Modernisierungen in Eigentümergemeinschaft

Wer zahlt, verliert!

Man stelle sich vor, ein Eigentümer einer Gemeinschaft gibt Modernisierungen in Auftrag und begleicht diese. Später stellt sich heraus, dass dies gar nicht seine Aufgabe gewesen wäre. Stattdessen war dies die gemeinschaftliche Aufgabe aller Wohnungseigentümer. Je mehr Eigentümer in der Gemeinschaft, umso geringer ist der eigene Kostenanteil.

Aber ist doch kein Problem, er erhält natürlich die zu viel bezahlten Kosten von den übrigen Eigentümern wieder, oder? Von wegen, entschied nun der Bundesgerichtshof.

1. Der Fall

Geklagt hatte ein Mitglied einer Eigentümergemeinschaft. Die Anlage bestand aus insgesamt 212 Apartments. Der Kläger ließ im Jahr 2005 seine einfach verglasten Holzfenster durch Kunststofffenster mit Dreifach-Isolierung ersetzen. Ähnliches hatten bereits zuvor auch andere Eigentümer in der Wohnanlage getan.

EigentümergemeinschaftDie Kosten hierfür übernahm der Kläger zunächst selbst. Dies tat er, weil er irrtümlich davon ausging, dass er die Erneuerung auf seine eigenen Kosten vornehmen müsste. Auch die übrigen Eigentümer nahmen ähnliche Modernisierungen vor, weil die rechtliche Lage noch nicht vollends geklärt war.

Im Jahr 2012 wurde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einer anderen Sache veröffentlicht, die Licht ins Dunkel brachte (Urteil vom 02.03.2012, Az.: V ZR 174/11). Darin ging es um eine vergleichbare Regelung in der Teilungserklärung. Entschieden wurde dabei, dass die Erneuerung eine gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer ist.

2. Das bisherige Verfahren

Bereits das Amtsgericht Hamburg-Barmbek ging davon aus, dass dem Eigentümer kein Anspruch zustünde. Die Klage auf Wertersatz in Höhe von 5.500,00 Euro wies es ab.

Auch in der Berufung vor dem Landgericht Hamburg blieb die Klage ohne Erfolg; jedoch wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Der Kläger wandte sich sodann an das oberste deutsche Zivilgericht, um die Sachlage zu klären.

3. Die Entscheidung für die Eigentümergemeinschaft

Der Bundesgerichtshof geht jedoch – ebenso wie die Vorinstanzen – davon aus, dass kein Anspruch auf Erstattung besteht. Hierfür fehle es an einer rechtlichen Anspruchsgrundlage.

Für einen solchen Anspruch gäbe es nur zwei mögliche Grundlagen im Gesetz: Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 687 Abs. 1 BGB) oder Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Beide Regelungen sind vorliegend aber nicht anwendbar. Das liegt daran, dass für das Wohnungseigentumsrecht besondere Vorschriften gelten, die Spezielleres über die Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums enthalten. Jene Vorschriften besagen, dass die Wohnungseigentümer über etwaige Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden hätten (§ 21 Abs. 4, 5 WEG).

Dies hätte auch dann Vorrang, wenn es um eine zwingende Maßnahme geht. Denn auch dann verbleibt den Eigentümern ein gewisser Gestaltungsspielraum. Die genaue Ausführung der Maßnahmen, die Auswahl der Handwerker oder auch eine etwaige Kostenersparnis durch mehrere Aufträge liegt immerhin bei den Eigentümern. Ausnahmen hiervon gelten nur für Fälle der Notgeschäftsführung, also wenn ein Schaden unmittelbar droht (§ 21 Abs. 2 WEG).

Daran liegt es insofern auch, dass die Eigentümer auch über eine an sich zwingende Instandsetzung einen Beschluss fassen müssen.

Der BGH geht deshalb davon aus, dass es dem Eigentümer zumutbar ist, das besondere Verfahren des WEG einzuhalten. Im vorliegenden Fall hätte also auch der Kläger einen Beschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen können.

Der Irrtum des Klägers, er müsse die Modernisierung auf eigene Kosten als Sondereigentümer vornehmen, begründet keinen Anspruch. Ein Ausgleich würde die übrigen Eigentümer zu sehr in ihren Rechten als Mitglied der Gemeinschaft beschränken. Zwar müssen Eigentümer innerhalb einer WEG mit unvorhersehbaren Ausgaben durch Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum rechnen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie im Nachhinein Ausgaben tätigen müssen für bereits abgeschlossene Maßnahmen, die sie nicht beeinflussen konnten.

Ihr Mitspracherecht wäre auf diesem Weg vollkommen umgangen. Dies läuft der Systematik des Wohnungseigentumsrechtes zuwider.

4. Fazit zur Eigentümergemeinschaft

Im ersten Moment mag das Ergebnis dieses Falles überraschen. Denn immerhin befand sich der Kläger im Irrtum über seine eigene Zahlungspflicht.

Allerdings führte der Irrtum dazu, dass der Kläger die Maßnahme selbst und vollständig nach seinen eigenen Vorstellungen durchführte. Was wäre die Folge, wenn man einen Anspruch auf Erstattung gegenüber den anderen Eigentümern annehmen würde? Dann hätten alle Eigentümer der übrigen 211 Wohnungen Kosten für eine Maßnahme zu erstatten, die sie zu keinem Zeitpunkt beeinflussen konnten. Im schlimmsten Fall hätten sämtliche Eigentümer außer dem Kläger dagegen gestimmt. Auf diesem Weg könnte man sonst eine Maßnahme erzwingen, die im Rahmen der Gemeinschaft keine Mehrheit finden würde.

Bedenkt man diese Konsequenz, so ist verständlich, warum ein Anspruch des Klägers hier vom BGH verneint wurde.

Sie haben Fragen zu dieser Entscheidung oder zu einem anderen Problem des Wohnungseigentumsrechts? Gerne helfen wir Ihnen bei der Klärung. Nehmen Sie hierzu einfach Kontakt mit unserer Kanzlei auf und vereinbaren Sie einen Termin.


Prozesskostenhilfe für Eigentümergemeinschaften

Wer muss denn nun bedürftig sein?

Der Bundesgerichtshof hatte kürzlich eine Fallkonstellation zu entscheiden, welche gerade im Bereich des Wohnungseigentumsrechts lange unklar war. Es ging dabei um die Frage, unter welchen Umständen einer Eigentümergemeinschaft Prozesskostenhilfe gewährt werden kann. In Anbetracht der vielen juristischen Meinungen brachte das oberste deutsche Zivilgericht nun Licht ins Dunkel.

1. Prozesskostenhilfe

Um den Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu verstehen, ist zunächst der Begriff der „Prozesskostenhilfe“ zu klären.

Wenn sich im Rahmen einer Streitigkeit Parteien nicht einigen können, haben sie die Möglichkeit, Gerichte zur rechtlichen Klärung der Angelegenheit anzurufen.

Oftmals scheitert die gerichtliche Geltendmachung lediglich an den damit verbundenen Kosten. Manch einer scheut den verhältnismäßig hohen Kostenaufwand. Andere sind gar nicht in der Lage, die Kosten für ein entsprechendes Gerichtsverfahren aufzutreiben. Dadurch wären finanziell schlechter gestellte Menschen per se an der Durchsetzung Ihrer Rechte gehindert.

Um dies zu verhindern, sieht die Zivilprozessordnung das Konstrukt der Prozesskostenhilfe vor. Danach können bedürftige Personen finanzielle Unterstützung des Staates erlangen, wenn diese selbst nicht in der Lage sind, Prozesskosten zu tragen.

Gemäß § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO können eine solche Beihilfe aber auch juristische Personen oder parteifähige Vereinigungen beantragen.

Seit jeher war unklar, wie weit der Personenkreis zu fassen ist, dem die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe offen steht.

2. Der Fall

Der Bundesgerichtshof hatte nun im Rahmen einer Rechtsbeschwerde zu klären, wie dies genau bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu handhaben ist.

 

Eine Eigentümergemeinschaft bestehend aus einer sehr großen Anzahl an Eigentümern beantragte im Rahmen eines Berufungsverfahrens vor dem Landgericht München I Prozesskostenhilfe. Dabei berief sich die Eigentümergemeinschaft ausschließlich auf das Vermögen der Gemeinschaft selbst. Die Gemeinschaft befand sich in einer schwierigen finanziellen Lage und konnte deshalb aus dem Gemeinschaftsvermögen die entsprechenden Prozesskosten nicht erbringen. Die erforderliche Bedürftigkeit wurde gegenüber dem Landgericht dargetan.

Das Landgericht wies jedoch den Antrag zurück. Die Richter waren der Auffassung, dass es nicht nur auf die finanziellen Gegebenheiten der Eigentümergemeinschaft, sondern auch auf die Bedürftigkeit der einzelnen Eigentümer selbst ankäme. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe käme nur in Betracht, wenn weder die Gemeinschaft noch die wirtschaftlich Beteiligten die Kosten der Prozessführung aufbringen könnten.

Da die Rechtslage bislang nicht geklärt war, ließ das Landgericht jedoch die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.

Die Eigentümergemeinschaft rief den Bundesgerichtshof um Hilfe an und bat um höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass eben gerade zwischen dem Verband der Eigentümer und den einzelnen Eigentümern rechtlich zu differenzieren sei.

3. Die Entscheidung zur Prozesskostenhilfe

Der Bundesgerichtshof entschied nun zu dieser bislang offenen Rechtslage wie folgt:

Die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen bei der Wohnungseigentümergemeinschaft nur vor, wenn die Kosten des Rechtsstreits weder von ihr noch von den Wohnungseigentümern aufgebracht werden können (BGH, Beschluss vom 21.03.2019, Az.: V ZB 111/18).

Der BGH sieht in einer Eigentümergemeinschaft zwar grundsätzlich eine parteifähige Vereinigung gemäß § 116 ZPO. Dadurch wird die generelle Möglichkeit für Eigentümergemeinschaften Prozesskostenhilfe zu beantragen erst eröffnet.

Jedoch hält er die Eigentümer für wirtschaftlich Beteiligte des Eigentümerverbandes. Insofern muss nicht nur der Verband selbst, sondern auch jeder einzelne Eigentümer bedürftig sein, um Prozesskostenhilfe zu erhalten.

Begründet wird dies mit der sogenannten Nachschusspflicht der Eigentümer. § 28 WEG besagt, dass Eigentümer stets für die wirtschaftliche Funktionalität des Verbandes sorgen müssen. Ergeben sich hier Fehlbeträge, so müssen diese durch die übrigen Eigentümer entsprechend ausgeglichen werden. Jeden Eigentümer trifft insoweit eine Nachschusspflicht.

Diese Verpflichtung besteht letztlich auch in Fällen zukünftiger Prozesskosten. Letztendlich liegt es also im Verantwortungsbereich der Eigentümer, eine etwaige Finanzierungslücke zu schließen. Zu diesem Zweck besteht die Möglichkeit, innerhalb einer Eigentümergemeinschaft Sonderumlagen zu beschließen.

Daraus folgt denknotwendig, dass Prozesskostenhilfe für eine Eigentümergemeinschaft nur dann in Betracht kommt, wenn keiner der Eigentümer in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. In solchen Fällen stünde einer Bewilligung der Beihilfe auch nichts im Weg.

Im vorliegenden Fall war jedoch dieser Nachweis – aufgrund der überaus hohen Anzahl an Wohnungseigentümern, die zudem teilweise im Ausland ansässig waren – nicht möglich bzw. nicht erbracht worden.

4. Fazit

Auf den ersten Blick mag diese Entscheidung zu überzeugen. Denn der überwiegende Großteil an Eigentümergemeinschaften besteht aus kleineren Personenkreisen und teilweise auch innerfamiliär.

Insbesondere ist das Argument verständlich, wonach aufgrund der Nachschusspflicht auch sonst alle Eigentümer zur Kostentragung herangezogen werden können.

Unberücksichtigt bleibt dabei aber, dass oftmals gerade in Großstädten ein Wohnkomplex aus Eigentumswohnungen besteht. Dahinter verbirgt sich sodann eine Vielzahl an Eigentümern. Die aktuelle Entscheidung macht es in solchen Konstrukten schlicht unmöglich, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Denn ein solventer Eigentümer findet sich darunter meist dann doch. Letztendlich führt diese Entscheidung dazu, dass die solventen Eigentümer die Kostenlast der übrigen Eigentümer zu tragen hätten. Denn Prozesskostenhilfe scheidet dann sehr schnell aus.

Außerdem führt der Bundesgerichtshof zur Nachschusspflicht nicht näher aus. Denn eine solche besteht in der Regel innerhalb der Eigentümergemeinschaft nur quotal, also in Höhe der jeweiligen Eigentumsanteile im Verhältnis zum gesamten Grundstück. Bei der Prozesskostenhilfe führt die Auffassung jedoch zur Alles-oder-Nichts-Lösung.

Letztendlich besteht nun hierzu aber eine höchstrichterliche Rechtsprechung, die vermutlich auch von den übrigen deutschen Gerichten zukünftig zu vertreten wird.

Deshalb sollte beim Kauf einer Eigentumswohnung umso mehr darauf geachtet werden, welche übrigen Eigentümer sich in der Gemeinschaft befinden. Immerhin kann sich deren Zahlungsfähigkeit nun einmal mehr auf die eigene Kostenlast auswirken.

Haben Sie Fragen zu dieser Entscheidung oder zu anderen Aspekten des Wohnungseigentumsrechts? Gerne können Sie hierzu Kontakt mit uns aufnehmen. Wir stehen beratend zur Seite.