Flugticket bei ausländischer Fluggesellschaft buchen

Ist die Airline schadensersatzpflichtig bei Stornierung?

In der heutigen Zeit ist es schon fast die Regel, auch Flugtickets online zu buchen. Bei Online-Buchungen hat man aber häufig und schnell mit ausländischen Fluggesellschaften zu tun. Was passiert, wenn dann die Airline den Flug storniert? Wir klären die Frage des Schadensersatzes.

1. Der Fall: Ausländisches Flugticket

Der Kläger buchte über die Webseite „airfrance“ ein Flugticket für einen Flug von San Francisco nach Paris und einen anschließenden Weiterflug nach London. Der Preis hierfür lag bei 600,00 Euro. Der Kläger bezahlte den Betrag und erhielt daraufhin ein elektronisches Ticket. Als Ausstellungsort wies das Tickets „DIR-WEB Allemagne, Frankfurt am Main“ aus. Als Kontakt war eine deutsche Telefonnummer angegeben, auch das Impressum der „Air France für Deutschland“ lautete auf Frankfurt am Main.

Einen Tag später teilte die französische Fluggesellschaft in englischer Sprache mit, dass das Ticket aufgrund eines Systemfehlers storniert worden sei. Der Kläger erhielt den bezahlten Betrag zurück.

 

Der Kläger war jedoch der Meinung, die französische Fluggesellschaft habe das Flugticket nicht rechtswirksam stornieren können und verlangte Schadensersatz. Den Schadensersatz bezifferte er auf 10.578,86 Euro. Soviel hätte nämlich ein vergleichbarer Flug vier Wochen später gekostet.

2. Das Verfahren

Der Kläger erhob Klage beim Landgericht Frankfurt am Main, da dieses gemäß Art. 7 Nr. 5 EuGVVO international zuständig sei. Demnach könne eine Partei, deren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates liege (hier: Frankreich), unter Umständen in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) verklagt werden. Voraussetzung ist, dass im Fall eines Unternehmens dieses dort eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung betreibt, die zur Streitigkeit auch irgendeinen Bezug hat.

Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage jedoch mit der Begründung ab, dass es nicht international zuständig sei – Urteil vom 24.10.2018, AZ: 2-24 O 22/18.

Hiergegen legte der Kläger Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein. Doch auch in dieser Instanz scheiterte der Kläger.

3. Die Entscheidung: Wer hat das Flugticket ausgestellt?

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts (16 U 208/18). Hierbei berief sich das Gericht darauf, dass sich zwar die Marketingabteilung der beklagten Fluggesellschaft in Deutschland befinde. Auch der Sitz von Air France für Deutschland sei in Frankfurt am Main. Aber weder die Bestätigung noch das Ticket sind in Deutschland ausgestellt worden.

Die Beklagte habe nämlich dargelegt, dass sich die Daten ihrer deutschsprachigen Internetseite bei einem externen Provider in Paris befinden. Das führt dazu, dass von der Frankfurter Niederlassung aus keine Inhalte der Homepage geändert werden könnten.

Das Landgericht hat zu Recht seine internationale Zuständigkeit verneint, entschied das Oberlandesgericht. Die Marketingabteilung der Airline befindet sich zwar in Deutschland, allerdings hat keiner der dortigen Mitarbeiter das Flugticket ausgestellt. Auch wird die deutschsprachige Internetseite der Airline nicht von Deutschland aus betrieben. Ein Verweis des Klägers auf das deutschsprachige Impressum genügt nicht. Dies zeigt nur, dass es auch eine Präsenz in Deutschland gibt.

Dass dort eine französische E-Mail-Adresse angegeben wurde, spricht dafür, dass die Webseite von Frankreich aus betrieben wird.

Daraus folgt nach Auffassung des Gerichts, dass die deutsche Niederlassung nicht am Vertrag direkt beteiligt war. Der Vertrag kam vielmehr mit der ausländischen Airline zustande und begründet nur eine Zuständigkeit in Frankreich.

4. Fazit

Die Buchung eines Flugtickets einer ausländischen Fluggesellschaft über eine deutsche Internetseite begründet also nicht zwingend einen Gerichtsstand in Deutschland. Vielmehr kommt es auch dabei – wie so oft – auf die Umstände des Einzelfalles an.

Dies macht es für Reisende natürlich äußerst schwierig festzustellen, ob etwaige Ansprüche in Deutschland überhaupt durchgesetzt werden können. Ein Verfahren im Ausland scheuen die meisten Reisen aufgrund des zeitlichen und finanziellen Aufwands.

Gerade wenn die Buchung über eine scheinbar deutsche Webseite mit einem deutschen Unternehmen laut Impressum zustande kommt, ist der erste Eindruck oft ein anderer.

Da die Frage der internationalen Zuständigkeit bei Buchungen im Internet mittlerweile häufig auftreten dürfte und insofern grundsätzliche Bedeutung hat, hat das OLG aber die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Das bedeutet, dass der Reisende diese Entscheidung nochmals vom höchsten deutschen Zivilgericht überprüfen lassen könnte. Es bleibt abzuwarten, ob dies geschieht.

Sollten Sie Fragen hierzu oder zu einem anderen Problem im Reiserecht haben, können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen. Wir freuen uns.


Flug als Reisevertrag

Wie ist die alleinige Flugreise rechtlich zu qualifizieren?

Im BGB gibt es ein paar Regelungen, die ausschließlich für das Reiserecht gelten. Wer einen Flug bucht, will verreisen. Damit muss dafür doch rein begrifflich bereits das Reiserecht gelten. Oder etwa nicht? Wir klären auf.

1. Der Reisevertrag per Gesetz

In den §§ 651a ff. BGB finden sich einige Vorschriften, die ausschließlich für reiserechtliche Angelegenheiten gelten. Vom Reisevertrag bis hin zur Vermittlung ist hier gesetzlich geregelt, was der Regelung bedarf.

Diese Paragraphen gelten jedoch ausdrücklich nur für Pauschalreiseverträge. Gemäß § 651 a Abs. 1 BGB ist der Anwendungsbereich nur eröffnet, wenn ein solcher Vertrag vorliegt.

Ein Pauschalreisevertrag beinhaltet immer eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für die gleiche Reise (§ 651 a Abs. 2 BGB). Sobald also zwei unterschiedliche Leistungen kombiniert werden, liegt (neben den weiteren Voraussetzungen) ein Reisevertrag im Sinne des BGB vor. Praktisch ist dabei die Kombination aus Flug und Hotel relevant. Natürlich können noch weitere oder auch andere Leistungen im Reisevertrag enthalten sein (z. B. Autovermietung, touristische Leistungen etc.).

Vertragspartner ist dabei immer der Veranstalter, der die jeweilige Gesamtheit der Leistungen anbietet und deren Erbringung schuldet.

Geht es um Ansprüche aus dem Reisevertrag, ist also immer der Veranstalter der richtige Ansprechpartner (nicht beispielsweise die Fluggesellschaft). Davon unabhängig sind mögliche Ansprüche gegenüber demjenigen, der Einzelleistungen erbringt. Meist stehen diese Möglichkeiten nebeneinander. Der Reisende kann wählen, gegen wen er sich wenden möchte. Der Reisende darf nur nicht bereichert werden; deshalb müssen etwaige Erfolge angerechnet werden.

2. Beispiele zum Reisevertrag

 

Beispiel 1:

Ein Reisender bucht Flug und Hotel als Pauschalreise. Der Flug hat zehn Stunden Verspätung. Der Reisende kann sich entweder an den Reiseveranstalter wenden, da der Flug Teil des Reisevertrages war. Alternativ kann er sich auch an die Fluggesellschaft wegen der Verspätung selbst wenden.

Beispiel 2:

Ein Reisender bucht Flug, Hotel und Mietwagen als Pauschalreise ins Ausland. Der Mietwagen ist jedoch defekt. Auch hier kann sich der Reisende sowohl an den Reiseveranstalter als auch an den Autovermieter wenden.

Ein Tipp hierzu:

Wenn es um eine Reise ins Ausland geht, ist es meist leichter, seine Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter in Deutschland durchzusetzen. Zum einen ist die Durchsetzung von Ansprüchen ins Ausland komplizierter. Zum anderen gelten dabei oftmals andere rechtliche Vorschriften, da die Leistung im Ausland erbracht bzw. geschuldet war.

Anders ist dies lediglich dann, wenn es um die Annullierung oder Verspätung eines Fluges geht. Dann nämlich sieht die Europäische Fluggastrechteverordnung besondere Ansprüche zu, die in der Regel mehr gewähren als das deutsche Reiserecht. Dann ist es immer besser, sich an die jeweilige Fluggesellschaft zu wenden, um den höheren Anspruch geltend zu machen.

Ein doppeltes Vorgehen wird sich kaum lohnen. Denn solche Ansprüche stehen immer nur einfach zu. Gerade Erstattungen wären anzurechnen, sodass nicht der gleiche Betrag vom Leistungsträger im Ausland bzw. der Airline und zusätzlich vom Reiseveranstalter zu bezahlen ist. Die Gegner können dabei bereits erbrachte Leistungen immer anrechnen.

3. Der Einzelflug

Aus dem Vorbenannten kann man also schließen, dass bei der Buchung von Einzelleistungen die gesetzlichen Regelungen zum Pauschalreisevertrag nicht greifen.

Häufig mag es vorkommen, dass allein ein Flug mit einer Airline gebucht wird. Da es um eine Flugreise geht, meinen Passagiere, dass es sich dabei auch um einen Reisevertrag gemäß §§ 651a ff BGB handelt. Die Ansprüche, die im Zusammenhang mit dem Flug allein entstehen, sind jedoch anderweitig geregelt.

4. Rechtliche Einordnung

Da nun feststeht, dass der Flugvertrag kein Pauschalreisevertrag ist, stellt sich die Frage, wie er rechtlich zu kategorisieren ist. Davon hängt nämlich ab, welche Rechte dabei bestehen.

Wer einen Flug mit einem Luftfahrtunternehmen bucht, möchte dadurch folgendes erreichen:

  • Beförderung vom Ort A nach Ort B sowie
  • Beförderung des mitgebrachten Gepäcks gegen
  • Bezahlung des angegebenen Reisepreises.

Dabei wird es dem Reisenden selten auf bestimmte Gegebenheiten während des Fluges ankommen. Relevant ist lediglich, dass der Reisende mit seinem Gepäck zum vereinbarten Termin an Ort B ankommt.

Daraus folgt unweigerlich, dass es sich bei einem Flugvertrag mit der Airline um einen sogenannten Werkvertrag handelt (§§ 631 ff. BGB). Der Erfolg – nämlich die Ankunft am Zielort – ist wesentlicher Bestandteil des Vertrages. Andere Beispiele für Werkverträge sind Reparaturverträge oder auch die Herstellung eines Gegenstandes. Demgegenüber wäre bei einem Dienstvertrag nicht der Erfolg, sondern vielmehr die Dienstleistung auf dem Weg dorthin entscheidend. Dies ist beispielsweise bei Arbeitsverhältnissen oder Behandlungsverträgen mit Ärzten der Fall.

5. Konsequenzen

Durch diese Einordnung ist klar, dass sich sämtliche Rechte und Pflichten aus einem Flugvertrag nach den §§ 631 ff. BGB richten. Um nur ein paar Besonderheiten zu nennen:

  • Das Flugunternehmen schuldet sowohl rechtzeitigen Abflug als auch rechtzeitige Ankunft. Dies ist nicht unerheblich für Entschädigungsansprüche. Hierüber haben wir bereits in unserem Beitrag vom November 2017 berichtet.
  • Ein Werkvertrag kann jederzeit gekündigt werden (im Gegensatz zu Arbeitsverhältnissen beispielsweise). Dadurch darf ein Flugunternehmen nur den Teil des Reisepreises einbehalten, den diese sich selbst nicht ersparen konnten.
  • Das Flugunternehmen kann bei Buchung eine Anzahlung des Reisepreises verlangen.
  • Bei mangelhafter Leistung durch das Flugunternehmen kann der Reisende Gewährleistungsrechte geltend machen.

Wichtig ist dabei aber, besonders darauf zu achten, aus welcher rechtlichen Grundlage das bestmögliche Ergebnis erzielt werden kann.

Gerade bei Flugverspätungen oder Annullierungen bietet die Europäische Fluggastrechteverordnung meist positivere Ergebnisse als das innerdeutsche Zivilrecht.

Sie haben Fragen zu dieser Thematik oder zu reiserechtlichen Fragen. Gerne können Sie sich hierzu telefonisch oder per E-Mail mit unserer Kanzlei in Verbindung setzen.