Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung

Doppelt und dreifach – das geht nicht!

Der Bundesgerichtshof hat mal wieder zur Fluggastrechteverordnung entschieden. Dieses Mal geht es um die Auswirkungen von Ausgleichszahlungen auf andere Ansprüche gegen Reiseveranstalter oder Airline. Entscheidende Frage ist, ob eine Anrechnung von Entschädigungen der Airline auf anderweitige Ansprüche erfolgen muss.

1. Problemaufriss: Anrechnung mehrerer Ansprüche?

Wer einen Flug bucht und verspätet landet oder von einer Annullierung betroffen ist, kann pauschale Entschädigungen von der Airline verlangen. Dies besagt die Fluggastrechteverordnung. In der Regel gilt diese für Flüge mit europäischen Fluggesellschaften oder für innereuropäische Flüge. Wann ein solcher Anspruch besteht, haben wir bereits in unseren Beiträgen vom 01.03.2019 und 26.04.2019 erklärt. Daneben kann sich ein Reisender aber natürlich auch nach nationalem Recht zur Wehr setzen. Die Vorschriften im Reiserecht sehen hier spezielle Regelungen gegenüber Reiseveranstaltern vor, beispielsweise zur Minderung. Auch aus dem Beförderungsvertrag mit dem Luftfahrtunternehmen können Ansprüche resultieren. Die Rechte auf diesem Weg können sehr verschieden sein. Es war aber die Frage zu klären, wie sich diese Ansprüche zueinander verhalten. Hat hier eine Anrechnung zu erfolgen?

2. Der Fall

In zwei Konstellationen war durch die obersten Zivilrichter zu entscheiden.

Anrechnung

In einem Verfahren wurde bei einem Reiseveranstalter eine Reise inklusive Flüge und Hotels gebucht. Die Beförderung auf dem Hinflug wurde allerdings verweigert. Die alternativen Flüge brachten die Reisenden erst über 30 Stunden später an den Zielort Las Vegas.

Im zweiten Verfahren wurde bei einer Airline ein Flug nach Namibia gebucht. Durch eine Verzögerung beim Abflug kamen die Reisenden erst einen Tag später am Zielort an. Dadurch konnte die Unterkunft für die erste Nacht nicht mehr erreicht werden. Eine zusätzliche Übernachtung vor Ort musste gebucht werden.

3. Die Ansprüche

Im ersten Verfahren verlangten die Kläger die Erstattung der Kosten für die ersten beiden Urlaubstage. Dies beinhaltete die tatsächlich angefallenen Kosten für Mietwagen und Hotelzimmer. Darüber hinaus musste die Reiseplanung geändert werden. Eine weitere Übernachtung in einem anderen Hotel wurde erforderlich.

Im zweiten Verfahren verlangte der Kläger die Kosten der nicht in Anspruch genommenen Übernachtung. Außerdem wurde eine zusätzliche Übernachtung in der Nähe des Flughafens benötigt.

Die Fluggesellschaften hatten in beiden Fällen bereits die Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung geleistet. Dies steht jedoch allen Reisenden zu; auch denjenigen, die gar keinen finanziellen Schaden erlitten hatten. Die Kläger hatten deshalb daneben auch den tatsächlichen Schaden geltend gemacht. Streitpunkt war also in beiden Fällen, ob die bereits geleistete Zahlung auf weitere Ansprüche angerechnet werden müsste.

Ebenso waren in beiden Fällen die Ausgleichszahlungen insgesamt höher als die weiteren streitigen Ersatzansprüche.

4. Bisheriges Verfahren

Das in erster Instanz zuständige Amtsgericht Frankfurt am Main hatte eine Anrechnung vorgenommen. Es war der Auffassung, dass die europäischen und nationalen Ansprüche nicht unberührt nebeneinander bestehen. Wer nach der Fluggastrechteverordnung bereits eine Entschädigung erhalten hat, muss sich diese auf weitere Ansprüche anrechnen lassen.

Die Kläger wandten sich hiergegen mit der Berufung vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Doch auch hier ging man von einem Wahlrecht des Fluggastes aus. Wer eine der beiden Varianten für sich beansprucht, kann nicht parallel dazu wegen desselben Ereignisses nochmals zur Kasse bitten.

Da die Kläger dies nicht annehmen wollten, lagen die Angelegenheiten nun dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.

5. Die Entscheidung zur Anrechnung

Der BGH bestätigte aber die Auffassungen der vorherigen Gerichte.

Die Ansprüche dienen der Kompensation der erlittenen Nachteile. Durch die Verspätung ist den Fluggästen eine Beeinträchtigung entstanden, die finanziell ausgeglichen werden muss. Immerhin wurden dadurch bestimmte Aufwendungen nutzlos, da Unterkünfte nicht mehr genutzt werden konnten. Außerdem sind zusätzliche Kosten dadurch entstanden.

Eine Regelung der Fluggastrechteverordnung (Art. 12 Abs. 1 S. 2) besagt aber gerade, dass eine Anrechnung einer geleisteten Ausgleichszahlung erfolgen kann.

Doch auch das deutsche Schadensersatzrecht spricht generell für eine Anrechnung. Denn mehrere Zahlungen stehen im Zusammenhang mit dem gleichen Schadensereignis und erfüllen deshalb den gleichen Zweck. Eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung dient nicht nur der pauschalen Abgeltung von immateriellen Schäden. Vielmehr soll dies auch finanzielle Schäden ersetzen, sodass der Fluggast nicht aufwändig deren Höhe darlegen und beweisen muss.

Darüber hinaus gibt es für Reiseverträge eine Regelung in § 651p Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB. Diese bestimmt, dass sich ein Reisender auf Schadensersatzansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter eine solche Entschädigung der Airline anrechnen lassen muss. Dies gilt aber erst für Reiseverträge, die ab dem 01. Juli 2018 abgeschlossen wurden.

Mit Wirkung zum 31.12.2015 ist eine neue Pauschalreiserichtline (Richtline EU 2015/2302) in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt steht ohnehin fest, dass eine Anrechnung von Ausgleichszahlungen auf vertragliche Ersatzansprüche zu erfolgen hat. Aufgrund dieser Richtlinie wurde der vorbenannte § 651p Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ins BGB eingefügt. Insofern steht dadurch für die Zukunft einer Anrechnung auch nichts im Weg.

6. Fazit: Anrechnung muss sein

Die Entscheidung überrascht nicht. Wegen der neuen Regelung im Reiserecht geht man bereits seit geraumer Zeit von einer Anrechnung aus. Durch diese Entscheidung ist nun aber auch für Altfälle eine höchstrichterliche Entscheidung gegeben.

Sie haben Fragen zu dieser Entscheidung oder zu anderen Themen des Reiserechts? Nehmen Sie doch einfach Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Termin. Wir beraten Sie gerne.


Tiere in der Mietwohnung

Grundsätzlich erlaubt oder normalerweise verboten!?

Wer Halter eines Haustieres ist, weiß: Die Wohnungssuche gestaltet sich oft schwierig. Denn nicht bei jedem Vermieter sind Hund, Katze & Co. willkommene Bewohner. Manchmal ist aber auch das Problem, dass ein Mieter sich im schon laufenden Mietverhältnis gerne ein Haustier anschaffen möchte, der Vermieter dies aber nicht wünscht. Teils befinden sich dabei Klauseln in Mietverträgen, teils ist nichts dazu geregelt.

Je nach konkretem Einzelfall ist die Rechtslage oft gar nicht so einfach zu beurteilen. Wir möchten aufklären, wie die rechtliche Lage aussieht.

1. Die gesetzliche Lage zur Tierhaltung

Ob Tierhaltung in einer Mietwohnung zugelassen ist, hängt vom Einzelfall ab.

Kernfrage ist immer, ob es zur sogenannten „vertragsgemäßen Nutzung der Wohnung“ gehört.

Unterschieden wird hier in der Regel zwischen verschiedenen Arten von Tieren: Kleintiere, Hunde/Katzen und gefährliche Tiere.

a) Kleintiere

Kleintiere dürfen generell in Mietwohnungen gehalten werden. Dazu gehören unter anderem Hamster, Wellensittiche oder Fische. Einer Zustimmung bedarf es dabei meist nicht.

Hintergrund ist, dass diese Tiere in der Regel keinerlei Schaden an der Wohnung verursachen. Üblicherweise werden sie in Käfigen oder Terrarien gehalten. Außerdem wirkt sich deren Haltung in keiner Weise auf etwaige andere Bewohner eines Hauses aus. Deshalb hat der Vermieter üblicherweise kein berechtigtes Interesse daran, deren Haltung zu verbieten.

Hier gibt es natürlich Ausnahmen.

Gerichte vertreten oft die Meinung, dass für manche Tiere eine Zustimmung des Vermieters nötig ist. Ratten oder Frettchen werden beispielsweise nicht ohne weiteres akzeptiert, weil sie für Schmutz, Gestank oder auch Angstzustände bei anderen Bewohnern sorgen können.

Außerdem kann die Haltung von Kleintieren im Einzelfall unzulässig werden, wenn sie das übliche Maß übersteigt. Zu viele Kleintiere muss ein Vermieter also ebenfalls nicht dulden.

b) Gefährliche/Große Tiere

Besonders exotische, große oder gar gefährliche Tiere sind dagegen generell in Mietwohnungen nicht zulässig.

Von diesen geht eine erhöhte Gefahr sowohl für die Wohnung als auch für Nachbarn und Mitmieter des Hauses aus. Außerdem fürchtet sich die Mehrheit der Menschen möglicherweise vor solchen Kreaturen. Dies kann also mit unverhältnismäßig vielen Problemen für den Vermieter verbunden sein.

Stimmt der Vermieter der Haltung zu, steht dem natürlich nichts im Weg.

c) Hunde/Katzen

Die Kategorie der Hunde und Katzen ist dagegen differenziert zu beurteilen.

Tierhaltung

Befindet sich dazu keine Regelung im Mietvertrag, so bedarf die Haltung von Hunden und Katzen generell der Erlaubnis des Vermieters.

Dies liegt insbesondere daran, dass durch diese Tiere auch für andere Hausbewohner Belästigungen entstehen können. Dadurch könnten andere Mieter versuchen, deren Miete zu mindern, wodurch dem Vermieter ein Schaden entsteht. Der Vermieter muss die Gelegenheit erhalten, sich vorab darauf einzustellen und abzuwägen.

Dabei darf der Vermieter nicht ohne vernünftige Begründung eine Tierhaltung verweigern. Denn als Vermieter schuldet man den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung. Gehen nämlich von einem Tier keine Belästigungen aus, so ist die Untersagung vertragswidrig.

Der Vermieter muss dann jeweils eine konkrete Einzelfallprüfung vornehmen (BGH, Urteil v. 20.03.2013, Az.: VIII ZR 168/12).

Gibt es besondere Belange des Mieters (z.B. Blindenhund, Diabetikerwarnhund), so überwiegen diese meist gegenüber den üblichen Interessen des Vermieters.

2. Vertragliche Regelungen zur Tierhaltung

Auch hier kann, wie in so vielen Angelegenheiten, zwischen den Mietparteien aber eine spezielle Regelung getroffen werden. Diese geht dann stets der gesetzlichen Norm vor.

Doch nicht alles, was vertraglich geregelt ist, entfaltet auch wirklich Gültigkeit.

Hier muss bereits zu Beginn unterschieden werden zwischen individuellen Vereinbarungen und vorformulierten Klauseln.

Individuelle Regelungen sind zwischen Mieter und Vermieter immer zulässig. Wenn beide Parteien eine besondere Vereinbarung treffen wollen und den Inhalt auch explizit ausgehandelt haben, steht dem nichts entgegen.

Der Regelfall sind jedoch vorformulierte Bedingungen, die der Vermieter einseitig stellt. Der Mieter hat in solchen Fällen meist kein wirkliches Mitspracherecht und ist beinahe gezwungen, den Vertrag so zu akzeptieren, wie er ist. Genau dann müssen die Klauseln aber ganz besonders auf deren Inhalt überprüft werden.

Zu vorformulierten Vertragsbedingungen gibt es unzählige Urteile von deutschen Gerichten. Auch zur Haustierhaltung durften und mussten schon viele Mietverträge überprüft werden.

Bereits vor vielen Jahren hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Klausel, welche Haustiere in der Mietsache generell verbietet, unwirksam ist (BGH, Urteil vom 20.01.1993, Az.: VIII ZR 10/92).

Anders verhält es sich aber bei allgemeinen Verboten, die ausdrücklich die Möglichkeit vorsehen, ein Haustier im Einzelfall zuzulassen.

Unwirksam wäre auch eine Klausel, in der sogar bei Kleintieren die Zustimmung des Vermieters erforderlich ist.

Befindet sich eine unwirksame Klausel im Mietvertrag, so führt dies jedoch nicht dazu, dass jede Tierhaltung zulässig wird. Vielmehr verbleibt es bei der gesetzlichen Regel (siehe 1.).

3. Tiere von Besuchern

Keinesfalls kann ein Vermieter den Besuch von Haustieren untersagen. Ein Besuch des Mieters darf also eigene Haustiere für die Dauer des Besuches jederzeit in die Wohnung mitbringen. Dies gehört zur üblichen Nutzung der Wohnräume.

Die Aufnahme von Tieren, wenn auch nur kurzzeitig, ist in der Regel aber nicht zulässig.

4. Widerruf des Vermieters

Wichtig zu wissen ist ebenso, dass eine Erlaubnis eines Vermieters zur Tierhaltung jederzeit widerrufen werden kann.

Stellt sich im Laufe der Zeit heraus, dass vom Tier Störungen ausgehen, mit denen anfangs nicht zu rechnen war, so kann ein Vermieter dies als berechtigtes Interesse vorbringen.

Hat ein Vermieter die Erlaubnis berechtigt widerrufen, so gilt ab diesem Moment die Tierhaltung in diesem Einzelfall wieder für untersagt.

Erst kürzlich hat ein Gericht folgende Klausel für wirksam erachtet:

„Der Mieter darf Haustiere mit Ausnahme von Kleintieren nur mit Zustimmung des  Vermieters halten. Die Zustimmung ist zu versagen oder kann widerrufen werden, wenn durch Tiere andere Hausbewohner oder Nachbarn belästigt werden oder eine Beeinträchtigung der Mieter oder des Grundstücks zu befürchten ist.“ (AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 12.06.2019, Az.: 531 C 19/19)

5. Rechtsfolgen

Wird ein Tier, obwohl eine Erlaubnis nötig wäre, ohne Erlaubnis gehalten, so kann der Vermieter die Entfernung des Tieres verlangen. Die Mieter können sogar auf Unterlassung der Tierhaltung verklagt werden. Daneben kommen natürlich Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht.

Erfolgt hingegen die Untersagung ohne ausreichende Begründung, so können Mieter auf Zustimmung zur Tierhaltung im Einzelfall klagen.

Da die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Einschätzung nicht unerheblich sind, sollte hier die jeweilige Sachlage immer genau geprüft werden. Gerichtliche Verfahren verursachen Kosten, die später eine der beiden Parteien tragen muss. Außerdem ist dann meist das Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter zerstört.

Gerne prüfen wir die Tierhaltung im Einzelfall oder klären anderweitige offene Fragen für Sie! Sprechen Sie uns an.