Weniger ist mehr

BGH zur Beweiswirkung eines einfachen Mietspiegels

Wie bereits in unserem Beitrag vom 25.10.2018 berichtet, ist es unter gewissen Umständen möglich, die vertraglich festgesetzte Miete im Mietrecht im bestimmten Umfang zu erhöhen. Dafür bedarf es immer eines Beleges, dass die ortsübliche Vergleichsmiete höher als die vertraglich vereinbarte Miete ist. Ein Mittel, um dies zu beweisen, ist ein sogenannter Mietspiegel. Worauf es ankommt, damit ein Mietspiegel den entsprechenden Anforderungen genügt, hatte jetzt der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

 

1. Problemaufriss zum Mietspiegel

In vielen Gemeinden Deutschlands existieren offizielle Mietspiegel. Diese können und sollen Aufschluss darüber geben, wie sich die derzeit üblichen Mietpreise in der Umgebung entwickeln.

Dabei ist jedoch zu unterscheiden zwischen sogenannten einfachen und qualifizierten Mietspiegeln.

Ein einfacher Mietspiegel ist lediglich eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten (§ 558c Abs. 1 BGB). Ein solcher wird von der jeweiligen Gemeinde oder auch von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter zu einem bestimmten Stichtag erstellt und allgemein anerkannt.

Ein qualifizierter Mietspiegel hingegen wird nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Dadurch kann diesem eine besondere Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der darin enthaltenen Daten beigemessen werden (BT-Drucks. 14/4553, 57). Entscheidend kommt es darauf an, dass dieser Mietspiegel ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes darstellt (LG Bonn, Urteil vom 26.03.2009, Az.: 6 S 212/08).

Wichtig ist, zwischen diesen beiden Arten des Mietspiegels zu unterscheiden:

Nur für den qualifizierten Mietspiegel gilt eine gesetzliche Vermutung, dass die darin bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Will sich ein Vermieter auf diese Vermutung berufen, muss er darlegen, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt (BGH, Urteil vom 21.11.2012, Az.: VIII ZR 46/12). Kann er dies nicht, so stellt sich die Frage, ob dem verwendeten Mietspiegel zumindest irgendeine Beweiswirkung zukommen kann.

Damit beschäftigte sich der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall.

2. Sachverhalt

Die Beklagten im vorliegenden Fall waren Mieter einer Wohnung in Dresden. Unter Bezugnahme auf den Dresdner Mietspiegel 2015 forderten die Kläger als Vermieter die Beklagten auf, einer Erhöhung der monatlichen Miete zuzustimmen. Insgesamt wurden 25,06 Euro als monatlicher Mehrbetrag gefordert, was die Miete von 6,25 Euro auf 6,55 Euro pro Quadratmeter gesteigert hätte.

Die Erhöhung hielt die gesetzlichen Grenzen sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht ein und war somit in dieser Hinsicht rechtmäßig.

Die Beklagten verweigerten jedoch ihre Zustimmung zur Mieterhöhung. Daher klagten die Vermieter auf Zustimmung zur geltend gemachten Mieterhöhung.

3. Bisheriger Prozessverlauf

Das Amtsgericht hatte die Klage auf Zustimmung zu Ungunsten der Kläger abgewiesen.

Im Rahmen der Berufung kam das Landgericht zum Ergebnis, dass das Urteil abzuändern sei. Die Richter vertraten die Ansicht, eine Mieterhöhung um 11,53 Euro pro Monat sei gerechtfertigt. Einen Teil der Merkmale, die den Wohnwert erhöhen, sah das Landgericht als gegeben an. Diese hat das Gericht entsprechend im Rahmen der Neuberechnung der Miete berücksichtigt.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit der zugelassenen Revision.

4. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof sah jedoch in der Revision der Kläger keinen Erfolg. Stattdessen stimmte er der Rechtsauffassung des Landgerichts zu (BGH, Urteil vom 13.02.2019 – VIII ZR 245/17).

Lediglich eine Erhöhung um 11,53 Euro pro Monat auf eine gesamte Miete in Höhe von 526,47 Euro sei auf Grundlage der konkreten ortsüblichen Vergleichsmiete gerechtfertigt.

Ein Vermieter könne die Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Die ortsübliche Miete wird aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde für vergleichbare Objekte vereinbart wurden. Entscheidend dabei sind unter anderem Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung.

Der seitens der Kläger vorgebrachte Mietspiegel erfüllt zwar nicht die Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels gemäß § 558d Abs. 1 BGB. Jedoch führt dies nach Ansicht des BGH nicht dazu, dass der Mietspiegel insgesamt nicht mehr zu berücksichtigen sei.

Stattdessen stellt dieser zumindest ein Indiz dafür dar, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Da kein darüber hinaus gehender Beweiswert bestehen kann, muss im jeweiligen Einzelfall bestimmt werden, ob der Mietspiegel für die Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausreiche. Entscheidend kommt es dann auf die Qualität des (einfachen) Mietspiegels an.

Sowohl das Landgericht als auch der BGH sahen in dem verwendeten Mietspiegel ausreichend Indiz zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Anhand des Mietspiegels ergäbe sich aber nach Auffassung der Richter lediglich eine Erhöhung auf 6,39 Euro pro Quadratmeter.

5. Fazit: einfacher und qualifizierter Mietspiegel

Die Entscheidung regelt nochmals das klare Verhältnis zwischen qualifiziertem und einfachem Mietspiegel. Dies ist erfreulich, da oftmals Mietparteien der Unterschied dieser beiden Arten gar nicht bewusst ist.

Nicht überraschend ist dagegen die Entscheidung in der Sache.

Sofern ein Mietspiegel nicht den Anforderungen des § 558d BGB genügt, kann dieser keine gesetzliche Vermutung nach sich ziehen. Nichtsdestotrotz kann dies jedoch nicht dazu führen, dass jeglicher Beweiswert des Dokuments aberkannt wird.

Zwar kann dieser nur mehr als Indiz und nicht als vollwertiger Beweis zur Ermittlung der Vergleichsmiete dienen. Vollkommen unberücksichtigt bleiben darf und sollte er jedoch nicht.

Besondere Relevanz besitzt aber im Mietrecht stets die besondere Formalität von Mieterhöhungen. Deshalb ist es ratsam, sich stets nicht nur der Höhe nach, sondern auch hinsichtlich Form und Begründung einer Mieterhöhung rechtlich beraten zu lassen. Nur so können etwaige finanzielle Nachteile vermieden werden.

Sie haben Fragen zu dieser Entscheidung oder zur Möglichkeit von Mieterhöhungen in konkreten Fällen? Nehmen Sie hierzu am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Gerne helfen wir Ihnen bei Ihren rechtlichen Themen weiter.


Aufgepasst bei der Flugbuchung

Stornierung der Flugbuchung kann wirksam ausgeschlossen werden

Wir alle kennen es: Bei der Buchung einer Flugreise muss immer erst überlegt und geprüft werden, wann der Flug stattfinden kann und soll, damit keine Termine entgegen stehen. Doch auch wenn dann im Nachhinein Termine kollidieren sollten, bleibt ja immer noch die Möglichkeit, den Flug eben gegen einen (geringen) Aufpreis zu stornieren. Hier gilt nun aber Vorsicht, wie der Bundesgerichtshof in einem Urteil kürzlich entschieden hat.

Im Fall des BGH (Urteil vom 20.03.2018, Az.: X ZR 25/17) ging es um eine Flugbuchung im November 2014 für Flüge im Mai 2015 von Hamburg über Frankfurt am Main nach Miami sowie als Rückflug von Los Angeles über Frankfurt am Main nach Hamburg. Die Kläger nahmen im März 2015 wegen einer Erkrankung eine Flugstornierung vor und verlangten Erstattung es Flugpreises. Die Airline erstattete nur ersparte Steuern und Gebühren in Höhe von 133,56 Euro. Den Restbetrag in Höhe von ca. 1250,- Euro forderten die Kläger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ein.

Sowohl in erster Instanz vorm Amtsgericht Köln als auch in zweiter Instanz vorm Landgericht Köln blieb die Klage erfolglos. Sodann war die Sache in der Revision vom Bundesgerichtshof zu entscheiden.

Der Bundesgerichtshof bestätigte aber die Auffassung der bisherigen Gerichte.

Die Buchung einer Flugreise unterfällt als sogenannter Personenbeförderungsvertrag den Vorschriften des Werkvertragsrechtes gemäß §§ 631 ff. BGB. Gemäß § 649 BGB kann der Fluggast grundsätzlich jederzeit den geschlossenen Vertrag kündigen.

Durch die Beförderungsbedingungen des Flugunternehmens fanden jedoch Sondervorschriften Anwendung. Darin hieß es, dass die Flugstornierung nicht möglich sei; nicht verbrauchte Steuern und Gebühren seien erstattbar, internationale oder nationale Zuschläge dagegen nicht.

 

Diese Regelung hatten alle Instanzen als wirksamen Ausschluss des Kündigungsrechtes angesehen. Zwar müsse diese den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grenzen genügen; nach erfolgter Prüfung sei diese Klausel aber nicht als unwirksam anzusehen. Sie benachteiligt die Fluggäste nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unangemessen. Auch sei die Regelung nicht mit den wesentlichen Grundgedanken des Werkvertragsrechts unvereinbar.

Die Kündigung des Vertrages habe zur Folge, dass die Leistungspflicht der Airline, also die Erbringung der Flugleistung, entfiele. Diese solle aber nicht schlechter stehen als sie bei Vertragserfüllung stünde, und behält daher den Vergütungsanspruch. Angerechnet werden müssen nichtsdestotrotz ersparte Aufwendungen sowie die Vergütung für eine anderweitige Verwendung der Arbeitskraft.

Ersparte Aufwendungen ergeben sich bei Flugverträgen meist nur in geringfügigem Umfang, da die Aufwendungen des Luftverkehrsunternehmens im Wesentlichen Fixkosten sind, die für die Durchführung des Fluges insgesamt anfallen und nicht verringert werden dadurch, dass ein einzelner Fluggast nicht am Flug teilnimmt.

Eine anderweitige Verwendung der Arbeitskraft kommt nur in Betracht, wenn der Flug bei seiner Durchführung ausgebucht ist und daher ohne die Kündigung ein zahlender Fluggast hätte zurückgewiesen werden müssen. Der Beweis einer derartigen Konstellation wird aber in der Regel nicht gelingen und ist mit zu erheblichem Aufwand verbunden.

Zudem brachte der BGH als Argument vor, dass die Kläger das Risiko einer Erkrankung über eine Reiserücktrittsversicherung absichern hätten können.

Aufgrund dieser Erwägungen sah der Bundesgerichtshof den Ausschluss der Flugstornierung als wirksam an. Da den Klägern somit kein Stornierungsrecht zustand, wurde der Erstattungsanspruch abgelehnt.

Kommentar:

Diese Entscheidung verwundert an manchen Stellen. Insbesondere irritiert der Vortrag, wonach man eine Versicherung zur Absicherung einer Erkrankung abschließen hätte können. Immerhin sind derartige Versicherungen mit zusätzlichen Kosten verbunden und führen auch nicht selten dazu, dass letzten Endes nicht jedes Risiko abgesichert ist. Oft kommt es hier zu Streitigkeiten mit dem zuständigen Versicherungsunternehmen, was auch dann zu unangenehmen Überraschungen für Reisende führen kann.

Zum anderen kann eine kostenpflichtige Zusatzoption nicht als Argument für die vertraglichen Pflichten der Airline vorgetragen werden. Bei nicht erfolgtem Abschluss der Versicherung kommt es hierauf nach unserer Auffassung nicht an.

Letzten Endes wurde jedoch hier zu Lasten von Reisenden entschieden. Dies kann sich auch zukünftig für Reisende auswirken oder potentiell dazu führen, dass vermehrt Reiseunternehmer ähnliche Beförderungsbedingungen benutzen. Es empfiehlt sich also ganz klar vor jeder Flugbuchung immer ein Blick in die Beförderungsbedingungen, um auch solche Fälle vorab einschätzen und die Buchung danach ausrichten zu können.

Dabei gilt aber besondere Vorsicht. Nicht zwingend ist eine in den Beförderungsbedingungen genannte Klausel als wirksam anzusehen. Bloß weil die hier verwendete Klausel vom BGH nun als wirksam angesehen wurde, heißt dies nicht, dass auch in anderen Fällen von einem wirksamen Ausschluss der Flugstornierung ausgegangen würde. Ratsam ist also stets die Prüfung durch einen Fachmann/eine Fachfrau.

Sollten Sie die Prüfung von Ihnen gegenüber verwendeten Beförderungsbedingungen wünschen oder Fragen zu einer eigenen Reisebuchung haben, stehen wir Ihnen gerne jederzeit mit rechtlicher Kompetenz im Reiserecht zur Seite. Nehmen Sie hierzu am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt zu unserer Kanzlei auf; wir helfen Ihnen gerne weiter.