sichergestellt, dass der Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse im Fernabsatz erfüllt ist.

5. Beurteilung

Die Auffassung des BGH überzeugt aus unserer Sicht in vollem Umfang und war tatsächlich überfällig. Völlig abwegig erscheint die Meinung, dass eine einmal erteilte Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen vom Mieter noch einmal revidiert werden könnte. Daher kann der im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung, ein solches Recht stünde dem Mieter zu, nur mit Unverständnis entgegen getreten werden.

Auf den ersten Blick mag eine solche Argumentation zwar mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar sein. Mit der tatsächlichen Intention hat dies aber letztlich nichts zu tun. Immerhin sieht der Ablauf bei Mieterhöhungsverlangen einige Besonderheiten vor, die eine andere Beurteilung als bei üblichen Vertragsabschlüssen rechtfertigt. Die Argumente des Bundesgerichtshofs, wonach keine benachteiligte Position des Mieters angenommen werden kann, überzeugen.

Für Mieter gilt es jedoch, nun besonders darauf zu achten, ob ein Mieterhöhungsverlangen  rechtmäßig ist. Hat man einmal die Zustimmung hierzu erteilt, gilt die darin festgesetzte erhöhte Miete als zwischen den Parteien vereinbart.

Sollten Sie Fragen zu den gesetzlichen Anforderungen eines Mieterhöhungsverlangens haben oder Informationen dazu benötigen, ob und ggfs. wie sich die Rechtsprechung des Urteils für Sie als Mieter oder Vermieter auswirkt, stehen wir jederzeit für Ihre Rückfragen zur Verfügung. Auch können wir Ihnen bei der Verfassung oder Prüfung eines anstehenden oder Ihnen zugestellten Mieterhöhungsverlangen helfen. Kontaktieren Sie uns dazu einfach telefonisch oder per E-Mail und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Sie!


Inanspruchnahme, Rückzahlung und Verwertung der Mietkaution

In unserem letzten Beitrag haben wir bereits über die Fälligkeit und die rechtlichen Hintergründe der Kautionszahlung informiert. Daher ist nun bekannt, dass die Kaution der Sicherung der Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis dient. Doch wie ist eigentlich zu verfahren, wenn tatsächlich Ansprüche bestehen?

1. Inanspruchnahme während dem laufenden Mietverhältnis

Solange das Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter noch besteht, können nicht beide Parteien unbegrenzt auf die Kaution zugreifen. Der Mieter hat beispielsweise nur ein Anrecht darauf, die Mietkaution zurückzuerhalten, falls nach Beendigung des Mietverhältnisses keine Ansprüche des Vermieters bestehen. Zugriff auf die Kaution hat der Mieter hingegen bis zum Ende des Vertragsverhältnisses nicht. Daraus folgt, dass ein sog. Abwohnen der Kaution – d. h. das Einstellen der Mietzahlungen kurz vor Beendigung des Mietverhältnisses (weil diese ja mit der Kaution verrechnet werden könnten) – eben gerade nicht zulässig ist.

Der Vermieter hingegen kann schon während der Mietzeit wegen eigener Forderungen darauf zugreifen und entsprechend verrechnen. Dies gilt allerdings nur, wenn

  • dies nicht mietvertraglich ausgeschlossen ist und
  • die Forderungen entweder bereits rechtskräftig festgestellt wurden oder zwischen den Parteien unstreitig sind.

Soweit Forderungen nicht eindeutig zwischen den Parteien feststehen, ist auch hier der Vermieter an den Rechtsweg gebunden.

Andererseits ist ein Vermieter nicht verpflichtet, sich an die Mietkaution zu halten. Es besteht die Option, auf diese zurückzugreifen; stattdessen kann man die Ansprüche aber auch stets gerichtlich geltend machen.

Was vielen zudem nicht bekannt ist:

Nimmt der Vermieter während der Mietdauer die Kaution berechtigterweise in Anspruch, hat er im Nachgang einen Anspruch darauf, dass die Kaution wieder bis  zur vereinbarten Höhe aufgefüllt wird. Geschieht dies zu Unrecht, hat hingegen der Mieter den Anspruch auf Wiederauffüllung seiner Kaution.

2. Ansprüche nach Beendigung des Mietverhältnisses

Wenn das Mietverhältnis beendet ist, folgen daraus eine Reihe von Rechten und Pflichten der Mietparteien gegeneinander.

a) Anspruch auf Leistung der Kaution

Vielfach wird übersehen, dass dem Vermieter auch nach Beendigung des Mietverhältnisses noch ein Anspruch darauf zusteht, die Mietkaution wie vertraglich vereinbart zu erhalten. Sollte also der Mieter bis dahin die Kaution nicht wie geschuldet beglichen oder nicht wieder vollständig aufgefüllt haben, kann dies der Vermieter auch nach Ablauf der Mietzeit noch verlangen. Grenzen sind dem nur durch die allgemein geltende Verjährung gesetzt.

b) Inanspruchnahme und Abrechnung

Hat die Mietpartei die Kaution jedoch bezahlt, so ist ein Vermieter nach Ende des Mietverhältnisses verpflichtet, diese zu verwerten oder zurückzuzahlen.

Dazu ist erforderlich, dass der Vermieter konkret prüft und berechnet, ob ihm noch Ansprüche gegen den Mieter zustehen. Die gängigsten Ansprüche, die nach Beendigung der Mietzeit anfallen, sind:

  • Mietrückstände
  • Schadensersatz wegen Schäden anMietkaution der Wohnung
  • Kosten wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen
  • Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen

Soweit derartige oder ähnliche Ansprüche bestehen, kann ein Vermieter diese mit der Kaution verrechnen. Darüber muss der Vermieter eine Abrechnung für den Mieter erstellen, damit für diesen ersichtlich ist, welche Posten der Vermieter von der geleisteten Kaution in Abzug bringt.

Wie lange ein Vermieter Zeit hat, um solche Ansprüche zu prüfen und im Zweifel hierüber abzurechnen, ist grundsätzlich einzelfallabhängig. In der Rechtsprechung hat sich mittlerweile eine Maximaldauer von sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses durchgesetzt. Je nach den konkreten Umständen (bspw. bei eindeutiger Mängelfreiheit laut Übergabeprotokoll) kann diese Frist aber auch deutlich kürzer sein.

c) Rückgabe der Mietkaution

Wenn sich aus der Prüfung des Vermieters keine Ansprüche ergeben, muss dieser die Kaution in vollem Umfang zurückerstatten. Hier ist auch die Verzinsungspflicht (siehe Teil I zur Mietkaution) zu bedenken, s. a. § 551 Abs. 3 BGB.

Die Rückgabe greift auch, soweit der Vermieter die Kaution nur teilweise mit Ansprüchen verrechnet. Dann ist der überschießende Restbetrag gegenüber dem Mieter zu erstatten. Mit der erfolgten Abrechnung des Vermieters über die Mietkaution wird der sich daraus ergebende Restbetrag fällig.

Grundsätzlich hat die Rückgabe in der Form zu erfolgen, in der sie geleistet wurde. Eine Barkaution hat durch Rückzahlung zu erfolgen. Bei einer Bürgschaft ist die Bürgschafturkunde an den Bürgen herauszugeben. Fand die Verpfändung eines Sparbuchs statt, muss dieses mit einer sog. Freigabeerklärung herausgegeben werden.

d) Sonderfall: Einbehaltung wegen künftiger Betriebskostennachforderungen

Oft ergeben sich darüber hinaus Probleme, da zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses in der Regel über einen Teil der Mietdauer noch keine Betriebskostenabrechnung erfolgt ist. Zumindest die letzten Monate der Mietzeit unterfallen einer noch zu erstellenden Abrechnung. Lange war umstritten, ob der Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist (siehe 2c) a.E.) noch einen Teil der Kaution einbehalten darf. Dies wurde schon vor einigen Jahren final durch den Bundesgerichtshof bejaht.

Abhängig ist ein solcher Einbehalt aber davon, dass

  • der Vermieter nicht bereits darüber abrechnen hätte müssen (dies muss immer innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums geschehen) und
  • nur ein Betrag zurückgehalten wird, der voraussichtlich der Nachforderung entspricht. Dazu muss vermieterseits nicht geprüft oder geschätzt werden; stattdessen bieten die vorherigen Abrechnungen dafür ausreichend Indiz. Waren hier Nachzahlungen fällig, kann man diese als Richtwert für den einbehaltenen Betrag heranziehen. Ergaben die letzten Abrechnungen Guthaben, kann kein Einbehalt stattfinden. Gibt es keine vorherigen Abrechnungen, ist in der Regel zulässig, zwei monatliche Vorauszahlungsbeträge einzubehalten, soweit der gesamte Abrechnungszeitraum 12 Monate beträgt.

3. Fazit

Bei der Rückzahlung oder Verwertung der Kaution gibt es viele Besonderheiten, die man bedenken sollte, um nicht sich selbst finanziell zu schädigen oder den Vertragspartner zu benachteiligen. Gerade bei Beendigung eines Mietverhältnisses werden Vermieter oder Mieter oft vor vollendete Tatsachen gestellt, was im Nachgang dann zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Hier empfiehlt sich bereits, besser Vorsicht als Nachsicht walten zu lassen. Sollten Sie rechtliche Fragen hierzu haben oder rechtlichen Beistand in einer mietrechtlichen Streitigkeit benötigen, können Sie gerne telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit uns aufnehmen. Wir helfen Ihnen gerne!


Die Mietkaution zu Beginn des Mietvertrages

Wann und was muss der Mieter tatsächlich!?

Jedem, der bereits einmal Partei eines Mietvertrages gewesen ist, ist das Thema bekannt. Bei Abschluss eines Mietverhältnisses ist gleich zu Beginn eine nicht unerhebliche Summe als Kaution zu begleichen. Doch ist das, was hier verlangt und geleistet wird, auch das, was das Gesetz vorsieht?

1. Grundzüge

Die Mietkaution ist grundsätzlich eine finanzielle Leistung des Mieters, die der Sicherung der Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis und aus dessen Beendigung dient.

Gesetzlich geregelt ist die Kaution in § 551 BGB. Dadurch, dass sich diese Vorschrift im Abschnitt „Mietverhältnisse über Wohnraum“ befindet, kann man unweigerlich schließen, dass die Vorschrift nicht für Geschäftsraummietverhältnisse greift. Soweit hier eine Kaution geleistet werden soll, unterliegt dies beinahe vollumfänglich der Parteivereinbarung.

Nicht in der gesetzlichen Vorschrift enthalten ist jedoch, ob generell eine Verpflichtung zur Stellung einer Kaution besteht und in welcher Form die Sicherheit erbracht werden muss. Dies müssen die Parteien also explizit vereinbaren.

2. Vereinbarung

Es obliegt also den Parteien festzulegen, ob eine Kaution durch die Mietpartei gestellt werden muss und in welcher Form dies zu erfolgen hat.

Ebenso können Mieter und Vermieter eigens festlegen, welche Ansprüche tatsächlich durch die Kaution abgesichert werden sollen. Dadurch können, sofern von den Parteien gewünscht, die Möglichkeiten des Vermieters eingeschränkt werden, indem geregelt wird, dass ein Rückgriff auf die Kaution nur für bestimmte Ansprüche gestattet ist.

Jedoch sollte man dabei immer bedenken, dass eine Vereinbarung, welche von den Vorgaben des § 551 BGB abweicht, nicht zum Nachteil des Mieters erfolgen kann und darf. Geschieht dies doch, ist die Regelung unwirksam und entfaltet folglich keine Wirkung.

3. Art der Kaution

Der Regelfall der Kautionsleistung ist sicherlich die Barkaution, bei welcher der Mieter einen bestimmter Betrag in Bar oder per Überweisung dem Vermieter zur Verfügung stellt. Entgegen der weit verbreiteten Auffassung ist dies aber nicht die einzige Möglichkeit.

Stattdessen kann die Kaution ebenso in Form einer abgegebenen Bürgschaft oder durch die Übergabe eines auf den Namen des Mieters lautenden Sparbuchs geleistet werden.

Auch hierüber können die Parteien eine Vereinbarung im entsprechenden Mietvertrag schließen. Wichtig ist nur, dass eine derartige Vereinbarung über die Art der Kaution bindend zwischen den Parteien ist, sodass man im Nachgang nicht einseitig hiervon abweichen darf.

Gibt es keine vertragliche Regelung dazu, steht es dem Mieter gemäß § 262 BGB frei, insoweit eine Wahl zu treffen. Keinesfalls ist dann zwingend eine Barkaution zu leisten.

Im Zweifelsfall kommt es auf eine Auslegung einer etwaigen Vereinbarung im Vertrag an.

4. Höhe der Kaution

Auch im Hinblick auf die Höhe der Kaution herrscht häufig Uneinigkeit bzw. Unwissenheit.

Die gesetzliche Vorschrift (§ 551 Abs. 1 BGB) sieht keine Fixhöhe vor, sondern bestimmt lediglich eine Obergrenze. Diese liegt beim Dreifachen der auf einen Monat entfallenden Miete, wobei es hierfür als Maßstab auf die Nettomiete ankommt. Betriebskostenvorauszahlungen oder -pauschalen bleiben bei der Berechnung also außer Betracht. Auch bei späterer Erhöhung oder Ermäßigung der Miete erfolgt keine Anpassung der Mietkaution.

Innerhalb des Rahmens bis zu drei Monatsmieten sind die Parteien also frei darin zu bestimmen, wie hoch im Einzelfall die zu leistende Kaution sein soll. In der Praxis wird dies freilich meist vom Vermieter vorgegeben. Solange der Maximalwert nicht überschritten wird, bestehen bei einer derartigen Regelung also keine Bedenken.

Wird die gesetzliche Obergrenze überschritten (sog. Übersicherung), so führt dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu, dass die Kaution entsprechend zu reduzieren ist, sodass lediglich die Höhe von drei Monatsmieten zu begleichen ist. Eine Mehrzahlung kann ein Vermieter nicht einseitig durchsetzen. Eine Zuvielleistung kann der Mieter zurückfordern (§ 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB).

5. Fälligkeit

Mietkaution

Allerdings ist vielseits nicht bekannt, dass nach der gesetzlichen Regelung dieser Betrag nicht vollumfänglich durch eine Zahlung zu Beginn des Mietverhältnisses geleistet werden muss.

Stattdessen sieht § 551 Abs. 2 S. 1 BGB vor, dass man als Mieter die Sicherheit in drei gleichen monatlichen Raten zahlen kann bzw. soll. Die Aufteilung auf drei Raten gilt ebenso, wenn der Betrag geringer als drei Monatsmieten ist.

Die erste Kautionsrate ist damit grundsätzlich zu Beginn des Mietverhältnisses – nicht zwingend bei Abschluss des Mietvertrages – , die beiden Folgeraten sind mit den beiden unmittelbar folgenden Mietzahlungen fällig (§ 551 Abs. 2 S. 2 u. 3 BGB).

Die enorme Belastung eines Mieters, zu Beginn des Mietverhältnisses die gesamte Summe begleichen zu müssen, entspricht also keinesfalls der gesetzlichen Regelung und kann in dieser Form auch nicht wirksam vereinbart werden. Stattdessen führt dies wegen § 551 Abs. 4 BGB dazu, dass Vermieter die Einmalzahlung nicht durchsetzen können. Ob dies zur Folge hat, dass die gesamte Kautionsregelung unwirksam ist, sodass gar keine Kaution geschuldet ist, oder nur zur Berechtigung zu drei Teilzahlungen führt, wie § 551 Abs. 2 S. 1 BGB vorsieht, wird unterschiedlich beurteilt. Der Bundesgerichtshof geht lediglich von Letzterem aus (BGH, Urteil vom 25.06.2003, Az. VIII ZR 344/02), was aus Mietersicht ebenso bereits eine hinreichende Erleichterung sein dürfte.

6. Anlagepflicht

Vermieter sollten nach Stellung einer Kaution durch den oder die Mieter stets daran denken, die Kaution nicht nur zu verwahren, sondern tatsächlich einerseits getrennt vom eigenen Vermögen zu verwalten. Dies muss erfolgen, um im Falle einer Insolvenz des Vermieters zu verhindern, dass die Kaution zur Insolvenzmasse gehört. Andererseits ist sie zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen.

Die hieraus folgenden Erträge stehen dem Mieter zu und erhöhen die Kaution entsprechend. Konsequenz daraus ist, dass – auch bei Nichteinhaltung dieser Regelung – bei Rückzahlung bzw. Verrechnung der Kaution mit eigenen Ansprüchen die um die Zinsen erhöhte Summe anzusetzen ist. Im Zweifelsfall geht ein Verstoß des Vermieters hier zu seinen eigenen finanziellen Lasten.

Es empfiehlt sich daher, als Vermieter diese Grundsätze einzuhalten, um nicht im Nachgang selbst finanziellen Schaden davon zu tragen.

7. Fazit

Wie wir nun sehen konnten, gibt es im Hinblick auf die Kautionsleistung einige Details, die das Gesetz vorsieht, welche der breiten Öffentlichkeit gar nicht so bewusst sind. Hier ist ratsam, vor Abschluss eines Mietvertrages immer im Auge zu behalten, welche Vereinbarungen an die Grenzen des rechtlich Zulässigen stoßen. Doch auch im Nachgang lohnt sich die Prüfung eines bereits unterzeichneten Mietvertrages durch einen Fachmann oder eine Fachfrau, um herauszufinden, welche Vertragsklauseln tatsächlich einer rechtlichen Prüfung standhalten und damit auch gerichtlich durchsetzbar sind. Gerne stehen wir Ihnen zur Beantwortung Ihrer Fragen sowie zur rechtlichen Überprüfung zur Verfügung; setzen Sie sich hierfür am besten telefonisch oder per E-Mail mit unserer Kanzlei in Verbindung.

Verpassen Sie nicht den zweiten Teil unserer Reihe: Die Mietkaution – Inanspruchnahme, Rückzahlung und Verwertung


Der befristete Mietvertrag

Der befristete Mietvertrag

Die meisten bestehenden Mietverhältnisse werden auf unbestimmte Zeit und damit unbefristet geschlossen. Hierfür bedarf es auch keiner speziellen Regelung in den Vertragsdokumenten. Unter gewissen Umständen kann es aber sinnvoll oder im Interesse einer Partei sein, den Mietvertrag nur mit befristeter Wirkung abzuschließen.

1. Befristungsgründe

Der Abschluss eines Mietvertrages auf bestimmte  Zeit ist immer dann möglich, wenn für den Vermieter zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein nachvollziehbarer Grund vorliegt. Diese Gründe sind im Gesetz gemäß § 575 Abs. 1 BGB festgelegt.

Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Vermieter nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums die vermieteten Räume:

  • für sich selbst oder einen Familienangehörigen nutzen will.
  • beseitigen, verändern oder instand setzen will und deshalb die Weitervermietung nicht mehr möglich ist.
  • an jemanden vermieten will, der ihm gegenüber zu einer Dienstleistung verpflichtet ist.

2. Formerfordernis

Dieser Grund muss dem Mieter bereits bei Abschluss des Mietvertrages in schriftlicher Form mitgeteilt werden. Anderenfalls ist die Befristung als unwirksam anzusehen.

Dies hätte jedoch zur Folge, dass der Mietvertrag volle Wirksamkeit entfalten würde, mit einziger Ausnahme der Befristung. Der abgeschlossene Vertrag würde damit als unbefristet gelten.

Aus dem Formerfordernis folgt auch, dass der Grund der Befristung bereits im Zeitpunkt des Vertrages vorliegen muss und nicht erst nachträglich eingebracht werden kann. Nur wenn die Befristung und der dahinter liegende Grund schon bei Vertragsschluss zwischen den Parteien schriftlich kommuniziert wurde, kann dies zur wirksamen Befristung eines Mietvertrages führen.

Darüber hinaus muss bedacht werden, dass ein befristeter Mietvertrag, welcher länger als ein Jahr bestehen soll, grundsätzlich vollständig in schriftlicher Form bestehen muss (§ 550 BGB). Anderenfalls gilt er wiederum als unbefristet abgeschlossen.

3. Rechtsfolgen

Wurde ein Mietvertrag wirksam befristet, so bedeutet dies, dass das Vertragsverhältnis fest vereinbart für den festgelegten Zeitraum bestehen soll.

Eine vorzeitige Beendigung durch eine Partei ist damit grundsätzlich nicht möglich. Soll eine vorzeitige Beendigung vor Ablauf des Befristungszeitraums möglich sein, so wäre dies explizit im Mietvertrag als Regelung zu vereinbaren.

Daneben bleibt den Parteien selbstverständlich stets das Recht unbenommen, einvernehmlich vorzeitig das Verhältnis durch Mietaufhebungsvertrag zu beenden.

Außerdem ist von einer Befristung des Mietvertrages auch nie das Recht zur außerordentlichen Kündigung, also aus besonders wichtigem Grund (z. B. erhebliche Vertragsverletzungen einer Partei) betroffen. Diese kann trotz Befristung beiderseits jederzeit ausgesprochen werden.

4. Ablauf der Befristung

Sofern keine der Parteien während der Befristung eine vorzeitige Beendigung wünscht, so stellt sich die Frage, wie dann nach Ablauf der Befristung weiter zu verfahren ist.

Ein Mieter kann deshalb frühestens vier Monate vor Ablauf der Befristung Auskunft vom Vermieter dahingehend verlangen, ob der Grund der Befristung nach wie vor vorliegt.

Diese Auskunft sollte vom Vermieter auch unbedingt erteilt werden, da sonst unter Umständen eine entsprechende Verlängerung des Mietverhältnisses eintreten kann.

Liegt der Befristungsgrund aktuell noch immer vor, so wird das Mietverhältnis entsprechend der Befristung beendet.

Besteht der Grund der Befristung nicht mehr, so hat der Mieter Anspruch darauf, das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Aus dem ehemals befristeten Mietverhältnis wird somit nachträglich ein unbefristetes.

Sollte der Befristungsgrund zum aktuellen Zeitpunkt nicht vorliegen, wird aber zukünftig wieder eintreten, so kann der Mieter verlangen, dass sich das Mietverhältnis entsprechend bis dahin verlängert.

5. Besonderheit: Altmietverträge

Anders zu beurteilen ist die Rechtslage jedoch in Fällen, in denen der Mietvertrag bereits vor dem 01.09.2001 geschlossen wurde. Hier ist gemäß Art 229 § 3 Abs. 3 EGBGB das Gesetz in der damaligen Fassung anzuwenden. Danach war unter anderem zunächst kein Grund für eine Befristung erforderlich; dies spielt erst eine Rolle, wenn ein Anspruch auf Fortsetzung des Mietvertrages durch den Mieter geltend gemacht wird.

6. Bloßer Kündigungsverzicht

Vom befristeten Mietvertrag zu unterscheiden ist ein bloßer Kündigungsverzicht über einen gewissen Zeitraum im  Rahmen eines unbefristeten Mietverhältnisses.

Hier liegt grundsätzlich ein unbefristeter Vertrag vor; lediglich das Recht zur ordentlichen Kündigung ist für einen bestimmten Zeitraum (im Wohnraummietrecht meist maximal 4 Jahre) ausgeschlossen. Das bedeutet, dass während dieser Zeit zwar wie bei einem befristeten Vertrag keine ordentliche Kündigung möglich ist (Achtung: eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit bleibt bestehen!). Nach Ablauf des vereinbarten Verzichtszeitraums bleibt aber ein übliches unbefristetes Mietverhältnis mit allen gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten erhalten.

7. Fazit

Unter gewissen Umständen kann es also sinnvoll sein, einen Mietvertrag zeitlich zu befristen. Aufgrund der darin verborgenen Tücken raten wir jedoch vor Abschluss eines derartigen Mietvertrages stets zur finalen Überprüfung durch einen Rechtsanwalt. Gerne stehen wir Ihnen hierzu in unserer Kanzlei zur Verfügung.


Die Stellung eines Nachmieters – Wahrheit oder Mythos?

Muss ich als Mieter einen Nachmieter stellen? Und kann ich dadurch früher aus der Wohnung ausziehen?

Grundsätzlich ist jeder Mieter bei Beendigung eines Mietvertrages an die gesetzlichen Kündigungsfristen gebunden. Diese betragen im Bereich des Wohnraummietrechts drei Monate zum Ende des Kalendermonats (§ 573 c BGB) abzüglich einer Karenzzeit von drei  Werktagen. Ein Mietverhältnis besteht also ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim Vermieter noch drei Monate zum Ende eines Kalendermonats bzw. bis zum Ende des übernächsten Kalendermonats, falls die Kündigung innerhalb der ersten drei Werktage eines Monats dem Vermieter zugeht.

Eine Neuvermietung der Wohnung nach Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist ist zunächst alleinige Angelegenheit des Vermieters, da eine zukünftige Vermietung ja stets lediglich in seinem Interesse sein dürfte.

Weit verbreitet ist jedoch die Annahme, dass ein Mieter durch die Stellung von drei Nachmietern bereits frühzeitig, also vor Ablauf der 3 Monate Kündigungsfrist aus dem Mietvertrag ausscheiden könnte. Dem ist allerdings nicht so. Mieter können durch Stellung eines Nachmieters nicht zwingend eine vorzeitige Beendigung des Mietvertrages verlangen.