Aufgepasst bei der Flugbuchung

Stornierung der Flugbuchung kann wirksam ausgeschlossen werden

Wir alle kennen es: Bei der Buchung einer Flugreise muss immer erst überlegt und geprüft werden, wann der Flug stattfinden kann und soll, damit keine Termine entgegen stehen. Doch auch wenn dann im Nachhinein Termine kollidieren sollten, bleibt ja immer noch die Möglichkeit, den Flug eben gegen einen (geringen) Aufpreis zu stornieren. Hier gilt nun aber Vorsicht, wie der Bundesgerichtshof in einem Urteil kürzlich entschieden hat.

Im Fall des BGH (Urteil vom 20.03.2018, Az.: X ZR 25/17) ging es um eine Flugbuchung im November 2014 für Flüge im Mai 2015 von Hamburg über Frankfurt am Main nach Miami sowie als Rückflug von Los Angeles über Frankfurt am Main nach Hamburg. Die Kläger nahmen im März 2015 wegen einer Erkrankung eine Flugstornierung vor und verlangten Erstattung es Flugpreises. Die Airline erstattete nur ersparte Steuern und Gebühren in Höhe von 133,56 Euro. Den Restbetrag in Höhe von ca. 1250,- Euro forderten die Kläger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ein.

Sowohl in erster Instanz vorm Amtsgericht Köln als auch in zweiter Instanz vorm Landgericht Köln blieb die Klage erfolglos. Sodann war die Sache in der Revision vom Bundesgerichtshof zu entscheiden.

Der Bundesgerichtshof bestätigte aber die Auffassung der bisherigen Gerichte.

Die Buchung einer Flugreise unterfällt als sogenannter Personenbeförderungsvertrag den Vorschriften des Werkvertragsrechtes gemäß §§ 631 ff. BGB. Gemäß § 649 BGB kann der Fluggast grundsätzlich jederzeit den geschlossenen Vertrag kündigen.

Durch die Beförderungsbedingungen des Flugunternehmens fanden jedoch Sondervorschriften Anwendung. Darin hieß es, dass die Flugstornierung nicht möglich sei; nicht verbrauchte Steuern und Gebühren seien erstattbar, internationale oder nationale Zuschläge dagegen nicht.

 

Diese Regelung hatten alle Instanzen als wirksamen Ausschluss des Kündigungsrechtes angesehen. Zwar müsse diese den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grenzen genügen; nach erfolgter Prüfung sei diese Klausel aber nicht als unwirksam anzusehen. Sie benachteiligt die Fluggäste nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unangemessen. Auch sei die Regelung nicht mit den wesentlichen Grundgedanken des Werkvertragsrechts unvereinbar.

Die Kündigung des Vertrages habe zur Folge, dass die Leistungspflicht der Airline, also die Erbringung der Flugleistung, entfiele. Diese solle aber nicht schlechter stehen als sie bei Vertragserfüllung stünde, und behält daher den Vergütungsanspruch. Angerechnet werden müssen nichtsdestotrotz ersparte Aufwendungen sowie die Vergütung für eine anderweitige Verwendung der Arbeitskraft.

Ersparte Aufwendungen ergeben sich bei Flugverträgen meist nur in geringfügigem Umfang, da die Aufwendungen des Luftverkehrsunternehmens im Wesentlichen Fixkosten sind, die für die Durchführung des Fluges insgesamt anfallen und nicht verringert werden dadurch, dass ein einzelner Fluggast nicht am Flug teilnimmt.

Eine anderweitige Verwendung der Arbeitskraft kommt nur in Betracht, wenn der Flug bei seiner Durchführung ausgebucht ist und daher ohne die Kündigung ein zahlender Fluggast hätte zurückgewiesen werden müssen. Der Beweis einer derartigen Konstellation wird aber in der Regel nicht gelingen und ist mit zu erheblichem Aufwand verbunden.

Zudem brachte der BGH als Argument vor, dass die Kläger das Risiko einer Erkrankung über eine Reiserücktrittsversicherung absichern hätten können.

Aufgrund dieser Erwägungen sah der Bundesgerichtshof den Ausschluss der Flugstornierung als wirksam an. Da den Klägern somit kein Stornierungsrecht zustand, wurde der Erstattungsanspruch abgelehnt.

Kommentar:

Diese Entscheidung verwundert an manchen Stellen. Insbesondere irritiert der Vortrag, wonach man eine Versicherung zur Absicherung einer Erkrankung abschließen hätte können. Immerhin sind derartige Versicherungen mit zusätzlichen Kosten verbunden und führen auch nicht selten dazu, dass letzten Endes nicht jedes Risiko abgesichert ist. Oft kommt es hier zu Streitigkeiten mit dem zuständigen Versicherungsunternehmen, was auch dann zu unangenehmen Überraschungen für Reisende führen kann.

Zum anderen kann eine kostenpflichtige Zusatzoption nicht als Argument für die vertraglichen Pflichten der Airline vorgetragen werden. Bei nicht erfolgtem Abschluss der Versicherung kommt es hierauf nach unserer Auffassung nicht an.

Letzten Endes wurde jedoch hier zu Lasten von Reisenden entschieden. Dies kann sich auch zukünftig für Reisende auswirken oder potentiell dazu führen, dass vermehrt Reiseunternehmer ähnliche Beförderungsbedingungen benutzen. Es empfiehlt sich also ganz klar vor jeder Flugbuchung immer ein Blick in die Beförderungsbedingungen, um auch solche Fälle vorab einschätzen und die Buchung danach ausrichten zu können.

Dabei gilt aber besondere Vorsicht. Nicht zwingend ist eine in den Beförderungsbedingungen genannte Klausel als wirksam anzusehen. Bloß weil die hier verwendete Klausel vom BGH nun als wirksam angesehen wurde, heißt dies nicht, dass auch in anderen Fällen von einem wirksamen Ausschluss der Flugstornierung ausgegangen würde. Ratsam ist also stets die Prüfung durch einen Fachmann/eine Fachfrau.

Sollten Sie die Prüfung von Ihnen gegenüber verwendeten Beförderungsbedingungen wünschen oder Fragen zu einer eigenen Reisebuchung haben, stehen wir Ihnen gerne jederzeit mit rechtlicher Kompetenz im Reiserecht zur Seite. Nehmen Sie hierzu am besten telefonisch oder per E-Mail Kontakt zu unserer Kanzlei auf; wir helfen Ihnen gerne weiter.


Flugverspätung

Ihre Rechte als Reisender

Bereits vor einigen Jahren wurden die Rechte von Reisenden bei Flugverspätung oder Flugannulierung verbraucherfreundlich revolutioniert. Doch weiterhin steht die Rechtsprechung um dieses realitätsnahe Thema nicht still.

Bereits seit 17.02.2005 entfaltet die sogenannte Fluggastrechteverordnung in Deutschland unmittelbare Wirkung. Danach stehen Reisenden bei gewissen Voraussetzungen nach größeren Unannehmlichkeiten bei Flugreisen Unterstützungsleistungen sowie Ausgleichszahlungen zu.

1. Grundsätzliches

Grundsätzliche Voraussetzung ist zunächst, dass gemäß Art. 1 der VO (EG) Nr. 261/2004 ein Fall von Nichtbeförderung, Flugannulierung oder Flugverspätung vorliegt.

Außerdem muss der Anwendungsbereich der Verordnung in örtlicher Hinsicht eröffnet sein. Diese gilt nämlich nicht für jede internationale Flugreise, sondern bedarf eines europäischen Zusammenhanges. Genauer gesagt, muss entweder der Abflughafen des jeweiligen Fluges innerhalb der Europäischen Union liegen oder alternativ der Ankunftsflughafen innerhalb der EU liegen, wobei dann zusätzlich die ausführende Fluggesellschaft ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union haben muss.

2. Verspätung

Einer der praxisrelevantesten Themen ist die Verspätung bei Flugreisen.

Sind Sie einer Verspätung zum Opfer gefallen, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob und ggfs. welche Entschädigungszahlung Sie verlangen können. Zum einen differenziert die Verordnung hier nach der Entfernung der Flugreise, zum anderen nach der Dauer der Verspätung.

Bereits ab drei Stunden Verspätung steht Ihnen ein pauschaler Entschädigungsanspruch zu. Dabei kommt es nicht auf den Abflug, sondern auf die verspätete Ankunft am Endziel an. Insbesondere gilt dies auch dann, wenn die Verspätung nicht bereits bei Abflug vorgelegen hat, sondern erst dadurch eintritt, dass der Reisende einen Anschlussflug verpasst, sodass er verspätet am Endziel ankommt. Dies wurde bereits durch den Europäischen Gerichtshof entschieden. Allerdings ist dafür erforderlich, dass auch der Anschlussflug innerhalb der EU begonnen hat, um die Anwendbarkeit der Verordnung nicht auszuschließen.

Bei einer Entfernung der Flugreise von bis zu 1.500 km liegt der Ausgleichsanspruch bei 250,00 Euro, zwischen 1.500 km und 3.500 km bei 400,00 Euro und bei einer Entfernung über 3.500 km bei 600,00 Euro pro Fluggast. Dabei muss der Fluggast keinerlei Schaden nachweisen, sondern kann diese Ausgleichszahlung pauschal als Schadensersatz verlangen.

3. Annulierung/Nichtbeförderung

Die Möglichkeiten bei Annulierung bzw. Nichtbeförderung sind zahlreich. Neben Erstattung des Ticketpreises, alternativer Beförderung zum Zielort oder kostenlosem Rückflug zum Abflugort gibt es hier pauschale Entschädigungsansprüche ähnlich wie bei Verspätungen.

4. Außergewöhnliche Umstände

Die verbreitetste Verteidigung von Fluggesellschaften gegen derartige Entschädigungsansprüche liegt in der Behauptung von außergewöhnlichen Umständen.

Solche Umstände können angenommen werden bei politischen Unruhen, unvorhersehbaren Witterungsbedingungen oder auch zu berücksichtigenden Sicherheitsrisiken.

Sobald eine Fluggesellschaft derartige Umstände vorbringt, sollte der Einzelfall im Detail durchleuchtet werden, um als Fluggast nicht seiner Rechte nach der Verordnung beraubt zu werden.

5. Aktuell: Wet-Lease-Vereinbarung

Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof zu diesem Themenbereich einige wegweisende Entscheidungen getroffen.

Bis vor kurzem war beispielsweise nicht klar, welches Flugunternehmen der richtige Ansprechpartner ist, wenn bei einer Airline ein Flug gebucht wurde, tatsächlich den Flug aber ein anderes Flugunternehmen ausführt. Durch sogenannte „Wet-Lease-Vereinbarungen“ können nämlich Airlines Flugzeuge inklusive Besatzung für die Durchführung eines Fluges „quasi mieten“.

Durch die Entscheidung des BGH vom 12.09.2017 (Az.: X ZR 102/16) wurde nun jedoch festgelegt, dass das eigentlich gebuchte Luftfahrunternehmen der richtige Ansprechpartner ist und bleibt und damit auch für etwaige Ausgleichsansprüche aufzukommen hat. Immerhin obliegt diesem nach außen auch die vertragliche Verpflichtung hinsichtlich des Fluges.

6. Aktuell: Verspätung auch des Ersatzfluges

In einem anders gearteten Fall steigerten sich die Unannehmlichkeiten noch weiter, sodass nach Annulierung eines Fluges ein Ersatzflug durch ein anderes Flugunternehmen geboten wurde, welcher dann Verspätung hatte. Die Ankunft am Zielort erfolgte letztlich 23 Stunden zu spät.

Hier stellte sich die Frage, welche Airline nun Ansprechpartner für die Ausgleichszahlung war.

Dazu entschied der Bundesgerichtshof, dass die ursprüngliche Airline weiterhin Ansprechpartner bleibt, da der angebotene Ersatzflug nicht ausreicht, um das ursprüngliche Unternehmen von der Ersatzpflicht zu befreien. Nach der Verordnung sind nämlich Ausgleichsansprüche nur ausgeschlossen, wenn der Fluggast sein Endziel auch tatsächlich mit höchstens zwei Stunden Verspätung erreicht. Da dies nicht der Fall war, bleiben die Ausgleichsansprüche gegenüber dem ursprünglichen Flugunternehmer erhalten. (Urteil vom 10.10.2017, Az.: X ZR 73/16).

7. Fazit

Die tatsächlichen Möglichkeiten bei Flugverspätung, Annulierung oder Nichtbeförderung sind also vielseitig und sehr stark abhängig von den Gegebenheiten im Einzelfall.

Aufgrund dessen ist es meist ratsam, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen, um die genauen Rechte zu kennen und richtig einzuschätzen. Wichtig dabei zu wissen ist auch, dass Fluggäste in der Regel nicht auf den hierfür anfallenden Rechtsanwaltsgebühren sitzen bleiben. Ganz im Gegenteil, gibt es mittlerweile zahlreiche Urteile, welche besagen, dass im Falle von Ausgleichsansprüchen die Airline für die erforderlichen Rechtsanwaltsgebühren aufzukommen hat.

Gerne stehen wir Ihnen für Rückfragen im Rahmen von individuellen Beratungsgesprächen zu diesen Themenbereichen zur Verfügung.